Helmut Krausser

Eros

Roman
Cover: Eros
DuMont Verlag, Köln 2006
ISBN 9783832179885
Gebunden, 320 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Alexander von Brücken lernt Sofie in den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs kennen. Er ist Spross einer Dynastie von Fabrikbesitzern, sein Vater verkehrt mit den Größen des Nazi-Regimes. Sofies Eltern arbeiten in seiner Fabrik, erst die Enge der Luftschutzkeller führt die Kinder zusammen. Doch einen Kuss von Sofie gibt es nur gegen Geld. Denn Alexander von Brücken ist reich, er bleibt es sein Leben lang. Und ein Leben lang bleibt er besessen von Sofie. 'Eros'erzählt die Geschichte einer unerfüllten Leidenschaft. Alexander von Brücken kann sich jeden Wunsch erfüllen, nur den einen nicht. Er nutzt sein Vermögen, um ein anderes Leben zu erkunden, zu begleiten - und zu beeinflussen. 1967, nach dem Besuch des Schahs, geht Sofie in den Untergrund. Als ihre terroristische Zelle plant, von Brücken zu entführen, soll sie den Lockvogel spielen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.10.2006

Helmut Krausser hat mit "Eros" auch ein "Sittenbild der alten Bundesrepublik" geschrieben, erklärt Rezensent Rainer Moritz, doch sein eigentliches erzählerisches Anliegen ist individuell: die Geschichte einer lebenslang unglücklichen Liebe zwischen einem finanzkräftigen Industriellen und einer sich ihm bis zuletzt widersetzenden Frau. Den Rezensenten hat Krausser allerdings nicht überzeugen können: Der Roman mache einen durch und durch überkonstruierten Eindruck und ähnele einem Baukasten "voller Kolportageelemente und voller historischer Füllsel, deren mitunter hölzerne Darbietung sich nicht als Figurenrede entschuldigen lässt". Die Aufgabe des Ich-Erzählers, das Leben des Industriellen sinnfällig aufs Papier zu bringen, scheitere an der nicht zu bewältigenden Komplexität des Lebens und so scheitere auch Kraussers "Eros" und drifte ab ins Unglaubwürdige.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.10.2006

Wie Daniel Kehlmann diesen Roman hat loben können, ist Edo Reents ein Rätsel. Für ihn stellt Helmut Kraussers Text ein schlimmes Beispiel dar für den zwanghaften Versuch, den Jahrhundertroman zu Papier zu bringen. Bei Krausser reicht es auch nach zehn Jahren Arbeit und sage und schreibe sechzehn Fassungen bloß zu einer muffelnden Mischung aus "Kitsch und Kraftmeierei", wie Reents feststellen muss. Da wird die Krausser-Forschung dereinst gut zu tun haben, meint Reents und nimmt den Text in aller Ruhe auseinander. Was als Zeitdokument gedacht war, erscheint Reents aufgrund mangelnder Tiefe und fortgeschrittener Verholzung allenfalls als ein "Dokument des Versagens". Und erst der Stil! "Lauter Gestelztheiten" fördert Reents zutage. Das alles ist entschieden zu viel für ihn. Krausser als Hoffnungsträger der Kunst? Mit diesem Buch für ihn wohl kaum.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.10.2006

Nicht recht überzeugt ist Sebastian Domsch von Helmut Kraussers Roman "Eros". Obwohl er ihm "eine tolle Story, episch in ihrem historischen Bogen" bescheinigt, bemängelt er Schwächen im Abschluss. Zwar gelinge es Krausser "zumindest ziemlich gut", das Schräge und Unwahrscheinliche der lebenslangen, gescheiterten Liebesobsession eines Industriellensohns und späteren Magnaten zu einem Arbeiterkind und späteren Terroristin zu schildern. Doch bleibt ihm letztlich alles etwas zu blass: Keinerlei Erotik entfalte das Buch, sondern erzähle allenfalls vom "Eros der Macht", die sich jedoch als Ohnmacht herausstelle. Und die weibliche Hauptfigur bleibt für den Rezensenten nach der Lektüre "bemerkenswert uninteressant."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.09.2006

"So abenteuerlich der Plot, so öde die Ausführung," befindet Rezensentin Kristina Maidt-Zinke und senkt den Daumen über Helmut Kraussners jüngstem Werk. Ihre Rezension ist ein Stakkato vernichtender Vokabeln. Am Buch lässt sie kein gutes Haar. Den titelgebenden Eros suche man vergebens. Schlampig recherchiert sei das Buch auch. Sein Thema stamme "aus der Häschenschule deutscher Romanschreiber", nämlich den Abgründen der deutschen Geschichte. Kraussners Erzählstil habe den "Gestus eines gehobenen Lore-Romans", oft sei nicht mal der Jargon historisch stimmig und die von "politisch-historischen Reizworten" getränkte Handlung schiele lediglich auf die verkaufte Auflage. Insgesamt arbeitet der ehrgeizige Autor mit diesem "anbiedernd trivialen" Buch aus Sicht der Rezensentin an seiner eigenen Überflüssigmachung als Schriftsteller, was sie angesichts seiner überheblichen Selbstinszenierung besonders peinlich berührt.
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