Dörte Hansen

Zur See

Roman
Cover: Zur See
Penguin Verlag, München 2022
ISBN 9783328602224
Gebunden, 256 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Die Fähre braucht vom Festland eine Stunde auf die kleine Nordseeinsel, manchmal länger, je nach Wellengang. Hier lebt in einem der zwei Dörfer seit fast 300 Jahren die Familie Sander. Drei Kinder hat Hanne großgezogen, ihr Mann hat die Familie und die Seefahrt aufgegeben. Nun hat ihr Ältester sein Kapitänspatent verloren, ist gequält von Ahnungen und Flutstatistiken und wartet auf den schwersten aller Stürme. Tochter Eske, die im Seniorenheim Seeleute und Witwen pflegt, fürchtet die Touristenströme mehr als das Wasser, weil mit ihnen die Inselkultur längst zur Folklore verkommt. Nur Henrik, der Jüngste, ist mit sich im Reinen. Er ist der erste Mann in der Familie, den es nie auf ein Schiff gezogen hat, nur immer an den Strand, wo er Treibgut sammelt. Im Laufe eines Jahres verändert sich das Leben der Familie Sander von Grund auf, erst kaum spürbar, dann mit voller Wucht.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.11.2022

Praktisch seit Anbeginn lebt Familie Sander auf einer kleinen Nordseeinsel, verrät Katharina Granzin. Was auf den ersten Blick nach Ferien-Idyll aussieht, werde für die fünf Sanders aber zunehmend zur Belastung. Alle Charaktere tragen ihre individuellen Sorgen und Nöte  mit sich, von Alkoholismus über ausbleibende Touristen bis hin zur Perspektivlosigkeit des Insellebens sei alles dabei, erklärt die Rezensentin, (fast) alle Perspektiven dürften von den Leser*innen im Laufe des Romans nachvollzogen werden. Manchmal ist das für Granzin etwas zu holzschnittartig, die Charaktere zu typenhaft. Doch das kann sie verschmerzen, geht es doch eigentlich um das sich verändernde Leben auf der Insel. Trotz der atmosphärischen Dichte, die dabei geschaffen werde, ist der Roman der Rezensentin manchmal zu klischeehaft pessimistisch. Die Insel sei schließlich nicht der einzige Ort, an dem die Probleme des modernen Zeitalters auftauchten.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.10.2022

Rezensent Volker Weidermann liest in Dörte Hansens "Zur See" erneut davon, wie Stadtflüchtlinge und Einheimische in der Provinz aufeinandertreffen. Die Handlung der "großen Anti-Idyllikerin" Hansen spielt diesmal auf einer Nordseeinsel, im Vordergrund steht die seit Ewigkeiten dort lebende Familie Sander, die sich mit der Zerstörung, dem Lärm und der Ahnungslosigkeit von Touristen rumschlagen muss und gleichzeitig noch mit ganz persönlich Kämpfen beschäftigt ist, erklärt der Rezensent. Das ist mit viel Liebe und in authentisch norddeutschem Ton geschrieben, lobt Weidermann, und er bescheinigt der Autorin, dass sie bestens aus der Perspektive von Zurückgelassenen und Außenseitern schreiben kann.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.09.2022

Nicht ganz so groß wie "Mittagsstunde", aber auch dieser neue Roman von Dörte Hansen hat den Rezensenten Edo Reents gepackt. Protagonisten sind diesmal die Mitglieder einer Familie, die auf einer Nordseeinsel lebt. Der Vater hat sich in den Naturschutz verabschiedet, die Mutter herrscht über den Rest der Familie und die Touristen in ihrer Pension. Psychologisch ist das weniger tiefgründig erzählt als im Vorgängerroman, so Reents, aber er staunt rückblickend dann doch, wie viele kleine Hinweise auf drohendes Unheil es in den Alltagsbeschreibungen gab. Hansen wirft auch in diesem Roman einen desillusionierten Blick auf einen Strukturwandel - hier in Gestalt des Tourismus -, der die besondere Beziehung der Menschen zu ihrer Heimat - hier das Meer - verändert, ohne dass sie sich ihrer Prägung ganz entziehen können, erkennt Reents.
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