Bruno Latour

Das terrestrische Manifest

Cover: Das terrestrische Manifest
Suhrkamp Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783518073629
Kartoniert, 136 Seiten, 14,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Bernd Schwibs. Eine Serie politischer Unwetter hat die Welt durcheinandergebracht. Die Instrumente, mit denen wir uns früher orientierten, funktionieren nicht mehr. Verstanden wir Politik lange als einen Zeitstrahl, der von einer lokalen Vergangenheit in eine globale Zukunft führen würde, realisieren wir nun, dass der Globus für unsere Globalisierungspläne zu klein ist. Der Weg in eine behütetere Vergangenheit erweist sich ebenfalls als Fiktion. Wir hängen in der Luft, der jähe Absturz droht. In dieser brisanten Situation gilt es zuallererst, wieder festen Boden unter den Füßen zu gewinnen und sich dann neu zu orientieren. Bruno Latour unternimmt den Versuch, die Landschaft des Politischen neu zu vermessen und unsere politischen Leidenschaften auf neue Gegenstände auszurichten. Jenseits überkommener Unterscheidungen wie links und rechts, fortschrittlich und reaktionär plädiert er für eine radikal materialistische Politik, die nicht nur den Produktionsprozess einbezieht, sondern auch die ökologischen Bedingungen unserer Existenz.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.09.2018

Bruno Latour gehört zu den letzten verbleibenden französischen Intellektuellen, die das wilde Orgeln des Diskurses noch beherrschen und darum immer wieder Bücher hervorbringen, die mit neuen Begriffen neue Revolutionen auslösen wollen. René Scheu, Feuilletonchef der NZZ, liest es gern: Latours Ausführungen seien zwar monokausal und intellektuell frivol, aber dennoch: so ideenreich und mäandernd, dass eine Menge Anregungen drinstecken. Donald Trump werde da etwa mit seinem "America First" zum Vorreiter einer "ungeschminkten Wahrheit", nämlich dass die Erde begrenzt sei und dass man seine Ressourcen schützen müsse. Das eigentliche Problem für Latour sei diese Begrenzung der Erde und der Klimawandel, der durch eine haltlos globalisierte Menschheit ausgelöst werde. Dagegen helfe nur ein "Parlament der Dinge", vom Bazillus bis zum Baum, das sich in die Entscheidungsprozesse der Menschheit in irgendeiner Weise einmischen soll. Na gut, räumt Scheu ein, an diesem Punkt werde Latour nicht sehr genau.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.06.2018

Rezensentin Elisabeth von Thadden versucht gemeinsam mit Bruno Latour die Schockstarre zu lösen, unserer Gewöhnungsmentalität angesichts des Klimawandels entgegenzuwirken. Latours Ironie und Selbstkritik, seine arabesken Sprachschöpfungen und Verschwörungsmetaphern nimmt sie dafür in Kauf. Schließlich geht es, wenn Latour Klima, Ungleichheit und Migration zusammendenkt, ums Ganze. Latours Großthese zum protektionistischen Verhalten des Westens angesichts von Klimawandel und Flüchtlingskrisen und sein Wunsch nach Welthaftigkeit durch Bodenerdung hat durchaus etwas für sich, findet die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.05.2018

Für Dirk Pilz eröffnet der Philosoph Bruno Latour mit seinem Manifest die Diskussion. Nachzuvollziehen, dass eine neue geopolitische Epoche angebrochen ist, wie der Autor behauptet, scheint Pilz noch Schwierigkeiten zu bereiten. Das neue Klimaregime, das dem Klimawandel folgt, zusammenzudenken mit der Globalisierung, der Ungleichheit und der Migration, scheint ihm aber anregend genug, auch wenn die Erwartungen an Europa in dieser Hinsicht, die der Autor stellt, ihm hoch vorkommen. So vage der Autor in seinen Ausführungen bleibt, so klar hört der Rezensent die Aufforderung, die Änderung der Welt-Verhältnisse wahrzunehmen.