Jean-Philippe Toussaint

Die Wahrheit über Marie

Roman
Cover: Die Wahrheit über Marie
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2010
ISBN 9783627001674
Gebunden, 190 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Joachim Unseld. Marie und der Erzähler machen Liebe, zur gleichen Zeit, nur nicht miteinander. Sie sind in Paris, seit ihrer Trennung in Tokio ist der Erzähler ein paar Straßen weiter gezogen. Es ist eine glutheiße Sommernacht, und das eigentliche Drama steht noch bevor. Ein Mann wird sterben. Jener reiche Pferdebesitzer, den Marie in Tokio kennengelernt und mit dem sie fluchtartig Japan verlassen hat. Zahir, eines seiner Rennpferde, ist in einen Skandal verwickelt und muss aus dem Land geschleust werden, eine abenteuerliche Nacht-und-Nebel-Aktion, in der Zahir den gesamten Tokioter Flughafen lahmlegt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.12.2010

Erst denkt man, na, nicht so toll diesmal, aber dann schreibt sich Rezensentin Ina Hartwig in Schwung und möchte den Leser doch zur Lektüre verführen. Die Geschichte um Marie - dies ist der letzte Teil einer ihr gewidmeten Trilogie - mag im Konkreten einige Mängel haben - "viel Erregung, wenig Vollzug", schreibt die Rezensentin - aber die Beschreibungskunst Jean-Philippe Toussaints macht das für Hartwig mehr als wett. Wie er Orte, Schuhe oder Gepäck beschreibt, findet sie "sensationell", die Jagd auf ein durchgegangenes Rennpferd auf dem dunklen Flughafen von Tokio ungeheuer erregend. Alles in allem wohl ein Fall, wo der Stil über den Inhalt triumphiert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.12.2010

Eins ist klar: Über Marie weiß der Rezensent auch nach dieser an frühere Romane des Autors sich anschließen lassende Lektüre nichts Genaues. Dass der Erzähler mehr weiß, das schon, darauf verweisen ihn vom Autor geschickt angedeutete tiefere Zusammenhänge zwischen an sich disparaten Handlungsmomenten und zwischen Marie und dem Erzähler. Überhaupt hält Joseph Hanimann Jean-Philippe Toussaint für einen Meister des Spiels mit Logik und Erotik, des mathematisch gefassten Kitsches, der präzisierten Sinnlichkeit. Dass Marie Rätselwesen bleibt, sich diese Liebesgeschichte in Gewitter, Meer und Wald materialisiert, ist für Hanimann am Ende das eigentlich berauschende an diesem Buch.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.10.2010

Rezensent Thomas Laux ist sehr angetan davon, wie genau Jean-Philippe Toussaint mit seinen Geschichten um ein ehemaliges Paar, zwischen dem es immer noch knistert, die "Aggregatzuständen" von Begehren und Verführung darzustellen kann. Toussaint schafft es nach Meinung des Rezensenten, diese "hochkomplexen Dinge" anschaulich zu machen und in Worte zu fassen, von einzelnen Szenen zeigt er sich absolut hingerissen. Der "leicht verschachtelte Plot" ist in Laux' Augen vor allem eine "Verzierung" der unentschiedenen Situation der Hauptfiguren. Der Rezensent ist sich sicher, dass diese Konstellation noch weitere Bücher hervorbringen wird, nachdem es in Toussaint früheren Romanen "Sich lieben" und "Fliehen" auch schon um das Verhältnis zwischen Marie und dem namenlosen Ich-Erzähler gegangen war.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 23.10.2010

Hier schreibt spürbar ein Kenner und Fan. Rezensent Christoph Schröder ordnet diesen dritten Band in die damit abgeschlossene "Marie"-Trilogie des Autors Jean-Philippe Toussaint ein. Diese Trilogie dreht sich um die Titelfigur und ihr Verhältnis zum Ich-Erzähler. In diesem Band ist nun ein anderer Mann im Spiel, der allerdings stirbt, woraufhin sich Marie wieder dem Ich-Erzähler zuwendet. Es kommt zu einer Art Versöhnung, wobei nicht ganz klar scheint, ob die beiden sich wirklich getrennt hatten. Als "Nachtstück" beschreibt Schröder diesen Roman, der in drei Teile zerfällt und möglicherweise auf ein Happy-End hinausläuft. Um die Komplexität und Genauigkeit von Toussaint zu demonstrieren, wird reichlich zitiert. Dass es sich um eine "brillante Liebesgeschichte" handelt, müsste der Rezensent im letzten Satz gar nicht mehr ausdrücklich schreiben: Seine Bewunderung spricht aus jeder Zeile dieser Besprechung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.10.2010

Georg Renöckl preist Jean-Philippe Toussaints dritten Roman um die Beziehungsgeschichte von Marie und dem Ich-Erzähler für seine "Spielfreude" und seine beeindruckende Beschreibungskunst, meint aber, dass man nicht zuviel auf einmal davon verträgt. Völlig unbekümmert operiere der französische Autor, der stark vom Nouveau Roman geprägt wurde, mit Krimiversatzstücken (ohne eine befriedigende Auflösung zu präsentieren!) und penetrant-symbolischen Wetterzuständen, kümmere sich also keinen Deut um den "guten Geschmack", warnt der Rezensent amüsiert. Auf drei Ebenen lässt sich laut Rezensent der Roman lesen: als Beziehungsgeschichte, als Verweissystem auf die vorhergehenden Marie-Romane und nicht zuletzt als persönliche Poetik des Autors. Allerdings verträgt Renöckl wegen der "Konzentriertheit" an "Knalleffekten" und kunstvollen "Satzkaskaden" immer nur begrenzte Mengen dieser Prosa. Und am Ende findet er, befördert durch "etwas pubertäre" Provokationsversuche Toussaints, dass es nun genug sei mit den Geschichten um das Paar.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.10.2010

Meisterlich, versichert uns Rezensent Niklas Bender, sei die Fähigkeit des Autors, mit wenigen Strichen Leidenschaften entflammen zu lassen. Brennende Nächte, Sinnlichkeit, Erotik, Eifersucht! So kennt Bender den Autor gar nicht. Dafür dass die asymetrisch geordnete Amour fou zwischen einem eher passiven, doch wahnhaft eifersüchtigen Rennstallbesitzer und einer sprunghaften Modeschöpferin zwischen Tokio und Paris nicht ins Schwüle abgleitet, sorgen dann laut Bender wiederum die ironische Erzählhaltung und die nüchterne Sprache Jean-Philippe Toussaints. Ja, und der klassische Aufbau. Leidenschaft braucht Grenzen.
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