Günter Steffen

Die Hauptstadt | The Capital

Ost-Berlin in den Achtzigern | East Berlin in the Eighties
Cover: Die Hauptstadt | The Capital
Hartmann Projects, Stuttgart 2021
ISBN 9783960700722
Gebunden, 160 Seiten, 38,00 EUR

Klappentext

Deutsch-Englisch-Russisch. Mit 53 Abbildungen. Mit Texten von Jewgenij Samjatin und einem Nachwort von Günter Jeschonnek. Übersetzung der Texte von Jewgenij Samjatin ins Deutsche von Sergej Gladkich. In Anlehnung an den Ausspruch des französischen Filmregisseurs Robert Bresson "Mach sichtbar, was vielleicht ohne dich nie wahrgenommen worden wäre", fotografierte der Berliner Fotograf Günter Steffen zwischen 1984 und 1989 einen beeindruckenden Zyklus über Ostberlins Mitte in der er damals lebte und arbeitete. Meistens in den frühen Morgenstunden streifte er durch scheinbar unberührte und leere Straßen, Plätze, Hinterhöfe, Ruinen und an der monströsen Berliner Mauer entlang. Die geisterhaft wirkende Atmosphäre der Szenerien hielt er mit seiner Kleinbildkamera in grobkörnigen z.T. überstrahlten Schwarzweiß-Fotografien fest. Die so entstandenen Bilder sind für ihn Zeugnisse damaliger Lebensgefühle wie Hilflosigkeit, Zerrissenheit und Wut - eine Endzeitstimmung, auch ausgelöst durch den vielfachen Verlust von Freunden, die in den Westen ausreisten.
Dieser Untergangsstimmung in Steffens Fotografien stehen ausgewählte Textfragmente aus dem 1920 in Sowjetrussland geschriebenen dystopischen Roman "WIR" von Jewgenij Samjatin (*1884 Lebedjan, † 1937 Paris) gegenüber. Dieser politisch brisante Vorläufer weiterer berühmter dystopischer Romane ist die alptraumartige Beschreibung eines totalitären Überwachungsstaates.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 22.01.2022

Rezensent Frank Dietschreit ist gebannt von den Fotografien von Günter Steffen, die eine düstere DDR abseits des sozialistischen Heilversprechens zeigen. Als wäre Steffen der "letzte Mensch" nach der Apokalypse, so beschreibt der Kritiker die Schwarz-weiß-Fotos von einsamen Ecken in Hinterhöfen, von verrostenden Autos und verlassenen Straßen - auf Sachebene dadurch erklärbar, dass Steffen immer Sonntagmorgens fotografiert und ein spezielles japanisches Objektiv benutzt habe, das eine verwaschene Optik erzeugte, weiß Dietschreit. Auch die Ergänzung der Fotos durch Auszüge aus Jewgenij Samjatins dystopischem Roman "Wir", der den Stalinismus vorwegnehme, findet der Kritiker spannend. Für ihn eine gelungene Montagearbeit des Herausgebers Günter Jeschonnek und ein wichtiger Beitrag zur DDR-Erinnerungsarbeit.