Hartmut Jäckel

Menschen in Berlin

Das letzte Telefonbuch der alten Reichshauptstadt 1941
Cover: Menschen in Berlin
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2000
ISBN 9783421054210
Gebunden, 400 Seiten, 25,46 EUR

Klappentext

In einem Telefonbuch steckt der Roman einer Stadt. Hartmut Jäckel erzählt die Geschichten von 250 Menschen, deren Name, Berufsbezeichnung und Adresse er im Berliner Fernsprechbuch von 1941 gefunden hat. Ihre Lebenswege fügen sich zum Bild einer Stadt in einer besonderen Zeit, die oft nur unter den Vorzeichen von Diktatur und Krieg gesehen wird. In diesem Buch steht das alltägliche Leben und Überleben im Vordergrund. Die Wege dieser Menschen kreuzten sich auf der Straße, in Theatern, Ämtern oder in Gefängnissen. Sie verschwanden mit Ende des Dritten Reiches oder begannen ihren Aufstieg.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.09.2001

Den Beweis, dass Telefonbücher alles andere als langweilig sein müssen, tritt Hartmut Jäckel mit seiner Auswertung des letzten Telefonbuches der Reichshauptstadt an, findet Iring Fetscher. Sie stößt in "Menschen in Berlin" auf viele Generäle und Minister, aber auch auf Berühmtheiten aus Film und Theater, Kunst und Wissenschaft, die, wie er vermutet, heute alle Geheimnummern hätten. Der Band habe ihn zu stundenlangem Blättern verführt, verrät Fetscher, er biete eine lebendige Anschauung der deutschen Geschichte von Kaiserzeit bis beinahe zur Gegenwart. Da die Kurzbiographien alphabetisch geordnet sind, eigne sich das Buch auch als Nachschlagewerk. Besonders verweist er auf die damals noch existierenden Telefonanschlüsse von Berliner Juden, d.h. auf die Schicksale, die sich hinter den Nummern verbergen, aber auch auf die Informationen zur Kennzeichnungspflicht der bürokratischen Judengesetzgebung in jener Zeit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.02.2001

Eckhard Jesse ist begeistert, mit welchem "erzählerischen Talent" Hartmut Jäckel das Berliner Telefonbuch von 1941 zum Sprechen bringt. Besonders hebt der Rezensent hervor, dass Jäckel, der in seinen Porträts nicht nur bekannte Persönlichkeiten darstellt, zwar keinem festgelegten Muster folge, doch immer werde "der Rolle im Dritten Reich nachgespürt". Die Lektüre verschiedener Einzelschicksale ist nach Meinung des Rezensenten so anregend, dass auch der "Kenner" etwas Neues erfährt. Eine originelle Idee, die zusätzlich dadurch besticht, dass sie "Überzeichnungen meidet", so das abschließende Lob eines Rezensenten, dem die Lektüre sichtlich viel Freude bereitet hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.02.2001

Marcus Sander ist begeistert von diesem Buch, das sich einem "atemberaubenden" Flohmarktfund des Autors verdankt. Jäckel habe aus den Fakten des Telefonbuchs von 1941 mehr als 200 Miniaturporträts geschaffen und nicht zuletzt eine Vorstellung vom "Nebeneinander von Opfern und Tätern" im damaligen Deutschland gegeben, lobt der Rezensent. Er findet es besonders erfreulich, dass der Autor seine Biografien trotzdem nicht an einer "simplen Täter-Opfer-Zuschauermatrix" misst und sein Text so für Fragen offen bleibt. Sander preist das Buch abschließend als "kenntnisreiches Hand- und Lesebuch", das, wie er findet, auf sehr geglückte Weise einen Einblick in Geschichte gewährt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.01.2001

Eine tolle Idee, meint Sabine Vogel. Man nehme ein Berliner Telefonbuch aus dem Jahr 1941: 315.000 Eintragungen gab es damals, und darunter viele Persönlichkeiten, die man darunter nicht vermutet hätte. Prominente Nationalsozialisten neben jüdischen Ärzte, liberalen Politikern, späteren Widerständlern. Eine tolle Idee, aber leider nicht klug durchdacht, fügt Vogel hinzu. Der Autor habe sich 231 Personen vorgeknöpft und mit Kurzbiografien versehen. Aber nicht das Willkürliche der Auswahl findet Vogel problematisch, sondern die nüchterne chronologische Darstellung der Lebensläufe, die erstens viel geschichtliches Wissen um institutionelle Zusammenhänge der damaligen Zeit voraussetzt, zweitens auf eine biografische Zuspitzung verzichtet. Manche der vorgestellten Fernsprechteilnehmer erlangten erst nach 1945 Bedeutung, andere hatten ihren Karrierehöhepunkt in der Weimarer Republik, moniert Vogel das unsystematische und jüngere Leser überfordernde Vorgehen des Autors. Eine tolle Idee, aber eben leider verschenkt.