Egon Bahr

Der deutsche Weg

Selbstverständlich und normal
Cover: Der deutsche Weg
Karl Blessing Verlag, München 2003
ISBN 9783896672445
Gebunden, 160 Seiten, 12,00 EUR

Klappentext

Der von Kanzler Schröder in der Auseinandersetzung mit den USA eingeforderte "deutsche Weg" hat vielerorts Unbehagen ausgelöst. Partner und Freunde brachten den Begriff mit der Formulierung "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen" in Verbindung. Bahr bringt Klarheit in die verworrene Diskussion. Er fordert ein eigenes Profil für Deutschland, emanzipiert von Amerika. Nachdem zwei Generationen von Politikern, die die Entscheidungen von den Großen treffen ließen, muss Deutschland die Angst vor der Eigenverantwortlichkeit besiegen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.11.2003

Auch wenn Hans Arnold in der neuesten Publikation des ehemaligen SPD-Außenpolitikers Egon Bahr den einen oder anderen Widerspruch entdeckt hat, weiß er diesen "großen und eindringlichen Essay" doch zu schätzen. Den Titel solle man nicht zu wörtlich nehmen, hat ihn der Rezensent doch eher als "Metapher" für den Problemhorizont der bundesdeutschen Außenpolitik gelesen. Nicht wissenschaftliche Analyse, nicht Lehrbuch habe Bahr verfassen wollen, informiert uns Arnold, sondern allein "den weiten Raum der Weltpolitik" aus seiner ganz persönlichen, deutschen Perspektive beschreiben. Dabei hat der Rezensent zum einen die "hohe Wertschätzung für den Nationalstaat moderner demokratischer Prägung" sowie die "Selbstbehauptung Europas gegenüber den USA" als Leitmotive der Abhandlung ausgemacht.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.10.2003

Eine "kritische Gegenwartsanalyse" sieht Rezensent Udo Scheer in Egon Bahrs Überlegungen zur zukünftigen Rolle Deutschlands und den politischen Umgang mit den USA. Wie andere Zeitkritiker auch bewerte Bahr das Ende des Kalten Krieges als "große, allerdings vertane Chance" für eine neue multilaterale Weltordnung, deren Scheitern die USA zu verantworten haben. Schließlich begannen die USA nach dem Zusammenbruch des Kommunismus eine gigantische Aufrüstung und verabschiedeten sich aus der Weltgemeinschaft durch Ablehnung von Rüstungskontrollen, Kündigung des ABM-Vertrages, des Chemiewaffensperrvertrages sowie durch ihre Weigerung, US-Bürger dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte zu übergeben. Bahr plädiere dafür, dass sich das "alte Europa" nicht an einem neuen Wettrüsten beteilige, sondern die USA durch weltweite "präventive Diplomatie", die "präventive Schläge" unnötig mache und den USA Kriege ersparen könne, unterstütze. "Ein wenig", kommentiert Scheer, "geht mit Bahr hier wohl europäischer Lokalpatriotismus durch." Andererseits fragt er sich, warum die Erfolgsgeschichte der EU nicht als "Inspiration für die Weltgemeinschaft" taugen könne.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.10.2003

"Falscher Titel für eine richtige Strategie" - so fasst Rudolf Walther seine Ansichten zu diesem Buch Egon Bahrs zusammen. Aus ihm unerfindlichen Gründen halte Bahr an dem Begriff des "deutschen Weges" fest, obwohl es sich dabei de facto um einen europäischen Weg handele. Dies sei allerdings die einzige Kritik, die an diesem "glänzend durchdachten Essay" zu üben sei, so der Rezensent. Denn im übrigen vertrete Bahr klug die Ansicht, dass die Europäer sich den USA gegenüber behaupten müssten, besonders da die Gemeinsamkeiten zwischen EU und USA immer kleiner würden. Bahr argumentiere für eine Art "Arbeitsteilung" zwischen den beiden, so dass jeder sich selbst treu bleiben und gegenüber dem anderen abgrenzen könne, dennoch aber so die Möglichkeit bestünde, dass beide zusammenarbeiten.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.09.2003

Rezensent Karl Lamers, jahrelanger außenpolitischer Sprecher der Union, bezeichnet Egon Bahrs Buch als ein sehr "undeutsches Buch". Als Kern des Buches definiert er das Plädoyer für ein neues Verhältnis Deutschlands und Europas zu Amerika und weist darauf hin, dass dieses Thema den Politiker schon immer bewegt und zu einem der anregendsten und umstrittensten seiner Zunft gemacht habe. Bahr plädiert hier für "den Verzicht auf eine moralische Beurteilung Amerikas" und fordert, man solle die Großmacht so nehmen wie sie ist, stellt Lamers fest. Als nicht sehr deutsch identifiziert er Bahrs Bekenntnis zu nationaler Würde auch in Hinblick auf Deutschland und teilt Bahrs Befürchtung, dass die Verletzung dieses Gefühls einen guten Nährboden für Antiamerikanismus abgebe. Auch sieht er die Gefahr, dass Bahr durch dieses Buch erneut zum Antiamerikaner abgestempelt wird. Auch wenn Lamers einige Punkte in diesem Buch durchaus kritisch sieht, etwa Bahrs Sehnsucht nach "deutscher Normalität" und seine Forderung nach "Beibehaltung einer 'übrig gebliebenen deutschen Singularität'", wertet er es als wichtiges Buch. Bahr wolle wie immer provozieren, stellt er abschließend fest, und er hofft, dass es ihm auch hier gelingt, denn seiner Meinung nach braucht Deutschland zwingend eine Debatte, "bei der es um das europäische versus das atlantische Europa" geht.