Christoph Peters

Ein Zimmer im Haus des Krieges

Roman
Cover: Ein Zimmer im Haus des Krieges
btb, München 2006
ISBN 9783442751297
Gebunden, 320 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Ägypten 1993: Im Gefolge einer Serie fundamentalistischer Attentate, die seit Jahren das Land erschüttern, versucht eine kleine Gruppe islamischer Terroristen, einen blutigen Anschlag auf den Tempel von Luxor zu verüben. Unter ihnen: der junge Deutsche Jochen Sawatzky, der zum Islam konvertiert ist und sich dem bewaffneten Kampf gegen die Ungläubigen angeschlossen hat. Doch als die Attentäter den Nil überqueren, geraten sie in einen Hinterhalt von Polizei und Militär. Nur wenige überleben, darunter Sawatzky.Mit dem Fall betraut wird Claus Cismar, der deutsche Botschafter in Ägypten. Cismar, der in jungen Jahren selbst politisch radikale Ideen verfolgte und zum Sympathisantenkreis der RAF gehörte, versucht in langen Gesprächen mit Sawatzky hinter die Motive von dessen Tat zu gelangen. Je länger die Gespräche freilich dauern, desto mehr zeigt sich, dass nicht nur Sawatzkys Motive, sondern auch Cismars persönliche Werte und sein eigener Lebensentwurf auf dem Prüfstand stehen. Denn der Fall Sawatzky stellt den Botschafter vor die unangenehme Frage, wie sehr er die Ideale seiner Jugend im Interesse seiner Karriere verraten hat. Und wie sehr er selbst Teil des Systems geworden ist, das er früher gehasst hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.12.2006

Nicht uninteressant, insgesamt dann aber doch eher zwiespältig findet Rezensent Florian Kessler Christoph Peters Roman über einen islamistischen Fundamentalisten, der ursprünglich aus piefigen, perspektivlosen deutschen Verhältnissen stammt. Zu den Stärken des Buchs zählt der Rezensent augenscheinlich die Begegnung dieses Terrorbombers mit dem deutschen Botschafter in Ägypten, wo der Terrorist nach einem gescheiterten Terrorakt in Isolationshaft sitzt. Hier scheint für Kessler zumindest gelegentlich auf, was dieser Roman aus seiner Sicht hätte sein können - nämlich eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie inhaltsleer die westlichen Gesellschaften tatsächlich geworden sind, wenn einer darin plötzlich zum Terroristen wird. Aber für den Rezensenten denkt Peters viel zu schablonenhaft, um hier wirklich zu spannenden Einsichten zu gelangen. Ohne "größere Differenzierungen und Milieuhintergründe" vorgebracht, wirken die Argumente von Roman und Protagonist doch eher simpel auf ihn. Zwar überrascht der Autor seinen Rezensenten schließlich mit einer gewissen Konsequenz, mit der er sein Modell zu Ende denkt. Insgesamt allerdings bedauert er, dass sowohl Beweggründe des Terroristen als auch die "vielschichtigen Aggregatzustände" des gegenwärtigen Islam nur eine Statistenrolle spielen und der Roman sich einzig auf das grell ausgeleuchtete Seelenstriptease seines fanatischen Helden konzentriert.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.11.2006

Rezensentin Hilal Sezgin ist von der ersten Seite gefesselt und voller Bewunderung für diesen spannenden Roman über einen Deutschen, der zum radikalen Islamisten wird und schließlich nach einem missglückten Anschlag in Ägypten im Gefängnis landet. Denn aus ihrer Sicht hat es Christoph Peters in seinem Buch verstanden, strenggläubige Muslime und Ägyptens politische Lage so plastisch zu machen "wie es zehn politische Bücher kaum vermögen". Sie ist außerdem beeindruckt von der bewegenden Sympathie, mit der Peters den Islam und seine frommen Anhänger schildert, wie in diesem Roman der Islam nachvollziehbar als spiritueller Gegenentwurf zum Kapitalismus geschildert wird. Mehr als der Protagonist selbst, beschäftigt die Figur des deutschen Botschafters die Fantasie der Rezensentin, der jenen konvertierten Islamisten Jochen im Gefängnis besucht und der Faszination des Islam auf die Spur kommen will. Auch kann Christoph Peters bei der Rezensentin punkten, weil er sich und sein "einzigartiges erzählerisches Können" keinen Moment lang aus Angst, zum Terrorsympathisanten gestempelt zu werden zensiert, sondern stattdessen den Leser "schwindelerregend" und "großartig" in eine religiöse Innerlichkeit mitnimmt, deren "logische Konsequenz" schließlich der Terror ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.10.2006

"Gewagt, nicht in allem geglückt" findet Rezensentin Maja Rettig Christoph Peters? neuen Roman. Das Thema, sich den Beweggründen für den islamistischen Terror an Hand eines individuellen Falls zu nähern, findet sie insgesamt zwar spannend, und Christoph Peters überzeugt sie auch mit seiner "hoch konzentrierten oft bildstarken Sprache". Im vorliegenden Fall des aus westlicher Drogenkriminalität zum terroristischen Islamismus konvertierten Romanhelden Abdallah alias Jochen Sawatzky kann ihr der Autor allerdings diese Beweggründe nicht wirklich verständlich machen. Zu beflissen trägt Peters aus Sicht der Rezensentin "Feuilletongedanken zum Thema" zusammen, die sie in der Gestaltung nicht wirklich aufgehen sieht. Auch Abdallahs Antagonist, der deutsche Botschafter, der sich um die Auslieferung des in Kairo inhaftierten und gefolterten Terroristen bemüht, trägt aus Sicht der Rezensentin wenig zur Substanz des Buches bei. Unheimlich und "umso interessanter" findet sie aber die Schilderung der Unterwanderung der Terrorgruppe - "vermutlich auf Geheimdienstebene" - in einem Nebenstrang der Handlung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.10.2006

Eine "religiöse Unterströmung" konnte Hubert Spiegel schon in früheren Texten des Autors bemerken. In der vorliegenden Geschichte eines jungen Konvertiten, der zum Terroristen wurde, steht die Religion im Mittelpunkt. Christoph Peters widmet sich ganz den Funktionsweisen absoluten Glaubens und seziert, wie Spiegel schreibt, einen Terroristen "im geistigen Endstadium". Sehr schade findet Spiegel, dass Peters dabei nicht auf Klischees verzichten kann. Die Emotionen der Attentäter dagegen, ihre sich "von den süßesten Verheißungen des Korans" nicht vertreiben lassende Angst hält er für "zum Teil atemberaubend" geschildert - weshalb er das Buch wohl auch zusammen mit Kiran Nagarkars Roman "Gottes kleiner Krieger" im Aufmacher der FAZ-Buchmessenbeilage bespricht.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.09.2006

Nicht wirklich gelungen, wenn auch "ganz auf der Höhe jener aktuellen Salongespräche" über westliches Sinndefizit und daraus folgende Schwärmerei für "möglichst gefährliche Religionen" findet Rezensent Lothar Müller diesen Roman. Im Zentrum steht seinen Informationen zufolge ein berufsloser und ungebildeter Kiffer namens Jochen, der zum tief religiösen Konvertiten Abdallah wird und an einem Terrorschlag in Ägypten teilnimmt. Aus Sicht des Rezensenten wird die Geschichte dieser Konversion aber nicht wirklich erzählt, sondern einfach vorausgesetzt. Auch diagnostiziert er ein "intellektuelles Defizit" im Umgang mit dem brisanten Stoff. Am meisten bedauert der Rezensent, dass Christoph Peters nicht erkennt, dass in seinem Protagonisten Abdallah, der "den Jochen in sich" nicht los wird, eigentlich eine komische Figur steckt, sondern dass er den Leser "partout ins Herz der Finsternis" des Islamismus führen will.
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