Loic Wacquant

Leben für den Ring

Boxen im amerikanischen Ghetto
Cover: Leben für den Ring
UVK Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 2003
ISBN 9783896697882
Broschiert, 294 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Jörg Ohnacker. Loic Wacquant beschreibt die Kunst des Boxens und ihre sozialen Kontexte im schwarzen Ghetto der South Side von Chicago - aus einer Perspektive, die sich radikal der teilnehmenden Beobachtung verschreibt: Loic Wacquant tauchte während seines Promotionsstudiums an der University of Chicago für mehrere Jahre in die Szene eines lokalen Box-Clubs ein und unterwarf sich der strengen Disziplin der Boxer, die sowohl das Training selbst wie auch das gesamte Leben außerhalb des "Gyms" umfasst. Durch diese "beobachtende Teilnahme" erschloss er die soziale und sinnliche Logik eines Sports, den die meisten nur als mediale Großereignisse von Titelkämpfen kennen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.04.2004

Bettina Engels feiert diese "Mischung aus empirischer Sozialstudie, ethnographischem Tagebuch und klassischem Bildungsroman" aus der Feder des in Berkeley lehrenden französischen Soziologen Loic Wacquant als ein "theoretisch anregendes, leidenschaftliches und sehr spannendes" Werk. Wie Engels berichtet, ist der Autor dafür Mitglied in einem der traditionellen Boxclubs Chicagos geworden - ursprünglich nur, um "die Struktur und Funktion des schwarzen Ghettos von Chicago im postfordistischen und postkeynesianischen Amerika" als "teilnehmender Beobachter" zu analysieren, wie es im Buch heißt. Herausgekommen ist, wie man erfährt, nun aber eine Studie, die zudem Pierre Bourdieus Habitus-Theorie "radikalisiert", und deren zentrale These in Zweifel zieht, wonach "die Verinnerlichung oder Verkörperung des Sozialen letztlich", wie Engels referiert, "von der Klassenzugehörigkeit eines Menschen abhängt." Der bürgerliche Autor beansprucht dagegen, im Ghetto-Gym an sich selbst seine Gegenthese überprüft zu haben: dass der Prozess der Ausbildung des Habituellen sich nämlich "vor allem am Körper" vollziehe. Obwohl es hier letztlich unentschieden bleibe, so Engels, sei die ausgesprochen optimistische Pointe des Buches, dass es so zugleich einen möglichen Weg zur Überwindung von Klassen- und Rassenschranken zu suggerieren versuche.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.11.2003

Loïc Wacquants "fulminante Sozialstudie" über den Körper des Boxers und die Macht der Gesellschaft, für die der Soziologe und Bourdieu-Schüler selbst zum Boxer wurde, hat Rezensent Andrew James Johnston außerordentlich fasziniert. Wie er berichtet, hat sich Wacquant einem jahrelangen harten Training in einem Chicagoer Boxclub, mitten in einem Schwarzenghetto, unterzogen, um zu zeigen, wie sich eine soziale Identität in den Körper einschreibt. Nach einer ethnografischen Darstellung des Boxclubs, seiner Rituale, Strukturen und Hierarchien sowie der Beschreibung eines Profiboxturniers in einem Nachtclub schildere Wacquant seinen Auftritt bei den Golden Gloves. Der Leser erlebe diesen Kampf als "exstatischen Initiationsritus", über den Wacquant vollständig in die Welt der Boxer aufgenommen und von den schwarzen Kämpfern als ihresgleichen anerkannt wurde. Eine Illusion, die Wacquant bewusst zerstöre, wenn er seinem Trainer gestatte, "ihn in seine Außenseiterposition zurückzustoßen, in die Position des privilegierten Weißen, der sich mit wissenschaftlichem Voyeurismus unter die schwarzen Athleten mischt". So zeige Wacquant, dass die Ausbildung eines Habitus, trotz aller Wichtigkeit des Körpers hierfür, ein gesellschaftlicher, nicht zuletzt auch an die Macht ökonomischer Lebensbedingungen gekoppelter Prozess ist.
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