Louis Begley

Schmidts Einsicht

Roman
Cover: Schmidts Einsicht
Suhrkamp Verlag, Berlin 2011
ISBN 9783518422502
Gebunden, 415 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Christa Krüger. Schmidt hat alles: Nach seiner vorzeitigen Pensionierung ist der frühere Anwalt Direktor einer Stiftung; eine Aufgabe, die ihn auf Reisen um die Welt schickt. Seine Hoffnung auf ein Enkelkind scheint sich zu erfüllen, die Frauen liegen ihm nach wie vor zu Füßen. Einerseits. Andererseits hat ihn Carrie, seine jugendliche Freundin, wegen eines anderen, jüngeren verlassen. Jetzt erwartet sie ein Kind und weiß nicht, wer von beiden der Vater ist. Auch Schmidts Tochter Charlotte zieht sich immer mehr zurück, in ihre eigene Welt aus Teilnahmslosigkeit und Hass. Dabei droht sie nicht nur, sich selbst zu zerstören. Einziger Lichtblick ist Alice, eine Frau, die er vor Jahren bewundert hat, und die plötzlich wieder in sein Leben tritt...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.01.2012

Tilman Urbach findet es falsch, in Louis Begleys Romanfigur Schmidt schlicht ein Alter ego des Autors zu sehen und warnt vor autobiografischen Kurzschlüssen. In seinen "Schmidt-Romanen", von denen jetzt ein dritter Band vorliegt, gehe es dem Autor darum, die wechselnden Seelenlagen seines Helden auszuloten, und damit steht er für den Rezensenten in der Nähe von Autoren wie John Updike, der laut eines berufenen Kritikers so etwas wie eine "emotionale Geschichtsschreibung Amerikas" betreibt, wie der Rezensent zustimmend zitiert. Schmidt versucht nun im vorliegenden Band nach dem endlich verwundenen Tod seiner Frau sein angeschlagenes Ich auf Vordermann zu bringen, sich um seine Tochter in der Krise zu kümmern und Alice, die ehemalige Frau eines Anwaltkollegen für sich zu gewinnen. Besonders einnehmend ist es für Urbach, dass Begley den alternden Upperclass-Anwalt Schmidt mit seinen antisemitischen Tendenzen und allen weiteren Schattenseiten darzustellen weiß und ihn dennoch so "sympathisch" zeichnet, dass sich der Rezensent am Ende richtig ungern von ihm verabschiedet.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.12.2011

Gähnende Langeweile hat Louis Begley mit seinem neuen Schmidt-Roman bei Eberhard Falcke ausgelöst, wofür dieser sich mit einer Fundamentalkritik an dem Schriftsteller rächt, den er für völlig missverstanden respektive überschätzt hält. Meist nämlich rechne die Kritik es Begleys Romanen positiv an, wie oberflächlich und leer die Welt der Finanzanwälte in ihnen erscheint, doch Falcke erkennt darin den Substanzmangel des Autor selbst. Begley will nichts und niemanden entlarven, ist Falcke überzeugt, er glaubt tatsächlich, dass jemand, der Geld und einen Harvard-Abschluss in der Tasche hat, kein schlechter Mensch sein kann. Und deswegen sei die Oberfläche des saturierten Lebens auch alles, was Begley interessiere: "Mein Haus, mein Garten, mein Geld, meine Großzügigkeit, meine Frauen und was ich mit ihnen im Bett mache." Das ergibt vielleicht eine Dividende, zuckt Falcke die Schultern, aber doch kein Leben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.12.2011

Worum geht es in diesem Roman? Biblische Konflikte, so Rezensentin Meike Fessmann. Schmidt, zum dritten Mal Held in einem Begley-Roman, verliebt sich in eine Frau, in die er vor Jahren schon mal verliebt war. Tod und Unfälle in der Familie geschehen, Ressentiments gegen Juden, Vietnamkrieg und Abu Ghraib spielen eine Rolle - Fessmann belässt es bei wolkigen Andeutungen. Nur soviel erfahren wir zum Schluss noch: Auch wenn es am Ende um Schuld und Scham geht, am Anfang steht "schlechter Sex". Diese Erfahrung findet Fessmann als Auslöser für menschliche Katastrophen aller Art etwas überbewertet.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.11.2011

Rezensentin Sandra Kegel vermutet, dass "Schmidts Einsicht" der letzte Teil von Louis Begleys "fulminantem Roman-Reigen" um den ambivalenten New Yorker Anwalt Albert Schmidt sein könnte. Denn in diesem dritten Teil scheine der Autor die in den Vorgängern begonnenen Handlungsstränge und Schmidts Suche nach der eigenen Identität zu ihrem Ende zu führen. Distanziert, "elegant" und ganz ohne Romantik berichte Begley wie sein gefühlskalter, snobistischer und selbstmitleidiger Held am Silvestermorgen 2009 auf die letzten Jahre zurückblicke. Der Kritikerin begegnet hier noch einmal Schmidts Geliebte Alice, die ihn aus Paris besucht und doch nur eine Affäre wünscht oder seine Tochter Charlotte, mit der es erneut einige Kriege auszufechten gilt. Darüber hinaus liest Kegel einen feinsinnigen Gesellschaftsroman, in dem Begley ein schonungsloses Porträt der eiskalten Erfolgsmenschen der spätkapitalistischen Ära der neunziger Jahre zeichne.
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