John Updike

Die Tränen meines Vaters

Erzählungen
Cover: Die Tränen meines Vaters
Rowohlt Verlag, Reinbek 2010
ISBN 9783498068899
Gebunden, 368 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Maria Carlsson. "Es ist leicht, Menschen in der Erinnerung zu lieben", schreibt John Updike in seinen nachgelassenen Erzählungen. Und er tut es, er blickt zurück, will die verblassenden Bilder so zärtlich, aber auch so genau wie möglich beschreiben die Großeltern, die musische Mutter mit ihren jähen Zornesausbrüchen, den lehrenden Vater, die eigenen Kinder und Enkel. Und natürlich die Frauen, immer die Frauen: Ehe, Ehekrisen, Ehebruch. Jemand liest im Regen eine Nachbarin auf, bringt sie heim. Unwetter, Stromausfall. Bald sind beide nackt. Dann kommt das Licht wieder, sie ziehen sich peinlich berührt an und verabschieden sich, als sei nichts gewesen. Es war ja auch nichts. Und doch bleibt ein Echo im Hallraum der Erinnerung. Von der Weltwirtschaftskrise der 30er bis zu den Nachwehen des 11. September, vom ländlichen Alton bis ins ferne Indien spannt sich der Bogen eines ganzen Menschenlebens.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.05.2011

Rezensent Wolfgang Schneider verneigt sich vor diesen postum erschienenen Erzählungen John Updikes. Er liest sie als "Exerzitien der Erinnerung", in denen der 2009 verstorbene Schriftsteller noch einmal höchst gekonnt Autobiografisches und Erfundenes verwebt und seine bekannten Themen - Ehen, Ehebrüche, Scheidungen, Altern etc. - umkreist. Die Erzählungen sind in Schneiders Augen auch ein literarisches Porträt der weißen Mittelschicht der USA über die Jahrzehnte hinweg - von den dreißiger Jahren bis heute. Mit Bewunderung spricht Schneider besonders über Updikes Erzählkunst, seine Kunst der feinen Formulierung und der sinnlichen und präzisen Wahrnehmung. Sein Fazit: ein meisterlicher Abschluss eines "großen, menschenfreundlichen Lebenswerks".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.05.2011

Ein der Klasse John Updikes gebührendes Alterswerk sieht Thomas Hermann in den vorliegenden postum veröffentlichten achtzehn Geschichten des großen 2009 verstorbenen Erzählers. Für Hermann erzählt und beschließt der Autor hier gleichsam seinen eigenen Lebens- und Schaffensweg. Updikes Protagonisten in diesen Texten seien wie ihr Schöpfer in den 1930er Jahren in Pennsylvania aufgewachsen, schreibt Hermann, der den Figuren auf diverse Erinnerungsreisen und schließlich bei der Einsicht in ihr bevorstehendes Ende folgt. Für Hermann strahlen die Geschichten Ehrlichkeit und Intimität aus, hervorgerufen durch den autobiografischen Bezug und die auf eine einzelne Person beschränkte Erzählperspektive. Die Stimmung dieses Alterswerks sieht Hermann in der Übersetzung durch Maria Carlsson kongenial eingefangen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 23.04.2011

Rezensent Dirk Knipphals ist hingerissen: mit dem posthum erschienenen Erzählband "Die Tränen meines Vaters" liege ein letztes Werk von John Updike vor, das den anderen in nichts nachstehe. Ein wenig gelassener erscheint Knipphals dieses Alterswerk, ohne jedoch Updikes Ironie und sein waches Bewusstsein vermissen zu lassen. Wenn er etwa ein altes Paar an ihre Jugendliebe denken lasse oder die Alltagserfahrungen alter Menschen schildere, werde noch einmal Updikes Talent deutlich, seine eigene Lebensgeschichte in gnadenloser Selbsterforschung mit der seiner Figuren zu verweben. Und ein letztes Mal freut sich der Kritiker über Updikes "Jedermann-Figuren", die doch immer so besonders und erzählenswürdig erscheinen. Dass dieser Autor nie einen Nobelpreis erhalten hat, findet Knipphals mehr als bedauernswert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.02.2011

Rezensent Gustav Seibt findet diese nachgelassenen Erzählungen von John Updike einfach meisterhaft. Er sieht in ihnen nicht nur einen beeindruckenden Abschluss von Updikes Werk, der Autor betritt mit in ihnen seines Erachtens auch nochmals Neuland, wenn er das Alter und das Altern in den heutigen westlichen friedlichen Wohlstandgesellschaften vor allem in Rückblicken beschreibt. Seibt schätzt Updikes Ton als präzise, "nüchtern-melancholisch" und frei von Sarkasmus. Das Alter wird für ihn beschrieben wie es ist: in den Einschränkungen, die es mit sich bringt, aber auch in den schönen, intensiven Momenten. Dabei verzichte Updike weitgehend auf Plots, um stattdessen einzelne Situationen "wie zart getupft" zu malen. Besonders hebt Seibt eine Geschichte über den 11. September 2001 hervor, die für ihn die auch im Alter nicht erlahmende Neugier und die Empathie Updikes eindrucksvoll dokumentiert.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.01.2011

Viele dieser Erzählungen, die nun postum veröffentlicht wurden, kannte man schon aus verstreuten Veröffentlichungen Updikes der letzten Lebensjahre. Gerne gelesen hat Rezensentin Judith von Sternburg sie allerdings trotzdem. Auf keine einzelne geht sie genauer ein, gemeinsam scheint allen der Blick aufs Leben des Individuums als einer Angelegenheit, die schneller vorüber ist, als man schaut. Eine Perspektive, die sich verschärft, wenn man, wie der Erzähler hier gern, aus Weltalldistanz aufs Geschehen hienieden blickt. Um Menschliches, Allzumenschliches rund um sich findende, trennende Paaren, um Familienbande und dergleichen geht es dennoch oder gerade deshalb immerzu. Aus Sternburgs eher knapp gehaltener Rezension spricht nichts als Sympathie für das Buch.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.01.2011

Auch in diesen nachgelassenen Erzählungen blieb John Updike sich und seinem Thema treu, versichert Rezensent Dieter Hildebrandt, der Liebe, die bei Updike aber meist nur Form der schwindenden Liebe zu haben ist, deren ganze Melancholie sich beim Seitensprung entfaltet. In diesen Erzählungen sind die auftretenden Männer allerdings alle schon etwas in die Jahre gekommen, sie vermissen Berührungen, Nähe, die Haut wird zur Reizfläche des Geschehen: "Die Haut erinnert sich", zitiert Hildebrandt den für ihn zentralen Satz dieses Buches. Dessen Erscheinen nutzt der Rezensent, um noch einmal Updikes langjährige Übersetzerin Maria Carlsson zu rühmen, die über Jahrzehnt dem Autor seinen deutsche Ton gegeben hat.