Helga Kurzchalia

Im Halbschlaf

Roman
Cover: Im Halbschlaf
Rotbuch Verlag, Hamburg 2000
ISBN 9783434530459
Gebunden, 170 Seiten, 16,36 EUR

Klappentext

So lange sie sich zurückerinnern kann, hat es sie stets an einen anderen Ort gezogen, in ein anderes Land. Zu lange hatte die Erzählerin in der DDR ein Gefühl von Nichtdazugehörigkeit, von Nichtverankertsein. Angesichts der Übermächtigkeit der Vergangenheit und den Einschränkungen der Gegenwart scheint sie wie im Halbschlaf gefangen. Als sie mit ihrem Mann in die Sowjetunion zieht, um der DDR-Enge zu entfliehen, bemerkt sie, welch große Kraft es sie gekostet hat, immer und überall diesen Abstand zu wahren. Sie beschreibt, wie durch die Ausbürgerung von Wolf Biermann und die Reaktionen ihrer Freunde darauf ihr Leben in Berlin wieder näherrückt. Am Ende, zurückgekehrt nach Berlin, erlebt sie eine noch bedrückendere Enge, die fast zur Erstarrung führt. In der Klinik betreut sie ein Kind, das - ähnlich wie sie - abgekapselt in seiner eigenen Welt lebt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.01.2001

So richtig packen lässt sich Rezensent Krischan Schroth nicht von Helga Kurzchalia Roman über die DDR der 1970er Jahre. Ein bisschen wie aus dem Psychologiebuch wirken die Bilder und Kontraste, derer sie sich bedient, die Stagnation und Eintönigkeit, die sie evozieren, meint er. Das allein stört ihn aber nicht, vielmehr reibt er sich daran, dass dem Roman eine klare Struktur fehlt: "das gibt dem Text etwas Schwimmendes." Dieses Gefühl "in einer Zeitblase der siebziger Jahre zu stecken", werde nur dann aufgehoben, wenn man die Gegenwart der ehemaligen DDR in den Beschreibungen spüre und Assoziationen knüpfen könne, z.B. wenn es um DDR-Neubaugebiete gehe. Trotz seiner Distanz bezeichnet Schroth den Roman als "interessanten Zwischenbericht", der neugierig darauf mache, was für Helga Kurzchalia nach der Wende kam, ob sie in der Bundesrepublik `heimisch` geworden sei.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 28.11.2000

In Sachen DDR und Vergangenheitsbewältigung sind wir schon in der Ära der schenkelklopfenden Sprüche angekommen, meint Susanne Messmer und vermutet, dass es darum das Büchlein (ein Debüt) der 52jährigen Autorin schwer haben könnte. Ein "altmodisches Buch" nennt sie den Roman, der einfach nichts Auffälliges, Spektakuläres an sich habe. Auch die Periode, die sich Kurzchalia vorgeknöpft habe, die Zeit nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns, sei absolut unzeitgemäß, schreibt Messmer. Aber wie Kurzchalia diese Phase beschreibt, hat für Messmer etwas Besonderes: Sie beschreibt sie nämlich aus der Sicht eines weiblichen Oblomow, der seine Zeit in der Bauakademie verdämmert. Infolge der Ausweisung ergreife auch andere Personen im Land die Depression, aber die Protagonistin habe am Ende so viel Energie, dass sie beginnt, in der Psychiatrie zu arbeiten. Ihr erster Fall sei dort, sagt Messmer, ein Mädchen, das mit offenen Augen schlafe. Für Messmer trotz mancher Manierismen ein wunderschönes Buch, das die Stimmung jener fast vergessenen Jahre beeindruckend einfängt.