Katharina Hacker

Eine Art Liebe

Roman
Cover: Eine Art Liebe
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783518414606
Gebunden, 268 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

"Ich schenke dir diese Geschichte, schreib du sie auf", sagt der Jerusalemer Rechtsanwalt Moshe Fein der Erzählerin, einer in Israel lebenden deutschen Studentin. Aber um welche Geschichte handelt es sich? Um die Geschichte von Jean, des Freundes von Moshe, eines französischen Trappistenmönchs, der unter seltsamen Umständen in Berlin umgekommen ist? Oder um die Geschichte von Moshe, der als Kind, nach der Flucht seiner Familie aus Berlin, unter anderem Namen in Frankreich, in einem katholischen Internat, die Nazi-Herrschaft überlebt hat? Das Rätsel um Jeans Tod - ein Ereignis, das Moshes Erinnerungen noch einmal in ein neues Licht stellt - ist der Anlass für die Recherche der Erzählerin.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.12.2003

Rezensentin Katrin Kruse berichtet viel über die Absichten der Autorin dieses Romans, gar nichts jedoch leider darüber, inwieweit es ihr gelungen ist, ihre Ansprüche auch einzulösen. Immerhin klingt sympathisch, was man da so über Katharina Hackers Intentionen liest: etwa, dass sie die Leute nicht mit Büchern belästigen wolle, die nichts zu sagen haben, und die man nach der Lektüre "schüttelt, weil man hofft, es fällt noch was raus." Daneben erfährt man von der Rezensentin einiges darüber, was dieser Roman von Katharina Hacker alles "auch ist": So sei er "auch ein Versuch über das Schreiben", über "den Umgang mit fremden Biografien" sowie "die Geschichte einer Schriftstellerin", und auch "die verborgene Schuld einer Deutschen" sei etwas, dem die Autorin "gleichfalls nachspürt". Ansonsten berichtet Kruse noch vom Inhalt des Romans, dass die Ich-Erzählerin Sophie, eine junge Deutsche, hier von einem Holocaust-Überlebenden den Auftrag erhält, seine Geschichte aufzuschreiben - und schließlich, dass Hacker "das Gerüst" von dessen Geschichte dem autobiografischen Essay "Wenn die Erinnerung kommt" von Saul Friedländer entnommen hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.11.2003

Einen Roman über die "Erinnerung des Erinnerns" sieht Rezensent Steffen Martus in diesen Buch. Moses Fein, ein zum Katholizismus konvertierter Jude, der die Nazizeit in einem französischen Internat überlebt hat, erzählt der Ich-Erzählerin Sophie, einer jungen Deutschen, über mehrere Jahre hinweg seine Geschichte, die Geschichte eines Überlebenden des Holocaust. Die Erinnerung nimmt dabei nicht die Form einer "großen Erzählung" an, berichtet Martus, sie ereignet sich bruchstückhaft, in abgerissenen Gesprächen, auch als Kampf gegen Gedächtnislücken und Verdrängungen. Dabei schleicht sich Moses durch seine Erzählungen in Sophies Leben ein, eine "Art Liebe" entwickelt sich zwischen beiden. Mit ihrem Roman knüpfe Katharina Hacker ein "dichtes Netz von Bezügen zwischen Vergangenheit und Gegenwart", erklärt Martus, es gehe um die deutsche Geschichte, das Verhalten der französischen Kollaborateure, um Verrat, Schuld, Verantwortung und Buße, und um das Verhältnis von Judentum und Katholizismus. Stilistisch findet Martus den Roman mit seinen für jüngere Prosa typischen Kurzsätzen in seinen berichtenden Passagen am stärksten. Bei Darstellungen und Stimmungsbildern erscheint ihm Hackers Prosa indes ein wenig zu betulich, ja fast ein wenig kitschig.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.10.2003

Dieser Roman ist ein heikles Projekt, eine "angestrengte, bemühte Gratwanderung", warnt Sabine Peters und schickt sogleich hinterher, dies sei kein Vorwurf an die Autorin, sondern vielmehr Anerkennung der Tatsache, dass ein Schreiben, das um das Unbeschreibliche, das Unsagbare kreise, auch Distanz wahren müsse. Unschwer zu erraten, dass das Thema von Katharina Hackers Roman das Verhältnis von Deutschen und Juden aufnimmt. Hacker übersetzt aus dem Hebräischen und hat, lässt Peters einfließen, wie ihre Ich-Erzählerin Sophie eine Zeitlang in Jerusalem gelebt und studiert. Für einen befreundeten Rechtsanwalt soll Sophie die Lebensgeschichte eines Freundes aus dem katholischen Internat, in welchem er überlebte, recherchieren, aufschreiben und gegebenenfalls hinzuerfinden. Im Laufe des Romans tauchten immer mehr Zweifel an dieser Freundschaft auf, erzählt Peters, die Autorin deute einen frühen Verrat an. Peters hält es für keine Überinterpretation, wenn sie vermutet, die Autorin habe mit dem Freundschaftsverhältnis zwischen einem Juden und einem katholischen Ordensangehörigen ganz allgemein das komplizierte Verhältnis zwischen Juden- und Christentum thematisieren wollen. Leider, wendet Peters zum Schluss als einziges gegen das Buch ein, werde die Erzählerin selbst nur sehr schemenhaft skizziert.
Stichwörter