Kathrin Passig

Vielleicht ist das neu und erfreulich

Technik. Literatur. Kritik
Cover: Vielleicht ist das neu und erfreulich
Droschl Verlag, Graz 2019
ISBN 9783990590294
Kartoniert, 120 Seiten, 15,00 EUR

Klappentext

Das Internet hat es nicht leicht: Mittlerweile kaum noch wegzudenken aus unserem Alltag steigen auch die Erwartungen in vielerlei Hinsicht. Eine ganz neue Form von Literatur soll das Netz hervorbringen oder gar exorbitanten Einfluss auf die Schreibenden aller Art haben. So lauten nur zwei Erwartungshaltungen. Das www ist zwar groß und weit, aber ein bisschen viel ist das schon verlangt, nicht wahr? Insbesondere, wenn das alles am besten über Nacht geschehen soll. Kathrin Passig rückt die Fakten zurecht und zeigt, was sich bislang bereits verändert hat; ob das Internet und Literatur kompatibel sind; wie Mensch und Maschine zusammenarbeiten (können); warum gerade Lyrik auf Twitter floriert; welche sozialen Funktionen das Buch besitzt; wie sich der mediale Fortschritt auf das Schreiben und Lesen auswirkt und sie erklärt, warum es vollkommen verfehlt ist, alle paar Jahre das Scheitern der Netzliteratur auszurufen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.07.2019

Oliver Pfohlmanns Kritik ist ein Heldenstück der Selbstreflexion, denn die Autorin stellt dem Genre und dem Ort, in dem er schreibt, kein gutes Zeugnis aus. Passig hat in ihren hier gesammelten Grazer Poetik-Vorlesungen sozusagen einen umgekehrt proportionalen Relevanzindikator entdeckt, berichtet der Rezensent. Dies gelte zumindest, was literarische und künstlerische Gattungen angeht: Was die Feuilletons runterschreiben, erweist sich bei näherer Betrachtung der Autorin als relevant und zukunftsversprechend, kollaboratives Schreiben etwa. Solche Themen nennt sie "vielversprechende Verachtungsthemen". Was die Feuilletonisten an neuen Phänomenen dagegen hochschreiben - etwa Computerkunst -, sei generell eher zum Abwinken. Denn Computer, so der zustimmend referierende Pfohlmann, böten auch nur ein Kaleidoskop von Zutaten, die vorher von Menschen hineingetan worden seien. Wer wissen will, wohin sich Schreiben wirklich entwickelt, der ist gut beraten, bei Passig nachzulesen, versichert Pfohlmann glaubhaft.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.06.2019

Es geht auch um "Abrechnungen" in den hier vorliegenden Grazer Vorlesungen der Autorin, die Rezensent Oliver Jungen mit großer Verbeugung "eine der hellsichtigsten und literarisch erfahrensten" Beobachterinnen der Bloggerszene nennt. Abgerechnet wird mit all jenen, die so taten, als schrieben sie irgendwie digital, kollektiv oder bloggend - und dabei doch nur zeigen wollten, dass das nicht (gut) ginge. Solche literarischen Aktivitäten zeigen der Autorin vor allem die Angst vor dem Neuen. Ein Beispiel sei für sie Jonathan Franzen, der sich wortreich mit den sozialen Netzen beschäftige und dabei in reichlich Widersprüche verwickelt habe, wie Jungen liest. Dann widmet sie sich, so der beeindruckte Rezensent, mit großer Kenntnis dem "Zukunftsweisenden" in der Schreiberei, das sie tatsächlich bei Buch-Bloggern, im Self-Publishing und in der Pornografie ausmache. Mit Blick auf Lyrik-generierende, zwischen Mensch und Maschine kollaborierende Systeme oder Robotik, die  journalistische Sprach-Bausteine verwende, überbewerte Passig die Künstliche Intelligenz nicht. Denn am Ende, so analysiere sie, sei immer auch ein Mensch am Produktionsprozess beteiligt. Passigs "Infragestellung der alten Genieästhetik", die hierin auch liege, findet der Kritiker jedenfalls ziemlich überzeugend.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de