Ferdinand von Schirach

Schuld

Stories
Cover: Schuld
Piper Verlag, München 2010
ISBN 9783492054225
Gebunden, 208 Seiten, 17,95 EUR

Klappentext

Ein Mann bekommt zu Weihnachten statt Gefängnis neue Zähne. Ein Junge wird im Namen der Illuminaten fast zu Tode gefoltert. Die neun Biedermänner einer Blaskapelle zerstören das Leben eines Mädchens und keiner von ihnen muss dafür büßen: Neue Fälle aus der Praxis des Strafverteidigers von Schirach die der Autor von Schirach in Literatur verwandelt hat. Leise aber bestimmt stellt er die Frage nach Gut und Böse, Schuld und Unschuld und nach der moralischen Verantwortung eines jeden Einzelnen von uns.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.08.2010

Der hier rezensierende Heribert Prantl hat viel Lob und ein wenig Tadel für den zum Schriftsteller gewordenen Strafverteidiger Ferdinand von Schirach. Für Prantl ist Schirach ohne Frage ein "geschickter Protokollant" der Abgründe, die aus Menschen Verbrechern machen. Die Sprache, derer sich der Autor dabei bedient, ist "nüchtern, furios karg, staubtrocken". Prantl stört sich jedoch ein bisschen an den Momenten, in denen Schirach allzu literarisch auftritt, und ziemlich stark an jenen, in denen Schirach als Ich-Erzähler in Erscheinung tritt. Hier beschlich Prantl mitunter das Gefühl, eine Werbeschrift für die Kanzlei Schirach in der Hand zu halten. Trotzdem überwiegen in den Augen des Rezensenten Schirachs Verdienste. Er sei zwar nicht der erste schreibende Anwalt, doch vermeide er erfolgreich "das Anekdotische, das Juristengeburtstagsgeschenkmäßige", das seinen Vorgängern anhaftete.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.08.2010

Was ging schief und wann? Fragen, denen der Autor Ferdinand von Schirach in seinen neuen Stories nachgeht. Dass sich Anja Hirsch beim Lesen manchmal nicht mehr auskennt mit gängigen Moralvorstellungen ist möglich, aber auch, dass sich die Rezensentin einfach weigert, sich zu den Texten zu verhalten. Bei aller verhandelten Gewalt, minimalistisch und programmatisch genug sind sie ja, findet Hirsch. Derart schwankend in ihrer Haltung zum Text weiß sie auch nicht so recht, was sie von den Erzählungen halten soll. Sind sie schlicht gut oder einfach schlecht? Was der Strafverteidiger Ferdinand von Schirach ihnen hinzufügt, Statistiken, Juristisches, aber auch Selbstkritik und Humor, hält Hirsch dagegen für beachtliche Kunst.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.08.2010

Rezensent Stefan Reinecke hat dieses zweite Buch des zum Autor gewordenen Strafverteidigers Ferdinand von Schirach im Großen und Ganzen gern gelesen, auch wenn ihn einige sprachliche und inhaltliche Details stören. Seiner Meinung nach hat Schirach nach dem Erfolg seines Debüts aus seinem knappen, reduzierten Stil ein bisschen zu leichtfertig eine wieder erkennbare Marke gemacht, das Ergebnis wirkt auf Reinecke formelhaft. Auch findet der Kritiker die auf wahren Begebenheiten beruhenden Erzählungen nicht so "originell" wie in Schirachs Debüt. Trotzdem scheint Reinecke beeindruckt von diesen Geschichten, in denen es keine "handhabbaren Schuldzuweisungen" gibt. Die Geschichten erzählen von ganz normalen und doch harten Lebenswelten. Der Rezensent entdeckt zwar in mancher Geschichte Material für einen "Tatort"-Plot, doch Schirach schreibt "anders, härter, genauer".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 29.07.2010

Großen Eindruck hat das zweite Buch des Berliner Strafverteidigers Ferdinand von Schirach auf Adam Soboczynski gemacht, das er radikaler und noch besser als den Erstling Ferdinand von Schirachs findet. Es sind wieder typische Schirach-Plots aus seiner Anwalts-Praxis, lesen wir: Real geschehen, lakonisch und schmucklos wiedergegeben. Wenn einer atme, zitiert der Kritiker den Metaphern misstrauenden Autor, atme er eben. Und das schreibe er dann auch. Die Figuren der Texte kennen, schreibt Soboczynski, keine Introspektion. Sie mordeten oder schlügen, weil sie keine Wahl hätten. Der Kritiker bescheinigt von Schirach eine ungeheure Freude an tragischen, bisweilen unwahrscheinlichen Wendungen. Manche seiner Geschichten entfalten für ihn gerade durch einen hintergründigen schwarzen Slapstickhumor ihre Wucht. Am meisten fasziniert ihn die Auflösung des Schuldbegriffs in den Fällen in diesem Buch: Man müsse kein Verbrechen begehen, um schuldig zu werden. Und man könne ein Verbrechen begehen, und dabei schuldlos handeln.