Friedrich Christian Delius

Die Zukunft der Schönheit

Erzählung
Cover: Die Zukunft der Schönheit
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783737100403
Gebunden, 96 Seiten, 16,00 EUR

Klappentext

Am 1. Mai 1966 gerät ein junger Deutscher aus der hessischen Provinz in einen New Yorker Jazzclub, es spielt der Saxophonist Albert Ayler. Befremdet, beleidigt, beschwingt von der unerhörtesten Musik jener Zeit, beginnt der junge Mann, das ganze unheilvolle Durcheinander der Gegenwart aus diesen Tönen herauszuhören, den Mord an Kennedy, den Vietnamkrieg, den Börsenlärm, den Kampf der Schwarzen, die Studentenproteste. Je mehr er sich einlässt auf die wilde Musik, desto näher kommt der angehende Dichter sich selbst, bis zum verdrängten Schmerz eines Vaterkonflikts, der von einem anderen Jazzkonzert ausgelöst wurde, und zu den peinlichen, pubertären Anfängen seines Schreibens. Gebannt von Aylers Improvisationsräuschen, begreift der junge Mann in einem hellsichtigen Assoziationstaumel die revolutionäre Energie, die in Wachheit und Wut steckt. Diese Musik lässt ihn körperlich fühlen, wie Zerstören und Zersetzen der Beginn alles Schönen sein kann und die Kunst das Rettende wird. Eine autobiographische Erzählung von Friedrich Christian Delius, die den Aufbruchsgeist einer ganzen Epoche beschwört.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.04.2018

In "Die Zukunft der Schönheit" lässt Friedrich Christian Delius sein Alter Ego von seiner ersten Begegnung mit Free Jazz während eines New-York-Aufenthalts anlässlich der legendären Princeton-Tagung von 66 berichten, fasst Rezensent Jens Uthoff zusammen. Am besten gefällt dem Kritiker, wie Delius die losgelöste Musik von Albert Ayler in Analogie zu der kommenden Befreiung der jungen Generation von den "Vaterdiktaten, Muttergeboten, Lehrernormen" setzt. Darüber hinaus gelinge es dem Autor das musikalische Erlebnis seines Erzählers danik zahlreicher Neologismen und Wortspiele ausgezeichnet zu vergegenwärtigen, schwärmt der Rezensent. Nicht zuletzt lobt er, wie feinfühlig Delius die komplexen psychologischen Vorgänge, die mit der Subjektwerdung einhergehen, einfängt. Delius ist und bleibt einfach ein brillanter Chronist der 68er, jubelt Uthoff.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.04.2018

Autobiografisch geprägt, vor allem aber herrlich "abgründig" scheint Thomas Steinfeld dieses schmale Buch von F.C. Delius, das den Rezensenten in einen Jazzkeller ins New York der sechziger Jahre führt. Hier nämlich begegnete Delius nach einer Tagung der Gruppe 47 in Princeton dem Saxophonisten Albert Ayler, dessen "verstörend" fremdartige Freejazz-Klänge den Erzähler zum Sinnieren über seine Jugend in der hessischen Provinz, erste literarische Gehversuche und den Vater, einen protestantischen Pfarrer anregen, wie der Kritiker erzählt. Wie Delius archaische Wucht und Wildheit der Musik mit den Illusionen und Reflexionen des Erzählers über dessen Mittelmäßigkeit gegeneinander schneidet, hat Steinfeld beeindruckt. Um die ganze Tragik dahinter zu ermessen, rät er allerdings zur zweifachen Lektüre.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.03.2018

Eine "künstlerische Coming-of-Age-Geschichte" nennt Rezensent Harry Nutt die neue - stark autobiografische, wie er meint, Erzählung von Friedrich Christian Delius. Das jugendliche Roman-Ich des Autors verschlägt es 1966 bei einem Besuch in Amerika in ein Jazz-Konzert von Albert Ayler. Der Krach erschreckt ihn, aber fest entschlossen, sich intellektuell zu bewähren, hört er zu, guckt dabei in die von Kriegserfahrungen geprägten Gesichter der Anwesenden und lernt, die Schönheit der Zerstörung zu verstehen: "Dissonanz als Erweckungserlebnis", so Nutt, der das nicht zuletzt auch wegen der rhythmischen Sprache von Delius gern gelesen hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.03.2018

Rezensent Andreas Kilb versteht: Das Buch ist keine Novelle, sondern eine "klassische Jazznummer in Prosa". Was F.C. Delius hier in einer gekonnten assoziativen Vermengung von Autobiografie und Historie skizziert, die eigene Teilnahme bei der Princeton-Sitzung der Gruppe 47, das erste Free-Jazz-Erlebnis in New York, Kennedy, Vietnam, oberhessische Schulzeit, der Vater, die Altnazis, enthält "Höhepunkte der deutschen Gegenwartsliteratur", so der hingerissene Rezensent. Ob autobiografisch oder zeitgeschichtlich genau oder nicht, ist da ganz gleichgültig, findet er. Der dritte Teil der Delius'schen literarischen Selbsterforschung: für Kilb unbedingt lesenswert.
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