Franziska Gerstenberg

Spiel mit ihr

Roman
Cover: Spiel mit ihr
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2012
ISBN 9783895613425
Gebunden, 259 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Nach seiner Scheidung entdeckt Reinhard, fünfzig, Rechtsanwalt, zweierlei: seinen Körper und das Internet. Er sucht sich neue weibliche Gesellschaft auf Datingplattformen und macht fremde Fantasien zu seinen eigenen; die Partnerin, um diese auszuleben, findet er in Kristine. Es beginnt mit harmlosen Rollenspielen. Kristine lässt sich verführen, doch zugleich sehnt sie sich nach einem Vater für ihre Tochter und nach einer ganz altmodischen Ergänzung ihrer Familie. Eine Zeitlang scheint es, als könnten alle Wünsche in Erfüllung gehen. Aber was als harmloses Ausleben von Bedürfnissen beginnt, endet in einem Desaster. Und Kristines Tochter verschwindet.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.08.2012

Nicht so wirklich glücklich ist Rainer Moritz mit Franziska Gerstenbergs Debütroman "Spiel mit ihr". Zwar findet er den Auftakt des Buchs - ein fünfzigjähriger Rechtsanwalt lernt über das Internet eine vierzigjährige allein erziehende Mutter kennen, die sich bereitwillig auf seine Vorliebe für bestimmte Rollenspiele einlässt, insgeheim aber bald hofft, der Sexpartner möge doch auch Familienvater werden - stark und überraschend. Auch die Themen, die Gerstenberg behandelt - Macht und Abhängigkeit, Erwartungen und Desillusionierung - interessieren ihn. Aber zu seinem Bedauern wird der Roman schnell in jeder Hinsicht ziemlich trist. Vor allem die reduzierte Sprache der Autorin, eine karge, glanzlose Prosa spielt hierbei in seinen Augen eine Rolle. So kann sich Moritz des Eindrucks nicht erwehren, Gerstenberg beschreibe die Welt ihrer Protagonisten derart, dass sich die "emotionalen Defizite" nur verdoppeln, was ihn auf die Dauer nicht anspricht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.04.2012

Die große Stärke der Autorin Franziska Gerstenberg sieht Judith von Sternburg klar in der kurzen Form. Aber mit ihrem Romandebüt "Spiel mit ihr" beweist sie der Rezensentin, dass ihr auch auf der langen Strecke nicht die Puste ausgeht. Wenn sie auch die Geschichte etwas "lehrbuchmäßig" konstruiert findet, hat sie sich doch in ihren Bann ziehen lassen. Es geht, erklärt Sternburg, um Menschen, die unter Druck geraten: Ein Mädchen verschwindet, die Mutter gerät in Panik, aber sehr wohl können sich auch nicht mehr die zweifelhaften Männer fühlen, mit denen sich die ausgebuffte Kleine nachmittags gern traf. Dabei werde nie etwas ausgesprochen, Abhängigkeiten, Machtspiele oder Besitzergreifungen werden angedeutet. Und die auf Meerschweinchen fixierte Emma und der Inernet-Dater Reinhard Porst kürt Sternburg schließlich wegen ihrer "Naturtalente", andere Menschen auszunutzen, zum "fabelhaftesten Albtraum-Duo der Saison".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 24.03.2012

Christoph Schröder hat Franziska Gerstenbergs "Spiel mit ihr" sehr freundlich aufgenommen. Der Roman um eine alleinerziehende Mutter, die über das Internet einen geschiedenen Rechtsanwalt kennenlernt, mit dem sie in Rollenspielen ihre Fantasien ausleben kann, scheint ihm einen Grundkonflikt der Gegenwart zu thematisieren, den Konflikt zwischen virtuellen und realen Leben. Er hebt hervor, dass "Spiel mit ihr" kein Internetroman ist, die Autorin auch nicht versucht, das World Wide Web sprachlich oder formal abzubilden. Im Gegenteil: die Geschichte scheint ihm eher konventionell erzählt. Überzeugend findet er insbesondere, wie Gerstenberg das Scheitern des Versuchs der Mutter zeigt, den Rechtsanwalt als Vater für ihre Tochter zu gewinnen, um zusammen als Familie zu leben.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.03.2012

Durchaus fasziniert findet sich Christian Metz in die Spielkonstruktion von Franziska Gerstenbergs Romandebüt hinein. Hier versuchen vier Protagonisten, sich von ihrer Alltagstristesse zu befreien, indem sie sich auf Sex-, Kinder- oder Machtspiele einlassen, allen voran Reinhard, der sich im Internet eine Gespielin für erotische Rollenspiele sucht, erfahren wir. Dabei konstruiere die Autorin nach dem Muster von Goethes "Wahlverwandtschaften" eine Ausgangslage, in der hier aber nicht die Naturkräfte, sondern eben das "Spiel" die Beziehungskonstellationen determiniert, erklärt der Rezensent. Gnadenlos "rächt" sich Gerstenberg an ihren Protagonisten Reinhard und Kristine, die in Erwägung ziehen, die sechsjährige Tochter Kristines in ihre Sexspiele einzubeziehen und die dann befürchten, dass sich der Nachbar an dem Mädchen vergreift, von dem der Leser weiß, dass der völlig integer ist, verrät Metz. Die versiert erzählte und exakt konstruierte Geschichte erinnert gewollt an Almodovars "Sprich mit ihr", meint der Rezensent, der aber hier letztlich doch nur einen "Drahtseilakt in minimaler Höhe" vor Augen zu haben meint, der vor der Radikalität des spanischen Filmemachers zurückschreckt, wie er bedauert.
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