Judith Zander

Dinge, die wir heute sagten

Roman
Cover: Dinge, die wir heute sagten
dtv, München 2010
ISBN 9783423247948
Kartoniert, 480 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Bresekow, ein Dorf in Vorpommern. Als die alte Frau Hanske stirbt, kommt ihre Tochter Ingrid mit ihrer Familie aus Irland zur Beerdigung. Ingrid hatte Bresekow vor vielen Jahren fluchtartig verlassen. Der Besuch verändert vieles im Dorf, wirft gerade für die Familien Ploetz und Wachlowski alte und neue Fragen auf. Die Dorfbewohner beginnen zu sprechen, über ihr derzeitiges Leben und ihre Verstrickungen von damals. Bresekow war immer eine kleine Welt, eng, abgelegen und heute zudem vom Verfall bedroht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.09.2010

Christoph Bartmann hat ganz offenkundig gelitten bei der Lektüre von Judith Zanders erstem Roman. Die Anklamer Autorin hat der Dorfbevölkerung von Bresekow in Vorpommern, wohin die Hauptfigur Ingrid anlässlich des Todes ihrer Mutter aus Irland zurückkehrt, sehr genau aufs Maul geschaut und lässt sie ungehindert schwadronieren, muss der Rezensent indigniert feststellen. Dabei gibt er bereitwillig zu, dass Zander ein ausgesprochenes Händchen für die verschiedenen Sprechweisen ihrer Figuren hat, und er vermutet hier eben die "Welthaltigkeit", die das Buch auf die Shortlist für den Deutschen Buchpreis gebracht hat. Auch die gekonnt holprigen Übersetzungen von Beatles-Songs, die im Roman eine gewisse Rolle spielen, haben ihn beeindruckt. Trotzdem erscheint ihm der Roman, in dem die Dorfbevölkerung erst mal ausgiebig zu Wort kommt, ehe die Leidensgeschichte Ingrids auf den Tisch kommt, wie ein einziger, endloser "Kaffeeklatsch" und dem kann er wohl nicht wirklich etwas abgewinnen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.09.2010

"Große Erzählkunst" bescheinigt Rezensentin Andrea Hanna Hünninger diesem "starken Debüt" über ein Dorf in der ehemaligen DDR. Jedes Kapitel sei ein Monolog, überschrieben mit einem Vornamen. Der Kritikerin kam es erst so vor, als höre sie den Geschichten "wurmstichiger Seelen" zu. Erst allmählich erschließen sich ihr die vom Roman umrissenen Zeitverläufe, was den Reiz des Buchs für sie noch erhöht. Auch bewundert sie die präzise Beobachtungsgabe der dreißigjährigen Autorin.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.09.2010

Völlig zu Recht erhielt Judith Zander mit diesem Debütroman einen Platz auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises, bemerkt Rezensentin Isabel Metzger nach der Lektüre. Denn in dieser 500 Seiten starken, ostdeutschen Provinzsaga kommt einiges zusammen: In ihrer Geschichte um eine junge Frau, die nach ihrer Republikflucht in den neunziger Jahren in ihr mecklenburgisches Heimatdorf zurückkehren muss, beweise die selbst in Anklam geborene Autorin mehr als nur "Milieukenntnis". Hier wird nicht einfach nur DDR-Vergangenheit aufgearbeitet, schreibt die Kritikerin; die in neun Perspektiven erzählte Geschichte werfe vielmehr einen Blick auf die komplexen Verstrickungen in einem ostdeutschen Dorf, das sich nach der Wende seinem Trauma stellen muss. Beklemmend, wie Zander die Dorfgemeinschaft durch Geschichten von Gewalt und Sexualität auseinanderbrechen lasse; gekonnt, wie sie das Einzelschicksal mit Erinnerungen aus vier Generationen verwebe - und das ohne sentimentalisch zu werden, so Metzger beeindruckt. Stattdessen halte die Autorin direkt auf die Schwächen und Abgründe ihrer Figuren drauf und gebe diesem "bemerkenswerten" Roman so seine "große Gewalt".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.09.2010

Sehr vielversprechend findet Rezensentin Lena Bopp dieses Prosadebüt. Dass Ostdeutschland wiederum eher düster daherkommt in diesem Buch, als vorpommersches Dorf mit kollektivem Verdrängungsmechanismus nämlich, kann Bopp offenbar verkraften. Zu bunt andererseits erscheint ihr der riesige Familienstammbaum, den die Erzählerin Stimme für Stimme anwachsen lässt und geschickt in Szene setzt als vielstimmigen Chor, der die Handlung erst ins Rollen und Geheimnisse ans Licht bringt. So taucht das Buch die Rezensentin in ein anregendes Wechselbad aus Verstörung und Begeisterung.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.09.2010

Rezensentin Katrin Hillgruber möchte ihre Empfehlung für den Deutschen Buchpreis abgeben: Judith Zander bittesehr. Den Roman der Lyrikerin hält Hillgruber für erzählerisch mächtig, originell, metaphorisch manchmal sperrig, in jedem Fall aber eigenwillig. Na ja, nicht ganz, denn Uwe Johnson steht ja vielleicht in der Ferne Pate für eine "überbordende vorpommersche" Familiendorfsaga. Apropos Johnson, der Sprach- und Stimmenreichtum führt hier mitunter so weit, dass Leser, die kein Platt können, nicht ganz mitkommen, warnt die Rezensentin. Sämtliche Beatles-Verweise, meint sie, kommen dagegen in neue poetische Räume eröffnender deutscher Übersetzung daher.
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