Giorgio Scerbanenco

Das Mädchen aus Mailand

Duca Lamberti ermittelt
Cover: Das Mädchen aus Mailand
Folio Verlag, Wien - Bozen 2018
ISBN 9783852567549
Kartoniert, 256 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Christine Rhein. Duca Lamberti auf den Spuren eines skrupellosen Mädchenhändlerrings. Duca Lamberti hat keine Wahl: Er muss den Job annehmen, den Kommissar Carrua von der Mailänder Polizei ihm vermittelt. Wegen Sterbehilfe an einer todkranken Frau verurteilt und gerade aus dem Gefängnis entlassen, soll er sich um den Sohn eines neureichen Industriellen kümmern, der scheinbar grundlos zu trinken begonnen hat. Lamberti findet bald heraus, warum Davide im Alkohol Vergessen sucht: Er fühlt sich schuldig am Tod der kleinen Verkäuferin Alberta, mit der er gegen Bezahlung einen Abend verbracht hatte. Doch Lamberti glaubt nicht an die Selbstmordthese …

Im Perlentaucher: Die Wahrheit ist der Tod

"Das Mädchen aus Mailand", bietet Scerbanenco in Reinkultur: Eine schillernde Ermittlerfigur, ein tolles Setting in Mailand und eine völlig an den Haaren herbeigezogene Geschichte. Thekla Dannenberg in Mord und Ratschlag

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 27.07.2019

Die "existienzielle Selbstbefragung", die die Figuren in Giorgio Scerbanencos Roman über Morde an Prostituierten im Mailand der Nachkriegszeit betreiben, erscheint dem Rezensenten Stefan Buck heute "eindringlicher denn je": Das sinnentleerte Dasein der Mailänder in den Sechzigern verbildlicht der vor fünfzig Jahren verstorbene Schriftsteller in menschenleeren Plätzen, schäbigen Autobahnraststätten und profanen Sexszenen, erzählt der beeindruckte Kritiker. Auch der Antiheld, ein wegen Sterbehilfe vorbestrafter Arzt, passt Buck zufolge gut in das düstere Szenario. Mit Cesare Pavese zusammen hält der Rezensent Scerbanenco nach der Lektüre für den meisterlichen Erzähler der "dunklen Seite des Dolce Vita".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.04.2019

Tim Caspar Boehme freut sich über die Neuauflage der Lamberti-Krimis von Giorgio Scerbanenco. Heftig geht es zu, wenn der Ex-Arzt mit allerhand Brüchen in der eigenen Biografie und Psyche privat ermittelt, warnt Boehme. Boehme fasziniert allerdings nicht so sehr die Drastik, sondern vor allem Scerbanencos Sinn für gesellschaftliche Missstände und Verdrängtes, für die Frage: Warum? Auch wenn der Autor auf die genretypischen Versatzstücke nicht verzichtet, bietet er laut Boehme doch allerhand mehr. Neben einer meisterlichen Dramaturgie und pychologisch feiner Figurenzeichnung auch eine kunstvolle Handhabung verschiedener Erzählebenen und das Gewähren von Leerstellen, die den Leser zum Selberdenken anregen, erklärt Boehme.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.10.2018

Rezensent Tobias Gohlis ist nach Mailand gereist, um sich mit Giorgio Scerbanencos Tochter Cecilia zu treffen. Anlass ist die Neuauflage von Scerbanencos Duca-Lamberti-Tetralogie, die der Kritiker in den höchsten Tönen lobt. Ein "kleines Wunder an genauer Beobachtung, stilistischer Modernität und moralischem Skeptizismus" nennt er die Romane um den wegen Sterbehilfe verurteilten Ex-Arzt und Neu-Ermittler Lamberti, der im Mailand der Sechziger vor allem in Fällen, in denen Frauen ausgebeutet werden, ermittelt. Im vorliegenden Band verschlägt es Lamberti ins Mailander Prostituierten-Milieu, informiert der Kritiker, der vor allem Scerbanencos psychologisches Gespür bewundert. Ein brillanter Erzählton und "unvergessliche" Helden machen das Lektürevergnügen für den Rezensenten perfekt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.07.2018

Peter Henning freut sich über den erneuten Versuch eines deutschsprachigen Verlages, Giorgio Scerbanenco mit seinen ersten beiden von insgesamt vier Lamberti-Roman salonfähig zu machen. Im Grunde ist er das längst, findet Henning, der Scerbanencos Ermittler Duca Lamberti ins Herz geschlossen hat, ebenso wie die dämmrige Welt der Außenseiter und kleinen Leute, die der Autor in den 50er und 60er Jahren in Mailand ansiedelt, wo er Kultur und Weltoffenheit auf Gier und Brutalität treffen lässt. Wie Scerbanenco Unterhaltung und ernste Literatur verbindet und mal eben die moderne italienische Krimiliteratur begründet, findet Henning famos, auch wenn der Leser der Romane nicht auf Trost hoffen sollte. Die Widersprüche bleiben bestehen, meint Henning, und der Triumph über das Böse ist nur von kurzer Dauer.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de