Jürgen Becker

Die Rückkehr der Gewohnheiten

Journalgedichte
Cover: Die Rückkehr der Gewohnheiten
Suhrkamp Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783518430453
Gebunden, 76 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

In diesem Buch, entstanden 2020/21, versammeln sich Gedichte, Notate, Satzreihen, Prosastücke zu einem Journal, in dem das tägliche Geschehen, die Erfahrung von Krise, das Fortwirken der Vergangenheit Seite für Seite mitgeschrieben haben. "Augenblicke entscheiden, wo es langgeht, wohin sich das Geschehen bewegt … Sätze aus einem Früher, das nicht aufgehört hat, im Hier und Heute mitzusprechen."Es ist die Fortsetzung eines Selbstgesprächs, das "hervorkommt aus dem Schatten des früher Gesagten", und das heißt auch: der Verfasser vergegenwärtigt Impulse und Motive, die seine früheren Texte durchziehen; er lässt sich auf Wiederholungen ein, wo es darum geht, im zuvor Gesagten den verborgenen Rest des Nichtgesagten, das Übersehene oder Vergessene, zu entdecken.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.07.2022

Rezensent Tobias Lehmkuhl leuchtet ein, warum die neuen Texte von Jürgen Becker Journalgedichte heißen. Als "lyrische Mitschriften" von Tagesaktuellem wie Impfungen und der sich unwillkürlich einstellenden Erinnerung an den Krieg scheinen sie Lehmkuhl allerdings eine Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen zu verkünden, indem sie Krieg, Nachkrieg und alte BRD, Twitter und Google uvm. stets neu miteinander kombinieren und als gegenwärtig vermitteln. Dass Beckers Texte dabei immer frisch und anders klingen, findet Lehmkuhl bemerkenswert. Der Leser kann es hier einmal mehr feststellen, meint er.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.07.2022

Rezensent Nico Bleutge liest die neuen Gedichten von Jürgen Becker voller Freude. Sichtbar wird in den Texten für ihn einmal mehr Beckers poetisches Verfahren der aus Augenblickseindrücken sich entwickelnden Assoziation, seine "Schnitttechnik", die Präsenz schafft und zugleich die Lebensgeschichte des Autors immer mit erzählt. Dass dabei auch eine Geschichte der BRD entsteht, kann der Leser laut Bleutge auch mit diesem neuen Band wiederum feststellen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.07.2022

Die zu Jürgen Beckers 90. Geburtstag erscheinenden Journalgedichte sind für den Rezensenten Martin Oehlen eine bruchlose Fortschreibng von Beckers Werk, einem lebenslangen Selbstgespräch voller stets verblüffender Beobachtungen und Erinnerungen. Für Oehlen sind sie "Trittsteine im Wasser", die mit einem Wort oder Motiv sogleich Vertrauen herstellen zwischen Leser und Text. Wie Becker das Vertraute weiterdenkt, bekräftigt, neu kontextualisiert, findet Oehlen so anregend, dass er mit dem Stift liest. Beckers melancholischer, ironischer Ton und seine Assoziationen, die Privates und Globales, Vergangenes und Gegenwärtiges verbinden (Krieg und Pandemie etwa), stehen für Oehlen für eine äußerst kraftvolle Poesie.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 04.07.2022

Rezensentin Insa Wilke empfiehlt diesen Band von Jürgen Becker als besondere Lektüreerfahrung im lyrischen Gesamtwerk des Autors. Wie Becker hier Kindheitserinnerungen mit Tagesaktuellem verschneidet, erscheint ihr von stellvertretender Kraft. Die Texte ergeben eine Chronik der Gesellschaft, findet sie. Beckers Verfahren, das die Zeitlichkeit der Ereignisse gewissermaßen aufhebt, verweist Wilke auch auf eine überzeitliche "Dissonanz" in Beckers Texten, die Weigerung, Bescheid zu wissen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.06.2022

Rezensent Peter Neumann besucht den von ihm sehr verehrten Lyriker Jürgen Becker kurz vor dessen neunzigstem Geburstag in Köln und kommt auch kurz auf zwei Neuerscheinungen zu sprechen: Die etwas vorzeitig herausgegebenen "Gesammelten Gedichte", die Becker großmütig mit dem Hinweis wegsteckt, er sei ja kein Martin Walser, wie Neumann berichtet, und einen Band mit neuen Gedichten "Die Rückkehr der Gewohnheiten". In beiden Ausgaben spürt Neumann das Augenblickliche, den unmittelbaren Moment, die Wahrnehmung, also genau das, was den Lyriker Becker so stark machte. Und auch wenn manche Gedichte schon ein wenig nach Abschied klingen, ist ihr Sound noch immer frisch, meint Neumann, der auch versichert, dass bei Becker der Lärm der A 4 klinge "wie Meeresrauschen".