Iris Hanika

Das Loch im Brot

Cover: Das Loch im Brot
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783518124383
Taschenbuch, 172 Seiten, 8,50 EUR

Klappentext

Iris Hanika ist eine neue Autorin im Suhrkamp Verlag. Als Chronistin des deutschen Alltags von heute macht sie sich in Berlin, Wien, Chicago und anderswo einen Reim auf die Zustände. Ob im Aldi oder beim Warten auf Houellebecq, ob beim Friseur oder angesichts einer verliebten Freundin - überall trifft ihr Blick, der Blick einer Frau, auf Widerstand, und überall herrscht ewige Pubertät.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.07.2004

Kein Generationenportrait - oder doch? Martin Halter zufolge schreibt Iris Hanika launisch und idiosynkratisch über ihr allzu kultiviertes, allzu eingerichtetes Leben als gebildete und beruflich erfolgreiche Frau über 40, bezeugt damit aber zugleich - auch wenn ihre Skizzen und Aphorismen über alles Mögliche so gar nichts Manifestartiges an sich haben - das Lebensgefühl von "postfeministischen Fortysomethings". Illusionslosigkeit und Fatigue - "was unter Männern midlife crisis heißt", schreibt Halter, "macht sich bei urbanen, intellektuell reflektierten Singlefrauen als Hang zu Zynismus und stiller Resignation, galligen Ressentiments und gepflegten Depressionen bemerkbar". Dem steht die Attraktivität von Hanikas Texten gegenüber, die den Rezensenten gelegentlich an Lichtenbergs Sudelnotizen (genauso "geistreich") und an Martin Walsers Meßmer (genauso "grimmig misanthropisch") erinnern. "Ihre Subjektivität, schreibt er, "ist unprätentiös, ihr schutzlose Intimität nie peinlich, ihre Bitterkeit frei von Larmoyanz". Allerdings hat er hier und dort auch Plattitüden und geschmäcklerische Urteile gefunden und stellt deshalb die Beobachterin Hanika über die Moralistin. Insgesamt also ein ehrliches, stilvolles, teilweise brillantes Buch mit Schwächen - aber ohne Nostalgie.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.01.2004

Der Rezensent Peter Kunisch kommt zu einem gemischten Urteil über die kurzen Texte der Autorin Iris Hanika, die in diesem Erzählband versammelt sind. Einige Themen, die das Buch wie einen roten Faden durchziehen, findet er durchaus spannend: zum Beispiel den "Zwischenzustand des Nicht-mehr-jung-noch-nicht-alt-Gefühls, das die um Vierzigjährigen manchmal befällt". Es geht der Autorin nach Kunischs Meinung oft darum, "die Möglichkeiten von Negativität auszureizen" und genau da liegt für ihn auch das Dilemma - das allerdings nicht nur Hanika betrifft. "Die Affirmationsbemühungen der Neunziger" sind langweilig geworden, doch durch Formulierungen von Widerspruch läuft die Kulturkritik Gefahr, "ins Ressentiment abzugleiten". Der Rezensent findet sie jedenfalls in ihren beobachtenden, unvoreingenommenen Momenten stärker: "Hanika ist besser, wo sie nicht verdammt."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.09.2003

"Ein geradezu unverzichtbares Brevier für die Forty-Somethings" sei dieses Buch von Iris Hanika (Jahrgang 1942), versichert Rezensent Thomas E. Schmidt (1959), warnt aber davor, es für ein Generationenbuch zu halten. Denn in dieser Chronik herrschen keine retrospektive Heiterkeit und keine ironisch getönte Polaroids, nein, "hier regiert ein kräftiger Strich". In Tagebuchnotaten, Reflexionen und Aphorismen zeichne Hanika ein treffendes, wenn auch ungerechtes Bild einer Generation, deren Anspruch auf Anderssein und Verweigerung im Zuge des beruflichen Aufstiegs und bequemen Lebens allmählich verläppert ist. Revolution wurde durch diskursive Praxis ersetzt und die irgendwann zum Selbstzweck. Die von Hanika beschriebene Ausweglosigkeit erklärt Schmidt so: "Es ist langweilig, an der alten Anti-Attitüde festzuhalten - aber sich angepasst zu haben ist genauso öde." Hanika selbst fasst das Post-Achtundsechziger-Syndrom: "Wir vögeln immer gegen Auschwitz".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.06.2003

Als "kleine Literatur des wachen Intellekts" würdigt Rezensent Jörg Plath vorliegenden Band, der Texte aus Iris Hanikas Kolumne "Chronik" im "Merkur" versammelt. Er charakterisiert Hanikas kurze Texte als "Schnappschüsse" aus dem Alltags von etwa vierzigjährigen Großstädtern im heimischen Berlin, aber auch in Paris, Wien und New York. Hanika suche ihren eigenen Weg zwischen Feuilleton, Aphorismus, physiognomischer Betrachtung und Gelegenheitsprosa, berichtet Plath. Den scheint die Autorin dann auch gefunden zu haben. Der Rezensent jedenfalls schwärmt geradezu von ihrem "genauen Blick", ihrer "verhaltenen, uneitlen Subjektivität", ihrer "stilistische Präzision" sowie ihrer Fähigkeit, "Personen in essayistischen Texten vielsagend sprechen zu lassen". Allerdings findet er nicht alle Texte gleichermaßen gelungen. Manche Beobachtungen hält er für "nicht allzu originell", andere sind ihm etwas zu "altklug". Trotzdem hat er das Büchlein gern gelesen und freut sich schon auf mehr aus der Feder der Autorin.