Hans Keilson

Hans Keilson: Werke in zwei Bänden

Romane und Erzählungen; Gedichte und Essays
Cover: Hans Keilson: Werke in zwei Bänden
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783100495167
Gebunden, 1008 Seiten, 64,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Heinrich Detering und Gerhard Kurz. Band 1: Romane und Erzählungen, Band 2: Gedichte und Essays. Hans Keilsons erzählerisches Werk entwirft Porträts, Psychogramme und Bilder aus der Zeit der späten Weimarer Republik, des zerstörerischen Nationalsozialismus und des Exils. Keilson führt seine Figuren durch die dunkelsten Jahre des 20. Jahrhunderts und verichtet dabei auf eine polarisierende Schwarz- Weiß-Malerei. Die Grenze zwischen Gut und Böse, zwischen Täter und Opfer ist hier keine präzise Linie, sondern ein diffuser Bereich, an dem sich die Figuren dieser Romane und Erzählungen entlangtasten müssen. Dass sie dabei weder ihren Humor noch ihre Menschlichkeit verlieren, ist Ausdruck eines nachhaltigen Widerstands gegen äußere Not und Barbarei.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 10.11.2005

Robert Schopflocher stellt Hans Keilson vor, dessen Lebenswerk nun in zwei Bänden zusammengefasst vorliegt. Keilson, berichtet der Rezensent, gab das "letzte Debüt eines Juden" im alten S. Fischer Verlag, emigrierte dann nach Holland, überlebte dort im Versteck die deutsche Besatzung und arbeitete nach dem Krieg in den Niederlanden als Psychiater, der vom Holocaust traumatisierte Kinder betreute. Die zwei Bände enthalten sowohl Keilsons frühe und späten Romane, seine im Exil entstandenen Novellen und Gedichte, seine Essays über Sprache und Sprachentwurzelung sowie über seine psychiatrische Arbeit. Bei dieser Biografie darf es nicht verwundern, meint Schopflocher, dass es immer wiederkehrende Themen gibt: den Holocaust. "Man kann die Verfolgung wohl überleben, aber nicht überwinden", zitiert der Rezensent aus einem der Texte. In einem anderen Beitrag erörtert Keilson den "linken Antisemitismus" - insgesamt hätte dem zweiten, die Gedichte und Essays enthaltenden Band eine gestrenge Lektorenhand gut getan, bemängelt der Rezensent. Eine striktere Auswahl unter Keilsons Reden, Fachaufsätzen, Essays hätte viele der teilweise wortwörtlichen Wiederholungen vermeiden helfen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.10.2005

Endlich liegt das Werk von Hans Keilson, dem mittlerweile 95-jährigen Psychiater und Schriftsteller, in einer zweibändigen Gesamtausgabe vor, womit dieser bisher "eher säumig rezipierte" Autor endlich einem breiten Publikum vorgestellt wird, freut sich Erika Deiss. Sie rekapituliert in ihrer eingehenden Besprechung den bewegten Lebenslauf Keilsons, der nach seinem literarischen Debüt 1936 nach Holland emigrierte. Sowohl in seinen Gedichten und Romanen als auch in seinen Essays befasst sich der Autor immer wieder mit der Shoa, und in seinen Werken wird sowohl die "Trauerarbeit" als auch der "Schmerz der Überlebenden" sichtbar, erklärt die Rezensentin berührt. Dabei versuche Keilson dem "Hass als Quelle allen Unheils" auf die Spur zu kommen und bemühe sich um die Analyse des Antisemitismus, berichtet Deiss interessiert. In seinem "umstrittensten wie originellsten" Roman "Der Widersacher", den er bereits in den 30er Jahren begann und erst 1959 fertig stellte, bemüht sich der Ich-Erzähler gar um eine "exzessive Einfühlung" in Hitler, während er in seinen Essays Opfer und Täter "in der gleichen Hysterie zu einem einzigen Subjekt" verschmolzen sieht, erläutert die Rezensentin. Keilson zweifle an der herkömmlichen Vorstellung von Sündenböcken und ihren Henkern und wende sich in seinen Texten gegen so manches "Klischee von Opfern und Verfolgten", wie die sichtlich beeindruckte Rezensentin resümiert.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.08.2005

Mit 23 Jahren habe Hans Keilson einen Roman geschrieben, der 1933 im S. Fischer Verlag erschien, blickt Rezensent Martin Krumbholz zurück, als das letzte Debüt eines jüdischen Autors. Seit 1936 lebe der Autor in den Niederlanden, wo er gleichermaßen als Psychotherapeut und Schriftsteller tätig gewesen sei. Auch in Keilsons erzählerischen und essayistischen Werk dominiere ein "therapeutischer, wohlwohlender Blick auf den Menschen", so der Rezensent, und das sei ihm dort, wo es um die Verbrechen zur Zeit des Nationalsozialismus gehe, von der literarischen Kritik häufig vorgeworfen worden. Als "zu wenig korrekt" wurde beispielsweise der 1942 begonnene Roman "Der Tod des Widersachers" angesehen, denn er stelle die Frage nach Gnade dort, wo andere nach der Schuld fragen. "Eigenartig und originell im besten Sinn" seien besonders Keilsons drei Romane, lautet der Tipp des Rezensenten, das essayistische Werk sei so oder so über jeden Zweifel "imposant". Einen Geschmack von der besonderen Note des Autors gibt Krumbholz anhand der autobiografischen Novelle "Komödie in Moll". Nico, ein junger Jude, wird während der Besatzungszeit von einem niederländischen Ehepaar versteckt, stirbt dann plötzlich eines natürlichen Todes und wird von den Eheleuten aus Verlegenheit unter eine Parkbank gelegt. Dies alles werde in einem "burschikosen" Ton erzählt, dass es dem Rezensenten, beinahe, die Sprache verschlägt.
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