Giuseppe Pontiggia

Zwei Leben

Roman
Cover: Zwei Leben
Carl Hanser Verlag, München 2002
ISBN 9783446201354
Gebunden, 221 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Karin Krieger. In einer Welt, in der Schönheit, Stärke und Gesundheit als die höchsten Güter gelten, ist das Lob der Schwäche, des Anpassungsvermögens, geradezu skandalös. Die Geschichte des kranken Paolo und seiner Familie demonstriert, wie fragwürdig unsere Definitionen von "Normalität" sind.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.09.2002

Nicht so einfach zu lesen, dieses Buch, so hat man den Eindruck nach der Lektüre der Rezension von Ursula März. Einerseits ist da der Mut, den die Rezensentin dem Vater des behinderten Paolo zugesteht, wenn er einen fremden Blick wirft auf dieses wenig anmutige, verzweifelt unkluge Kind. Andererseits ist ihr nicht wohl, scheint es, so zwingend mitgenommen zu werden in den Erziehungsroman des italienischen Schriftstellers in Richtung Barmherzigkeit. Immer wieder unterlaufen ihr recht ambivalente Beschreibungen seiner Ambivalenz und man hat das Gefühl, dass die untergründige Kritik der "scheinhumanen Verbesserungslogik des Therapiezeitalters", die ihr in diesem Buch entgegengetreten ist, der Rezensentin durchaus auch als Zumutung erschien. Umso besser, denkt man, denn Stilisierungen in die eine oder andere Richtung sind bei diesem Thema wohl immer bequemer als die Wahrheit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.08.2002

Die "kühne Gelassenheit", mit der Giuseppe Pontiggia sich des schwierigen Themas Behinderung annimmt, findet Alice Vollenweider durchweg bewundernswert. Der spastische Junge Paolo steht im Mittelpunkt des Buches, um den sich thematisch gegliedert seine Verwandten, Nachbarn, Lehrer, Mitschüler und Ärzte gruppieren. Indem der Ich-Erzähler, ein Gymnasiallehrer, das oft abwegige und neurotische Verhalten dieser "normalen" Umwelt der intelligenten, distanzierten und besonnenen Art des behinderten Paolo gegenüberstellt, gelingt es dem Autor "mit leichter Hand", wie die Rezensentin wohlwollend bemerkt, die Kernfrage des Buches zu stellen: "Was ist normal?" - und sie auch gleich zu beantworten: "Nichts". Dass Unterschiede zum Leben gehören, diese Lektion wird dem Leser dabei elegant und auch noch spannend beigebracht, findet Vollenweider. Das Buch "lebt ganz von der dramatischen Lebendigkeit der Situationen, die sich überraschend entwickeln, der Gespräche, die unerwartete Wendungen nehmen, der Gedanken, die blitzartig einen Hintergrund beleuchten." Vollenweider schätzt die intelligente, exakte, und sachliche Art Pontiggias, die nie in Gefühlsduselei abgleite und lobt die "federleichte Genauigkeit im Umgang mit Gefühlen und Paradoxa", die den Roman auszeichne.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.03.2002

Rezensentin Meike Fessmann fragt sich, was sie an diesem Roman, in dem ein Vater aus 30-jährigem Abstand über das Leben mit seinem behinderten Sohn erzählt, eigentlich so geärgert hat. Beim zweiten Lesen stellt sie fest, dass die Geschichte zwar "gut erzählt" ist und sich das Buch durchaus aus "Paradestückchen" zusammensetzt. Was sie aber wirklich stört, ist der "onkelhafte" Gestus, mit dem der italienische Autor "Lebensweisheiten" und auch schon mal didaktische Hinweise in den Text einstreut. Zudem sei es "ungeschickt", die Geschichte mit "Danksagungen" zu unterbrechen, die man kaum dem Erzähler, dafür aber dem Autor zuschreiben muß. Fessmann betont, wie "schade" sie das findet, denn ihrer Ansicht nach enthält der Roman eine Fülle "treffender Beobachtungen".
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