Jean-Claude Izzo

Total Cheops

Roman
Cover: Total Cheops
Unionsverlag, Zürich 2000
ISBN 9783293201644
Taschenbuch, 256 Seiten, 8,64 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Katarina Grän und Ronald Voullié. "Total Cheops", rappen die Kids vom Marseiller Hafen, wenn es mal wieder drunter und drüber geht. Daran ist Fabio Montale nicht ganz unschuldig. Fabio Montale ist ein kleiner Polizist mit Hang zum guten Essen und einem großen Herz für all die verschiedenen Bewohner der Hafenstadt: für die Italiener, die Spanier, die Nordafrikaner und die Franzosen auch. Ob einer Polizist wird oder Gangster, das ist reiner biographischer Zufall. Freund bleibt Freund. Deswegen muß Fabio auch handeln, als seine zwei engsten Jugendgefährten ermordet werden. Als die beiden gerächt sind, stellt er fest, daß das Spiel nach Regeln gespielt wird, die mit Ehre nichts mehr zu tun haben. Von Leuten, denen genauso egal ist, ob einer Polizist ist oder Verbrecher.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.09.2000

Lutz Krützfeld beschäftigt sich in einer Dreifachbesprechung mit französischen Thrillern: Laurence Démonios "Eine Art Engel", Jean-Claude Izzos "Total Cheops" und Tony Benacquistas "Die Absacker".
1. Laurence Démonio: "Eine Art Engel". Der Rezensent lobt die Autorin für ihren "lakonischen Stil". Der Thriller verzichte auf die sonst übliche "Geheimniskonstruktion" des Handlungsgerüsts und sei dabei durchaus "temporeich". Allerdings sei dadurch die Handlung allzu absehbar, und durch die amourösen Verstrickungen des jugendlichen Protagonisten, der von einem Gangster zur Prostitution gezwungen wird und versucht, aus dem Milieu auszubrechen, drohe der Roman zudem ins "Melodramatische abzurutschen", tadelt der Rezensent.
2. Jean-Claude Izzo: Total Cheops. Dieser Thriller schildere "eindringlich und genau" das Elend der Einwanderer in Marseille, was der Rezensent als eigentliches Verdienst des Romans preist. Die Klischees, die besonders im Verhältnis des Protagonisten zu den Frauen unverdrossen wiederbelebt würden, werden durch den "scharfsinnigen Sozialrealismus" mehr als ausgeglichen, lobt der Rezensent. Krützfeldt findet es allerdings nicht gerade aufregend, dass Izzo den Zustand der Gesellschaft durch die Schwermut seines Romanprotagonisten spiegeln will.
3. Tonio Benacquista: "Die Absacker". Dieser Thriller über junge Schnorrer in der besseren Pariser Gesellschaft begeistert Krützfeldt. Die Schilderungen vom Nachtleben der Stadt und seinen Protagonisten seien detailreich erzählt, lobt Krützfeld. Dabei würde der Autor durch seine "anregenden" Bilder eine "eigene poetische Welt" entstehen lassen, in der "Witz und Schwermut" ausgeglichen eingesetzt seien. Für Krützfeldt ist Benacquistas Roman den beiden anderen Büchern seiner Besprechung bei weitem überlegen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.08.2000

In einer Sammelbesprechung widmet sich Tobias Gohlis den folgenden Krimis:
1) Busch/Heuner (Hrsg.): "Bei Ankunft Mord"
Eine Anthologie von 24 Minikrimis, die unter dem Gesichtspunkt zusammengestellt sind, dass der Tatort ein Urlaubsort ist. Und diese Idee lässt Gohlis höchst ausführlich darüber nachsinnen, was der Tourist mit dem Detektiv gemeinsam hat, die Neugier und den temporären Aufenthalt z.B., und warum die konkrete Verortung eines Verbrechens gerade darum als Buchidee nicht ausreichen kann. Die Anthologie, so findet er, spricht zwar "die detektivische und die reiselustige" Seite in uns an, aber "missversteht" sie dann beide. Ob eine betrogene Investorin einem Immobilienhai auf Teneriffa eine Glasplastik über den Schädel haut oder sich zwei Tramperinnen eines zudringlichen Autofahrers erwehren müssen, ist letztlich nicht der Punkt. Wenn es denn in Teneriffa oder Australien ist, gibt das höchstens ein wenig Lokalkolorit hinzu. Insofern ist, schreibt Gohlis, die Idee zwar "hübsch" aber die Ausführung "enttäuschend".
2) Bradle/Sloan: "Temutma"
Tetmutma ist ein Monster, das "dem Turbowahnsinn" Hongkongs direkt entsprungen scheint, meint Gohlis. Das Ungeheuer lebt in den Kellern der Altstadt und konnte nur durch größte Anstrengung "magischer Kräfte" bisher zurückgehalten werden. Jetzt aber wird es durch den Abriss des Viertels entfesselt und terrorisiert die Stadt. Die Autoren haben mit ihrem "genresprengenden Erstling" der Stadt ein neues, ein "tollwütiges Gesicht gegeben", meint Tobias Gohlis.
3) Jean-Claude Izzo: "Total Cheops"
Tatort ist hier Marseilles, und die Geschichte, die vom Ende einer Jugendfreundschaft handelt, könnte, meint Gohlis, so auch nirgends anders spielen. Als Jugendliche haben sich die Protagonisten, drei Jungen und ein Mädchen, hier durchgeschlagen "gegen Ausbeuter, Bullen, Mafia, Fremdenhass, elterliche Engstirnigkeit". Jetzt kehrt einer von ihnen als Polizist zurück und muss sich und die anderen neu konfrontieren mit der Vergangenheit, als die Vierer-Gemeinsamkeit durch die Liebe zerstört wurde. Durch den zurückkehrenden Fabio Montale, meint Gohlis, hat der Autor dem Detektiv-Typus des melancholischen Einzelgängers eine neue Variante hinzugefügt: den exilierten traurigen Clown. Mit seiner Monatale-Trilogie ist der kürzlich verstorbene Autor zum "Simenon Marseilles" geworden, meint Tobias Gohlis.
4) Mongo Beti: "Sonne Liebe Tod"
In einem ungenannten westafrikanischen Land geschehen dem Journalisten Zam merkwürdige Dinge: seine CD-Sammlung wird geklaut, seine Freundin verschwindet und eine Leiche taucht in seiner Wohnung auf. Der mittels billigstem Alkohol von ihm "errichtete Schutzschild gegen die Wirklichkeit" zerbricht und seine Suche entführt ihn in die Realität eines "stinknormalen Wahlkampfes", berichtet Gohlis. Eine "schwarze Politsatire", die besonders beschwingt durch die Sprache, ein äußerst gewähltes "Akademie-Französisch", meint der durchaus entzückte Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 23.03.2000

Robert Brack bespricht dieses Buch zusammen mit fünf weiteren Büchern aus der neuen "Metro"-Krimireihe des Unionverlags: "Donna und der Fettsack" von Helen Zahavi, "Socrates in Watts" von Walter Mosley, "Weißer Himmel, schwarzes Eis" von Stan Jones, "Haus der Geister" von Christopher G. Moore und "Temutma" von Rebecca Bradley und Stewart Sloan. Dabei geht er allerdings kaum auf die einzelnen Bücher ein, sondern schildert vor allem - und mit Sympathie für das Projekt - die Konzeption der Reihe: Der Unionverlag will hier die großen (und manchmal auch ganz kleine) Metropolen der Welt durch die Bücher seiner Krimireihe porträtieren. Was Brack dabei besonders gefällt, ist, dass der Verlag dabei schon aus Kostengründen nicht auf die Stars der Krimigenres zurückgreifen kann. Brack freut sich also, dass die Reihe in mehrerer Hinsicht Entdeckungen bereit hält, einerseits geographisch und andererseits literarisch. Zu dem Buch von Izzo bemerkt Brack nur, dass sein Held in eine rechtsradikale Verschwörung verstrickt wird.
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