Javier Marias

Dein Gesicht morgen

Band 2: Tanz und Traum. Roman
Cover: Dein Gesicht morgen
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2006
ISBN 9783608937152
Gebunden, 249 Seiten, 23,50 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Elke Wehr. "Wollte Gott, dass niemand uns jemals um etwas bittet oder auch nur fragt, weder um einen Rat noch um einen Gefallen" - so beginnt "Tanz und Traum", der zweite Band von "Dein Gesicht morgen", in dem wir die weitere Geschichte von Jaime Deza erfahren, jenes Spaniers, der für den englischen Geheimdienst oder dessen Sondereinheit MI6 arbeitet und dessen Aufgabe darin besteht, vorherzusehen, wie sich jemand in Zukunft verhalten wird oder auch zu erkennen, wie sein Gesicht morgen sein wird. "Tanz und Traum" lässt uns abermals in die betörende Prosa seines Autors eintauchen und bringt uns zum Nachdenken über viele Dinge, von denen wir glauben, dass wir sie "ungewollt" tun, bis hin zu den gewalttätigsten, und von denen wir am Ende überzeugt sind, dass sie "kaum zählen", und sogar, dass sie niemals getan wurden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.10.2006

Die Handlung ist schnell erzählt, bei weitem nicht die Hauptsache dieses Romans und leicht unglaubwürdig (ein Diskothekbesuch, an dessen Ende drei Männer auf der Behindertentoilette eingeschlossen sind, von denen einer dem anderen mit einem Schwert das Haarnetz abschlägt), wie Rezensent Kai Wiegandt erklärt. Mehr noch: Javier Marias scheine sogar über weite Strecken das Erzählen schlichtweg zu verweigern. Und wenn er schließlich doch erzählt, so werde die Wirklichkeit sofort ins Grelle und Surrealistische verzerrt. Die meiste Zeit, so der Rezensent, ist der Leser den langen, aus der Zeit fallenden "assoziativen Gedankengängen" des Protagonisten ausgeliefert. Doch diese Reflexionen sind in den Augen des Rezensenten nicht fesselnd genug, als das man ihnen über so weite Strecken folgen möchte. Genau genommen löse sich Marias in der Abstraktion so weit von den Dingen, dass diese eher zum beliebigen, willkürlichen Vorwand geraten, wodurch der Roman auseinander breche. Insgesamt, so das Fazit des Rezensenten, darf man von Marias eigentlich mehr erwarten: Sein experimenteller Roman ist zwar "kühn", aber nicht gelungen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.03.2006

Keinen Plot aber ein Thema habe Javier Marias zweiter Teil seiner geplanten Romantrilogie. Diese Feststellung versteht Rezensent Kersten Knipp als Gütesiegel, denn Marias halte sich schon lange nicht mehr mit Nebensächlichkeiten wie einer äußeren Handlung auf. Marias' Thema sei "die Endlichkeit des Lebens" am Beispiel der Falten einer in die Jahre gekommen weiblichen Schönheit. Der Restplot, referiert der Rezensent, spiele nahezu komplett in einer Diskothek, wo der schon aus dem ersten Roman bekannte Geheimagent Jacques Deza der Aufgabe nachgeht, eine Ehefrau aus Vatikan- und Mafiakreisen vor der Depression zu bewahren. Mit von der Partie sei Dezas "Lieblingsfeind" de la Garza, der die Dame irgendwann in die Toilette entführt oder umgekehrt. Wichtiger sei, dass es sich um die Damentoilette handelt, wohin Marias den nackten Plot verlege. Aber, so betont der Rezensent mehrfach, erstaunlicherweise falle Marias seiner pikanten bis kruden Toiletteneskapade nicht zum Opfer und werde "niemals platt oder anstößig". Des Rezensenten Erklärung für dieses kleine Wunder ist sein Verweis auf Javier Marias' "wunderbar leichte Sätze", die alles Peinliche und auch Bedrückende angesichts der Falten im Gesicht in einem "sanften Nichts auflösen".