Jacques Roubaud

Stand der Orte

Gedichte
Cover: Stand der Orte
Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 2000
ISBN 9783884231661
Gebunden, 45 Seiten, 13,29 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Ursula Krechel. Ist das Urmeter ein Gegenstand der Poesie? Das Fallen der Blätter wie der Haare ist es gewiss. Jacques Roubaud ist ein Dichter, der Vergnügen daran findet, sie zu zählen. In seinem neuen Gedichtband vom Blitz, vom Regen und von der Mona Lisa gerät auch Paris zu einer tollen Nummer. Gibt es eine Verbindung von Lyrik und Mathematik? Sie ist nicht auf den ersten Blick sichtbar, doch sie kann, wie alles in der Dichtung und in der Mathematik, behauptet werden. In beiden Disziplinen gilt es, Relationen zu bilden, Gleichungen als Metaphern zu behandeln, zu forschen mit einer eigens zu entwickelnden Sprache. Diese heiteren Exkurse hat Ursula Krechel übersetzt, bevor sie in Frankreich in Buchform erschienen sind.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.12.2000

Geteilter Meinung ist Ralph Dutli über diesen Band. Zu Beginn weist er darauf hin, dass Roubaud Mitglied der französischen Gruppe "Oulipo" ist, die sich auf das Kombinatorische, Mathematische in der Dichtung konzentriert. Der vorliegende Band ist nach Dutlis Ansicht eher "untypisch" für Roubaud, weil er den Oulipisten zwar erkennen lässt, aber dennoch scheint Roubaud sich hier nur begrenzt von dieser Seite zu zeigen. Zwar spielen mathematische Aspekte wie das Messen auch hier eine Rolle, aber das "altersbedingte Schrumpfen" beispielsweise findet der Rezensent weniger logisch als vielmehr "ebenso hintergründig wie vergnüglich durchgespielt". Die zweite Hälfte des Buchs kommt bei Dutli jedoch weniger gut weg. Hier sieht er das Kombinatorische sinnlos überhand nehmen und deutet sogar an, dass er Einiges für "bloß lahme Logik oder (...) Leerlauf" hält. Kaum ein gutes Wort hat er auch für das Nachwort von Ursula Krechel übrig, die - wie Dutli findet - in übertriebener Weise versucht, der Verbindung von Poesie und Mathematik nachzuspüren.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.09.2000

Felix Philipp Ingold bespricht in seiner Rezension eine Auswahl aus einem Gedichtband des Autors, der eine lyrische Straßenkarte von Paris darstellt. Von den 150 Gedichten sind im vorliegenden Band lediglich 21 aufgenommen worden, wodurch die verschiedenen Verfahren und Varianten des Lyrikers notwendig auf einige wenige beschränkt werden. Dies werde dem Autor nicht gerecht, so der Rezensent unzufrieden. Dabei zeigt er durchaus Verständnis, denn viele Texte seien "unübersetzbar" und wohl deshalb fortgelassen worden. Dennoch: Durch die knappe Auswahl werde sowohl der "Personalstil" Roubauds als auch die "Gesamtkomposition" der Gedichtsammlung unkenntlich, was der Rezensent bedauert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.08.2000

Dass Roubaud nicht nur Dichter, sondern auch Mathematiker ist, scheint für Guido Graf von besonderer Bedeutung zu sein. So hebt er wiederholt die Logik und die Rolle von "Zeichen, Zahlen und Buchstaben" hervor, die in Roubauds Dichtung eine Rolle spielen. Darüber hinaus betont Graf das Vorläufige von Bildern und Erinnerungen in den Gedichten, etwa wenn der Autor durch Paris flaniert und dabei die sich stets wandelnde Wahrnehmung beschreibt. Wir werden `Kunstschmiede der Erinnerung`, sagt Roubaud selbst. Graf weist darauf hin, dass die Dichtung jedoch nicht nur von Melancholie geprägt ist, sondern auch von dem spielerischen Umgang mit der "Unzulänglichkeit der Sprache", was ihm offensichtlich ausnehmend gut gefällt. Die Übersetzung durch Ursula Krechel scheint ihm weniger nah am Original orientiert und nicht immer so genau wie die, die Stefan Barmann früher bereits zu einigen der Texte vorgelegt hat. Allerdings sei das von der Übersetzerin auch nicht beabsichtigt, da sie - nach ihren eigenen Worten - eher den `leichten und luftigen Ton` der Dichtung wiedergeben wollte.