Jürgen Manthey

Königsberg

Geschichte einer Weltbürgerrepublik
Cover: Königsberg
Carl Hanser Verlag, München 2005
ISBN 9783446206199
Gebunden, 736 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Vor 750 Jahren wurde Königsberg gegründet, vor 60 Jahren verschwand es von der Landkarte: Mit dem Untergang Königsbergs in den letzten Wochen des 2. Weltkriegs fiel jene Stadt in Schutt und Asche, in der die moderne Philosophie, die moderne Literatur und die moderne Politik Deutschlands erfunden wurden. Königsberg ist für immer ausgelöscht, doch die Ideen Kants, Herders, Kleists, E.T.A. Hoffmanns, Hannah Arendts und vieler anderer Bürger dieser großartigen Stadt leben weiter. Ein epochales Buch, das Königsberg in unsere Gegenwart zurückholt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.05.2005

Rezensentin Ursula Pia Jauch hat Jürgen Manthey "gern" auf seiner Reise durch die Geschichte Kaliningrads begleitet, als dieses noch Königsberg hieß. Der Autor verfolgt die Entwicklung der Stadt von ihrer Gründung vor 750 Jahren bis hin zu ihrer Zerstörung 1945. Im Zentrum seiner Betrachtungen steht dabei der "Geist" der Unabhängigkeit, der für Manthey das einstige Königsberg ausgezeichnet hat. Die "Wanderungen" durch die Geschichte unternimmt Manthey nach Meinung der Rezensentin dabei nicht nur mit den "Füßen und dem Kopf", sondern in erster Linie "mit dem Herzen" - allerdings nicht immer zu ihrer Freude. Die "Bewunderung", die Manthey in seinen "intellektuellen" Biografien zum Ausdruck bringt, scheint ihr mitunter etwas zu maßlos. Diesem Makel setzt sie jedoch die "sorgfältige" Recherchearbeit des Autors entgegen - und so bleibt das Buch alles in allem ein "großartiges" Porträt einer Stadt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.05.2005

Eine ausführliche und begeisterte Besprechung widmet Oskar Negt dem "Königsberg"-Buch von Jürgen Manthey, der Stadt, die heute Kaliningrad heißt, zwischen Litauen und Polen liegt und trotzdem russisches Territorium bildet. Negt hat einen persönlichen Bezug zu Königsberg, er stammt aus der Umgebung der einstigen Reichsstadt. Königsberg als Stadtrepublik, als einzigartige Stadtkultur, das seien die Aspekte, die für Manthey im Vordergrund stünden, erklärt er. Dem Untergang der Stadt 1945, die als einzige europäische Kulturhauptstadt nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut worden ist, wie Negt bemerkt, widme der Verfasser ganze acht Seiten. Umso länger und detailgenauer die Rekonstruktion der Stadtgeschichte, die Negt zu der Frage veranlasst, ob Manthey "Königsberg als ein wiedergekehrtes Athen" betrachte? Ein bisschen schon, meint er, wenn Manthey auch platte Analogien vermeide. Das Besondere an seinem Städteporträt sei die Utopie, die er dabei entwickle: wie Geselligkeit, Kultur, Bürgerbewusstsein das Gemeinwesen einer Stadt positiv prägen können. Königsberg gibt es in dieser Form schon seit 1933 nicht mehr, da stimmt Negt dem Autor zu, aber seine Grundidee sei nach wie vor gültig und rage "wie ein abgebrochenes Projekt in die Gegenwart hinein", schreibt er. Der Hauptteil des Buches - Porträts der Künstler und Intellektuellen, die in der Stadt gelebt haben, von Kant bis Hannah Arendt - findet bei Negt keine weitere Kommentierung; er spreche einfach für sich selbst, meint der Rezensent überaus wohlgesonnen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.03.2005

Thomas Meyer kann sich gar nicht retten vor Bewunderung und Begeisterung für Jürgen Mantheys Buch über Königsberg. Dem Literaturwissenschaftler sei eine "bedeutende Studie" gelungen, die einen "überzeugenden Nachweis" für die "Prägekraft" Königbergs auf seine Bewohner liefert. Er ist sehr angetan von der "kenntnisreichen und spannenden" Schilderung der historischen und politischen Entwicklung der Stadt, wobei Meyer insbesondere positiv auffällt, dass der Autor auch aus dem Sturm auf Königsberg 1945 durch die Rote Armee "keinen Mythos" macht. So nüchtern und sachlich hat man das bisher nirgendwo gelesen und "souveräner" ist es wohl auch noch nicht dargestellt worden, notiert der Rezensent beeindruckt. Das Kapitel über den wohl berühmtesten Bewohner Königbergs, Immanuel Kant, findet er schlechterdings "grandios". Manthey charakterisiere Königsberg als "geistige Existenzform" und hat das Werk von Schriftstellern wie Herder, Kleist, E. T. A. Hoffmann und Rudolph Borchert auf ihre Bezüge auf die Stadt untersucht, womit manche literarischen Werke "erst richtig "atmen", schwärmt der Rezensent. Dieser Band ist ein "richtiger Glücksfall", jubelt Meyer, der den Zeitpunkt des Erscheinens zum 60. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager und des Siegs über Nazideutschland gerade richtig findet.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2005

Zufrieden zeigt sich Rezensent Heinz Schlaffer mit Manthey umfangreichem Buch über die Geschichte Königsbergs. Wer allerdings statt einer Kultur- und Ideengeschichte eine Real- und Sozialgeschichte Königsbergs erwartet, wird nach Schlaffers Einschätzung enttäuscht sein, handelt es doch vor allem von den Geistesgrößen, die hier so zahlreich vertreten waren. Hier sieht Schlaffer auch die Stärken von Mantheys Darstellung. Sie verschaffe dem Leser das Vergnügen, Geister wie Kant, Hamann, Herder und Hippel, deren Schriften man bislang nur getrennt wahrgenommen habe, im Leben dicht nebeneinander zu sehen - etwa Kant und Hamann beim Disputieren und Scherzen beim gemeinsamen Mittagsmahl. Mit Recht bewundere Manthey an solcher Geselligkeit die Verbindung von "städtischem Stil, bürgerlichen Tugenden, akademischer Sitte und intellektueller Liberalität". Schlaffer hebt hervor, dass Manthey Königsberg als Weltbürgerrepublik deutet, als genaues Gegenteil Preußens, und in der Geschichte dieser Stadt eine Vorgeschichte unserer Demokratie der Gegenwart sieht. Allerdings hat sich der Autor für den Geschmack des Rezensenten ein wenig zu sehr auf die geistige Elite konzentriert, von Handwerkern, Dienstleuten und Arbeitern, Bauern und Leibeigenen rede er dagegen fast nie. Ebendies veranlasst Schlaffer auch zu dem Urteil, dass sich Mantheys Geschichte Königsbergs "wie ein rückwärts gewandter utopischer Roman" lese, "der von den schönen Geistern auf einer Insel der Seligen handelt". Dieser Punkt geht Schlaffer gegen den Strich, und er weist darauf hin, dass sich die Geschichte einer Stadt nicht auf das Leben und Werk von einigen bedeuteten Köpfen ausrichten lässt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.02.2005

Eberhard Rathgeb ist des Lobes voll über Jürgen Mantheys Werk über Königsberg, das weniger von der Stadt und ihrer Geschichte handelt als von ihrem Geist und das entsprechend den Untertitel trägt: "Geschichte einer Weltbürgerrepublik". Sachkundig und erzählerisch geschickt und doch ausgestattet mit Hochachtung vor dem Eigensinn der Realitäten verwebt Manthey Leben und Werk von Größen wie Kant, Hamann, Hippel, Herder, E. T. A. Hoffmann, Joachim Nettelbeck, Johann Jacoby, Hannah Arendt und Rudolf Borchardt. Aus diesen Einzelbildnissen entsteht das Porträt einer Metropole geistigen Lebens, in der "Aufklärung, Publizität und Politik" zusammenliefen. Königsberg, hat Kant gesagt, sei die einzige Stadt, in der man, ohne sich auf Reisen zu begeben, die Welt kennenlernen könne. Warum das so war, zeigt Manthey mit seiner Studie auf eindrucksvolle Art und Weise, urteilt Rathgeb. Die Weltbürgerrepublik endete, so das Fazit des Rezensenten, in dem Augenblick, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen.
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