Ines Geipel

Für heute reicht's

Amok in Erfurt
Cover: Für heute reicht's
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783871344794
Gebunden, 255 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Bis heute sind entscheidende Fragen nach den Hintergründen und Folgen des Amoklaufs von Erfurt ungeklärt: Auf Anregung von Elsa, einer ehemaligen Mitschülerin von Robert Steinhäuser, geht Ines Geipel den Fragen nach, die bisher verdrängt wurden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.02.2004

Obwohl Rezensent Lorenz Jäger manche der in diesem Buch vorgebrachten Vorwürfe von Ines Geipel, etwa gegenüber der Erfurter Polizei, "triftig" fand, und auch manchen Hintergründe des Amok-Laufs von Robert Steinhäuser durchaus Erhellendes abgewinnen konnte, fällt sein Gesamturteil doch eher ungünstig aus: "Am Ende ist das Buch nicht mehr als eine ungeordnete Ermittlungsakte." Manches Brauchbare finde sich zwar gewiss darin, anderes jedoch werde sich "als Spekulation erweisen", glaubt der Rezensent. Ab einem gewissen Punkt, schreibt Jäger, würden zudem die Anklagen der Autorin gegen "das gesellschaftliche Umfeld" von Robert Steinhäuser "maßlose Züge" annehmen. Ein "literarischer Journalismus", findet der Rezensent, der, "etwa nach Art von Tom Wolfe, über den Tellerrand der Tagesaktualität hinausblickt", müsse dagegen "zur eigenen Empörung auf Distanz gehen können, um wirklich zu überzeugen". Und missfallen hat dem Rezensenten auch der fiktive Rahmen; nicht allerdings dieser Kunstgriff selbst, dass die Geschichte also aus Sicht einer fiktiven Mitschülerin von Steinhäuser erzählt wird, wohl aber, dass diese Figur zuweilen vollends schief angelegt sei.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.02.2004

Wenig Licht ins Dunkel des Erfurter Amoklaufs bringt nach Ansicht Matthias Penzels die vieldiskutierte Reportage von Ines Geipel. Grund dafür ist vor allem die Mischung aus Realität und Fiktion, mit der die Autorin den Leser ins Geschehen zieht und die es ihr ermöglicht, anhand einer "verdächtig simplen" Kausalkette durch die Ereignisse zu führen, meint der Rezensent. Dabei komme zwar allerhand Grundsätzliches zur Sprache - angefangen beim thüringischen Bildungssystem bis zur "wirtschaftlichen Perspektivlosigkeit" -, ohne indessen wesentlich Neues zur Aufklärung des Dramas beizutragen. Ähnlich verhält es sich mit den - nicht eben zahlreichen - bislang unbekannten Fakten und Zitaten, zumal deren Authentizität mangels "präziser Quellenangaben" nicht immer nachprüfbar ist, kritisiert Penzel. So bleibt es das Hauptverdienst dieses Buches, nicht nur die Erfurter Leser sondern auch die Justiz aufgestört und dafür gesorgt zu haben, dass die Fragen, die sich nach dem Amoklauf ergeben, nicht vorzeitig zu den Akten gelegt werden, so der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.01.2004

Den Auskünften der Autorin zufolge geht es in dieser "literarischen Dokumentation" zum Erfurter Amoklauf darum aufzuklären. Je weiter die Rezensentin jedoch liest, desto klarer erscheint ihr das eigentliche Grundmotiv: "Ein verständlicher Hass, nur verstellt er der Autorin den Blick". Mit dem "Gestus der rasenden Anklägerin" habe die an der Berliner Schauspielschule "Ernst-Busch" lehrende Germanistin, "die Grenzen, die Berufsethos oder Opferschutz setzen" überschritten. Liane von Billerbeck fragt sich, ob Ines Geipel berechtigt war, "seitenweise aus Polizeivernehmungen, privaten Aussagen zu zitieren", wodurch ein Mangel an Respekt und Feingefühl gegenüber den Angehörigen der Opfer zu Tage trete. Eine Fehlkonstruktion sei die von ihr geschaffene Figur Elsa, die "auf ihren zwanzigjährigen Schultern alles wegtragen, empfinden, wissen und entlarven" muss, was angesichts ihres Alters unglaubwürdig erscheint. Für besonders gefährlich erachtet die Rezensentin die Vermengung des Amoklaufs mit KZ- und Euthanasieverbrechen. Geipels Anliegen scheint dadurch verfehlt, dass aufgrund ihres gesellschaftlichen Interesses die "individuelle Schuld des Täters" vernachlässig werde. Zudem wurde alles, was nach dem 26.April passiert ist, ausgeblendet.

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