Jan Kjaerstad

Der Eroberer

Roman
Cover: Der Eroberer
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2002
ISBN 9783462030778
Gebunden, 539 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Norwegischen von Angelika Gundlach. Jonas Wergeland, berühmter Fernsehstar Norwegens und auf dem Gipfel des Ruhms, ist tief gestürzt. Er ist des Mordes an seiner Frau Margrete angeklagt. In seinem facettenreichen Roman spürt der bedeutende norwegische Romancier Jan Kjaerstad den Rätseln von Jonas Wergelands Leben nach. Er war ein blendender Selbstdarsteller, ein Karrierist mit Hunger nach Macht und ein erfolgreicher Verführer der Frauen. Doch nun sitzt Jonas Wergeland als Mörder im Gefängnis. Ein Professor der Geschichte soll die Biographie des einstigen Publikumslieblings schreiben, doch er hat zu viel Material, zu viele Fragen - verändert man ein Leben, indem man es erzählt?

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.08.2002

Hans-Peter Kunisch ist von diesem Roman völlig begeistert. Er rühmt ihn als eines der "interessantesten Bücher" und attestiert dem norwegischen Autor, wahrscheinlich sämtliche "alltagsphilosophischen Themen" unserer Zeit aufgegriffen zu haben. Dabei sei die Betonung des Norwegischen in seiner Häufung satirisch zu verstehen, klärt Kunisch auf, der den Autor als "erfolgreichen Nationaldichter neuen, selbstironischen Typs" preist. Dass er in seiner Geschichte um den Fernsehmann und Medienstar Jonas Wergeland, der des Mordes an seiner Frau angeklagt ist, eine Mischung aus Krimi und Medienroman geschaffen hat, gefällt dem Rezensenten ebenso, wie die Vermeidung eines "postmodernen Bastelversuchs". Dabei empfindet Kunisch die autobiografischen Züge, die das Buch trägt, als weitere "hübsche Wendung", die der Roman zu bieten hat. Er preist den Autor als "Virtuosen möglicher Identitäten", der keine Scheu hat, auf 1000 Seiten die Persönlichkeit seines Protagonisten zu umkreisen, um trotzdem jede Gewissheit über ihn zu verweigern. Dass er dies in brillantem Stil sowie mit erzählerischer und psychologischer Prägnanz tut, freut den Rezensenten um so mehr.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.07.2002

Eine Art norwegischer Mentalitätsgeschichte begegnet Guido Graf in der Jonas-Wergeland-Trilogie von Jan Kjærstad, deren zweiter Teil mit dem Titel "Der Eroberer" gerade erschienen ist. Dieser Roman setzt dort an, wo der vorhergehende aufgehört an: bei dem Mord an Wergelands Ehefrau Margarete. Und er erzählt die gleiche Geschichte, das Leben und die steile Karriere des Fernsehregisseurs Wergeland noch einmal, aber völlig anders, erläutert Graf. Im ersten Teil habe Wergeland als "Der Verführer" geglänzt, dem einfach alles zu gelingen schien, während er nun, im zweiten Teil, als "Eroberer" seine dunklen Seiten enthüllt - oder vielmehr enthüllen lässt, denn es berichtet nicht eine, sondern es erzählen gleich mehrere Personen. Die Konstruktion erinnert Graf an die Märchen aus "Tausendundeiner Nacht", in denen sich Geschichte an Geschichte reiht. Wergeland erscheint dem Rezensenten dabei mindestens ebenso sehr als eine Märchenfigur ebenso wie als exemplarischer norwegischer Zeitgenosse, der seine Mittelmäßigkeit zu verbergen sucht. Wergeland wird in dem Roman als Autor eine Fernsehserie über große Norweger vorgestellt, an der sich vier Millionen "verfrorener norwegischer Seelen" erwärmt hätten. Und dies gilt wohl auch für diese Romantrilogie, deren dritter und letzter Teil bereits bei der viel gelobten Übersetzerin Angelika Gundlach in Arbeit ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.04.2002

In diesem Roman des norwegischen Schriftstellers Jan Kjaerstad geht es um das Leben des "berühmten Filmemachers" Jonas Wergeland, der Ruhm und Ansehen verliert, als man ihn der Ermordung seiner Frau bezichtigt, berichtet Rezensent Kai Martin Wiegandt. Der Roman lese sich eher wie eine Biografie, das müsse man am besten schon zu Beginn der Lektüre beachten, rät der Rezensent. Eine Biografie über eine fiktive Person, die der Autor bereits zum Helden seines Romans "Der Verführer" gemacht hat, weiß Wiegandt. Doch die Chronologie der biografischen Erzählung werde permanent durch zahlreiche Anekdoten durchbrochen, in denen der namenlose Erzähler das Leben des Filmemachers zu rekonstruieren trachte. Das scheint nicht ganz gelungen zu sein, den Wiegandt findet die Figur Wergeland doch etwas "zusammengeschustert". So "einfallsreich" der Rezensent die vielen Einzelgeschichten des Autors findet, so "überladen" seien sie aber auch an Bedeutungen und Symbolen. Den Roman findet Wiegandt darum zwar etwas "technisch", aber insgesamt trotzdem gelungen. Die Übersetzung von Angelika Gundlach sei "gut", Kjaerstads "Kenntnisreichtum" und "Scharfsinn" in Psychologie, Kulturanalyse und Metafiktion beeindruckend, lobt Wiegandt, beklagt sich aber über die "etwas penetranten" Koitus-Szenen, die der Autor gut alle fünfzig Seiten zum Besten gebe.
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