Curzio Malaparte

Zwischen Erdbeben

Streifzüge eines europäischen Exzentrikers
Cover: Zwischen Erdbeben
Die Andere Bibliothek/Eichborn, Frankfurt am Main 2007
ISBN 9783821845821
Gebunden, 362 Seiten, 30,00 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Michael Killisch-Horn. Zusammengestellt und mit einer Einleitung von Jobst Helge. Malaparte war Faschist, Kommunist, Wendehals, Egozentriker, Narziss, Dandy und Held und manchmal wirkt es, als habe Malaparte keine Sünde auslassen wollen, wie sie sich die Intellektuellen während der Totalitarismen des 20. Jahrhunderts haben zuschulden kommen lassen. Dass er aber zugleich ein großer Reisender, ein Kenner des alten Kontinents, einer der schärfsten Beobachter und originellsten Denker Europas war, ist kaum bekannt. Egal, ob er über die "englischen Manieren" oder die "schwedische Insel" schreibt, aus der Nachkriegsgesellschaft in Deutschland und Frankreich berichtet, oder ob er in den frühen fünfziger Jahren sich für die Welt der chilenischen Indios begeistert oder am Ende seines Lebens von Maos China fasziniert ist: Seine stilistisch unverwechselbaren Reisereportagen sind oft von einer überraschenden Weitsicht und noch in ihren Fehlurteilen erhellend. Erstmals ins Deutsche übersetzt, präsentieren sie einen ebenso eigenwilligen wie faszinierenden Beobachter der europäischen Katastrophe.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.07.2007

Als schillernde, widersprüchliche Figur beschreibt Jochen Schimmang den Schriftsteller Curzio Malaparte, der unter anderem Herausgeber einer faschistischen Theoriezeitschrift war und als Kriegsberichterstatter halb Europa bereiste. Er sieht bei ihm sozialrevolutionäre und zugleich reaktionäre Überzeugungen und Attitüden, was ihn in seinen Augen zu einer Symbolfigur des "Zeitalters der Extreme" macht. Die nun vorliegende Text-Auswahl von Jobst Welge bestätigt für Schmimmang, dass Malaparte als Reisejournalist und Feuilletonist wesentlich stärker war denn als Romancier. Die meisten Beiträge des Bandes scheinen ihm trotz oder wegen ihrer Zeitgebundenheit überaus "lesenswert". Neben einem "wunderschönen Porträt" Finnlands aus dem Jahr 1942 hebt er Texte über die Belagerung Leningrads sowie über das Deutschland der Nachkriegszeit lobend hervor. Besonders gefallen hat ihm zudem ein Auszug aus Malapartes Pariser Tagebuch, das er  gern als Ganzes auf Deutsch lesen würde.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.07.2007

Höchst dankenswert findet es Rezensent Eberhard Falcke, dass Beispiele von Curzio Malapartes journalistischen Arbeiten jetzt gesammelt und in deutscher Sprache erschienen sind, da er für Falcke ein kongenialer Zeuge des 20. Jahrhunderts und seiner blutigen Weltverbeserungsprojekte ist. Dass Malaparte darin beides war, nämlich Journalist und Symbolist zugleich, macht die Sache für den Rezensenten erst richtig interessant. Na gut, es gebe da ein Problem mit Tatsachen und Erfindungen. Doch diene die Erfindung der Verdeutlichung und Schärfung des Bildes, nie seiner Verwässerung, weshalb Falcke diese Technik entschuldbar findet. Ebenso verhält es sich mit Malapartes Mischung von Kunst und Kitsch in den Reportagen, ihrem spekulativen Kalkül und den aufwühlenden Einblicken, die sie bieten. Manchmal führt das Falcke zufolge zwar dazu, dass "schlichte Einfälle" in der exzentrischen Behandlung etwas aufgebläht wirken. In Fall der Belagerung Leningrads beispielsweise kann er aber nur beeindruckt von "fesselnd" sprechen. Auch der Herausgeber wird für seine "instruktiven Kommentierungen" gelobt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.06.2007

Keine Frage, findet Maike Albath: Der italienische Autor und Journalist Curzio Malaparte war eine faszinierende Figur. Nach Anfängen als Theoretiker des Faschismus bewegte er sich in den dreißiger Jahren schwer fassbar zwischen allen Fronten und Linien, verkehrte mit Nazis und Pablo Neruda, war mit Bürgern und Arbeitern auf vertrautem Fuß. Und er kam herum in der ganzen Welt - davon zeugen nicht zuletzt die hier versammelten Feuilletons und Reportagen. An sich findet Albath die auch interessant. Die Ausgabe ist gelungen, die Übersetzung gefällt ihr und manchmal gibt es auch prägnante Beobachtungen aus der Schweiz oder Oxford, von der russischen Front oder aus China. Leider aber steht, wie die Rezensentin feststellen muss, der Reporter und Journalist Malaparte hinter dem Romanautor deutlich zurück. Die Texte erweisen sich als "extrem zeitverhaftet" und die wenigen Glanzstücke hat der Autor ohnehin in seine haltbareren Werke übernommen.
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