Dzevad Karahasan

Das Buch der Gärten

Grenzgänge zwischen Islam und Christentum
Cover: Das Buch der Gärten
Insel Verlag, Frankfurt/ Main, Leipzig 2002
ISBN 9783458171362
Gebunden, 220 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Bosnischen von Katharina Wolf-Griesshaber. Islam und Christentum teilen die Vorstellung vom Paradies als Garten. Sie entspringt der gemeinsamen geografischen Herkunft. Nur in Kulturen, die mit der Wüste vertraut waren, konnte man die Abgeschlossenheit eines bewässerten Fleckchens Erde als einen Ort der Wunder erfahren. "Im Garten träumt man und entdeckt die Liebe, gibt sich Betrachtungen hin und unterliegt den sinnlichen Versuchungen, im Garten wird aus dem Bettler ein König und umgekehrt, im Garten entdeckt man das Heilige und versöhnt sich mit dem Tod." Dzevad Karahasan untersucht den Topos des Gartens in der Bibel, im Koran und in den Geschichten von Tausendundeiner Nacht. Aber er führt uns auch in den Stadtpark von Sarajevo, der mit seiner mitteleuropäischen Anlage, den Blumenrabatten, Springbrunnen und Bänken, und dem verwilderten Hügel, mit Grabsteinen und verborgenen Winkeln, die Bilder von Garten und Wüste in beiden Religionen widerspiegelt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.12.2002

"Christentum wie Islam entstanden in Wüstenregionen. Wahrscheinlich deswegen teilen sie die Vorstellung, dass das Paradies ein Garten ist." Diese Überlegung ist der Ausgangspunkt von Dzevad Kaharasans Studie zum Garten als Kristallisierungspunkt christlicher und islamischer Paradiesvorstellungen, die den Rezensenten Karl-Markus Gauss für sich eingenommen hat. Denn was heutzutage "nach aufgeklärter Pflichtübung klingt", nämlich die im Untertitel des Buches angekündigten "Grenzgänge zwischen Islam und Christentum", gerate zur anregenden erst literarischen, dann konkreten Gartenschau: Die Essays, so Gauss, reichen von der "schwierigen geistigen Gartenarbeit" in den "Geschichten von Tausendundeiner Nacht" und im Koran zur eindringlichen Besichtigung zweier Gärten in Sarajevo, die "durch präzise Beschreibungen und originelle Assoziationen" besteche, wie Gauss lobend bemerkt. Diese zwei Gärten, einerseits der mitteleuropäische, christliche Garten der "sozialen Integration durch Beherrschung der Natur", und andererseits der orientalische Garten, als Ort der "mystischen Erfahrung", befinden sich in ein und demselben Park. Woraus Karahasan laut Gauss folgert, dass die durch die gemeinsame Vorstellung des Paradieses als Garten verbundenen Religionen bei all ihrer Verschiedenheit Teil eines Ganzes sind - und dass nur ein Ort wie Sarajevo so etwas vermag.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2002

In einer ebenso feinfühligen wie feinsinnigen Besprechung folgt Ilma Rakusa dem bosnischen Schriftsteller Dzevad Karahasan bei seinen Ausflügen durch die Welt des Erzählens und der Gärten. Beide nämlich sind für ihn, so Rakusa, "Kulturleistungen", Orte der Begegnung - nicht zuletzt zwischen westlichen und östlichen Traditionen, die gepflegt werden müssen, damit sie als "Garant für 'Einmaligkeit' und Unwiederholbarkeit'" wirksam werden können. Am Schluss seines Essays "Durch verborgene Gärten" entwirft der Autor eine "eigene Poetik", schreibt Rakusa; darin geht es ihm um eine unorthodoxe Esoterik, die nur durch eine "hinreichend durchsichtige Rede" Ausdruck gewinnen könne, da nur eine solche "die eidola, die inneren Bilder, zum Ausdruck bringen kann". Die dennoch wohl überdeutlich "pessimistische Diagnose" des Schriftstellers über das Erzählen macht die Rezensentin "betroffen". Sie setzt dagegen am Schluss ihre Würdigung seiner Sprache, in der Karahasan "achtsam" entfaltet, was sie "das Koordinatensystem einer Kultur" nennt, deren Erzählbarkeit "nur mit vereinten Kräften beizukommen" sei.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.09.2002

Mehr als angetan, ja verzaubert, scheint Friedrich Niewöhner vom Buch Dzevad Karahasans zu sein, das alte Geschichten wie die aus den "1001 Nächten" aufgreift und zu einem philosophischen Diskurs in die Welt der Mystik und den Religionen (und ihrer Unterschiede) verwebt. Der Rezensent gesteht gerne ein, sich bei der Lektüre ganz in der Vorstellung der fantasievollen Geschichten verloren zu haben, kamen ihm doch zu den alten Mären und den Betrachtungen des Autors auch aktuelle Parallelen in den Sinn, heutige Geschehnisse, sogar der 11. September. Insofern hat sich das kleine Kunstwerk "schnell gelesen", aber mit der letzten Seite sei die Rezeption nicht abgeschlossen, sondern beginne in Wirklichkeit erst, denn das Buch "regt zum Nachdenken und Weiterlesen an", wie Niewöhner nachdrücklich lobt.
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