Jytte Klausen

Europas muslimische Eliten

Wer sie sind und was sie wollen
Cover: Europas muslimische Eliten
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2006
ISBN 9783593380179
Kartoniert, 306 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Terroristen und Schläfer, Zwangsehen und Ehrenmorde beherrschen die Schlagzeilen - immer wieder ist von Parallelgesellschaften die Rede. Doch die große Mehrheit der in Europa lebenden Muslime hat mit diesem Bild nichts gemein. Ihre führenden Vertreter kommen in diesem Buch zu Wort.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.12.2006

"Verqueres Buch", meint Wolfgang G. Schwanitz. "Abenteuerlich" findet er die von Jytte Klausen vertretene These, wonach wir es bei der Konfrontation mit dem Islam mit der alten Problemehe von Kirche und Staat zu tun haben, also mit einem innenpolitischen Problem und nicht einem Krieg der Völker oder Kulturen. Das ist Schwanitz zu verharmlosend, und er macht sich daran, die empirischen Befunde der Autorin auseinander zu nehmen. Gleich dreimal nennt er den Text widersprüchlich, ohne aber leider Beispiele zu nennen. Schwanitz' Rat, das Buch einer "bestimmten Herangehensweise" wegen zu lesen, die er dann umgehend als ideologisch und realitätsfern abtut, bleibt rätselhaft.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.09.2006

Bemerkenswert findet Volker S. Stahr dieses Sammelporträt von rund 300 führenden Muslimen in sechs europäischen Ländern, das Jytte Klausen vorgelegt hat. Das große Verdienst der Politikwissenschaftlerin sieht er darin, das oft ungerecht einseitige in den Medien verbreitete Bild von Muslimen signifikant zu korrigieren. So stelle die Autorin muslimische Politiker, Unternehmer, Ärzte, Juristen, Sozialarbeiter oder Übersetzer vor, die sich in den jeweiligen Ländern stark politisch und sozial engagieren. Die Studie verdeutlicht für Stahr auch, dass es einen weit größeren Anteil von dem Staat verbundenen und engagierten Muslimen gibt, als oft angenommen wird. So wichtig es Stahr erscheint, den Fokus endlich einmal auf die bisher kaum beachteten "liberalen" Muslime zu legen, so kann er der Autorin doch nicht die Kritik ersparen, die erklärten Islamisten weitgehend auszublenden.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.07.2006

Einen "guten Überblick über die Befindlichkeiten" von gut 15 Millionen europäischen Muslimen hat diese Studie der dänischen Politologin Rezensent Daniel Bax verschafft, obwohl ihn der Titel des Buches zunächst etwas in die Irre führte. Die Autorin habe nämlich nicht mit "religiösen Autoritäten des Islam" in Europa gesprochen, wie der Titel Bax zunächst nahe legte, sondern mit muslimischen "Aktivisten und Politikern". Dabei hätte der Rezensent gerne mehr über religiöse "Diskurse und politische Strömungen" des europäischen Islam erfahren. Viel hat er dann aber, wie man liest, über den Grad der Integration von Muslimen in den jeweiligen Gesellschaften erfahren. Zum Beispiel, dass sie sich in Deutschland und Großbritannien am meisten diskriminiert fühlen würden. Auch entnahm Bax dieser Studie die Erkenntnis, dass die Integration von Muslimen in Europa gerade erst begonnen habe, die sich besonders in Ländern mit Staatskirchenmonopol schwierig gestalte. Aber auch in anderen europäischen Ländern sei die Trennung von Staat und christlicher Religion längst nicht so ausgeprägt, wie angenommen, und Europas Säkularisierung habe daher noch einiges Entwicklungspotential.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.03.2006

Wohltuend findet Rezensent Markus Meßling diese Studie der in Boston lehrenden dänischen Politikwissenschaftlerin Jytte Klausen zur Integration der Muslime in Europa. Sie hat dafür etwa 300 Interviews mit muslimischen Führungskräften geführt und festgestellt, dass deren Selbstverständnis eher durch die konkreten Lebenssituationen geprägt ist als von einer "alldominanten Diaspora-Mentalität". Sie sprechen sich meist für eine bessere Integration aus, oft seien die Organisationen bei ihrer Arbeit dazu übergegangen, die jeweilige Landessprache zu sprechen. Diese Arbeit richte sich meist auch gegen konkrete Benachteiligungen, wie Meßling wiedergibt, etwa das Kirchen recht in Dänemark, das muslimische Friedhöfe verhindert, oder das deutsche und französische Kopftuchverbot. Einige methodische Schwierigkeiten sieht Meßling bei dieser Arbeit zwar, die er "eher als qualitativ denn repräsentativ" einschätzt, alles in allem aber findet er sie nüchtern-fundiert und ein weiteres positives Beispiel dafür, dass eher Augenmaß als kulturkämpferische Interpretationen das Gebot der Stunde sein sollten.