Jochen Buchsteiner

Die Flucht der Briten aus der europäischen Utopie

Cover: Die Flucht der Briten aus der europäischen Utopie
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2018
ISBN 9783644002197
Gebunden, 144 Seiten, 12,99 EUR

Klappentext

Europa irrt, wenn es den Brexit als Betriebsunfall betrachtet. Die Briten, heißt es auf dem Kontinent, befinden sich auf einem Irrweg. Mit dem Abschied von der EU hätten sie ihren Ruf als vernünftige, pragmatische Nation verspielt. Stimmt das? Oder erleben wir gerade das Gegenteil: dass unsere Nachbarn ihren sprichwörtlichen "Common Sense" nur neu und kühn vermessen? Jochen Buchsteiner nimmt in diesem pointierten Buch den Brexit unter die Lupe und kommt zu dem Ergebnis, dass er gar nicht so irrational ist. Auch wenn er die Geschäfte auf beiden Seiten des Kanals erschwert - er fußt auf nachvollziehbaren und redlichen Motiven, die in der Nationalgeschichte und in der Geografie des Königreichs wurzeln. Buchsteiner analysiert dieses "Anderssein", das die Briten leidenschaftlicher auf die Freiheit und kühler auf Europa blicken lässt. Der Brexit, so eine These des Essays, ist nicht das Resultat einer "populistischen Verführung", sondern folgt berechtigter Kritik am Zustand der EU und wehrt sich gegen Fehlentwicklungen des "liberalen Modells". Indem die Briten ihre Souveränität und Identität über den Wohlstand stellen, kehren sie die Prioritäten einer europäischen Einigungslogik um, die in der Krise steckt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.12.2018

Alexander Menden sieht Jochen Buchsteiners Brexit-Buch als Gegenstimme zur gängigen Meinung in Sachen Brexit. Der Essay bietet ihm Einblick in die Gedankenwelt von Ultra-Brexiteers wie David Davis oder Dominic Raab und drückt zugleich die wohlwollende Meinung des Autors zum britischen Patriotismus aus. Dass der Autor meint, die Deutschen sollten sich davon ein Scheibchen abschneiden, kommentiert Menden erst gar nicht. Der Brexit als sinnvolles Korrektiv des EU-Kurses? Menden scheint skeptisch. Als meinungsstarkes Gegenbuch möchte er den Band aber dennoch empfehlen.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.10.2018

Emanuel Herold steht Jochen Buchsteiners Versuch einer historischen Einordnung des Brexit kritisch gegenüber. Bei allem Kenntnisreichtum des FAZ-Korrespondenten in London hätte mehr soziologische Sensibilität dem Buch gutgetan, findet er. Buchsteiners Hinweis auf einen antieuropäischen Nationalcharakter der Briten scheint ihm zu apologetisch. Als Wette auf die Möglichkeit eines nationalstaatlichen Alleingangs, wie es der Autor versteht, kann er den Brexit nicht sehen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.10.2018

Man kann sich über die Entscheidung der Briten zum Austritt aus der europäischen Union echauffieren und reaktionären Populisten die Schuld an diesem Schlamassel geben. Oder man liest Jochen Buchsteiner und versucht mit ihm zu verstehen, welche speziellen historischen Erfahrungen die Briten dazu bewegt haben könnten, ihre geliebte Souveränität über den europäischen Traum zu stellen, schlägt Rezensent Alexander Cammann vor. Er plädiert stark für die zweite Option, denn Buchsteiners Essay über "Die Flucht der Briten aus der europäischen Utopie" findet er nicht nur äußerst intelligent und aufschlussreich, es deute auch einen gewissen Vorteil am Austritt Großbritanniens an: Wenn die EU eines Tages nicht mehr das sein können wird, was sie einmal werden sollte, können wir uns glücklich schätzen, wenn England uns Europäern wieder einmal einen "Freihafen" bietet, so der überzeugte Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 20.10.2018

Alan Posener wird nicht glücklich mit Jochen Buchsteiners Deutung des britischen Nationalcharakters. Allein das Wort! Für Posener gibt es dergleichen einfach nicht. Wenn der Autor versucht, den Brexit mit eben diesem Nationalcharakter zu erklären, schüttelt Posener nur den Kopf. Die Idee kultureller Identität, wie der Autor sie in Anschlag bringt, existiert für Posener nur als Erfindung der deutschen Romantik. Auch über die Krise Europas kann ihm der Autor nichts Neues berichten, und seinen Rat zu mehr Augenmaß bei der Integration hat er irgendwo schon mal gehört.