Marc Degens

Selfie ohne Selbst

Cover: Selfie ohne Selbst
Berenberg Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783949203268
Gebunden, 96 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Man mache die eigene Person zur Linse, um sich selbst im klaren Licht zu erblicken, aber auch das, was einem zustößt. Das ist die ungewöhnliche Perspektive, mittels derer Marc Degens ein Stück Klatsch aus der intellektuellen Gegenwart Berlins in eine autobiografische Operation am offenen Herzen verwandelt. Seine Bühne ist der Kreis um Katharina und Michael Rutschky, in dessen vor zwei Jahren ver öffentlichten Tagebüchern der Autor sich selbst wiederfand, eher erschrocken als geschmeichelt. Sein Bericht über ein Stück höfische Kultur im 21. Jahrhundert und was sie anzurichten imstande ist, hat es in sich. Wie das eigene Leben von den hierarchischen Zufällen in einem eifersüchtig umtanzten Zirkel hin- und hergeworfen wird und welche Kollateralschäden dabei drohen, diese überaus ernsthafte Burleske wurde so noch niemals aufgeschrieben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.07.2022

Rezensent Lothar Müller merkt, wie schwach der "Abwehrzauber" gegen die "Zumutungen der Autofiktion" tatsächlich ist, während er sich mit Marc Degens' Auseinandersetzung mit den Tagebüchern von Michael Rutschky befasst. Die Kränkung des Schülers, der in den Aufzeichnungen seines Mentors schlecht wegkommt, ist für Müller im Buch deutlich wahrnehmbar. Dass die Geste der "Revanche" bei Degens nicht stärker ausfällt, findet Müller immerhin bemerkenswert. Eine "Restverehrung" des Autors für Rutschky bleibt für den Rezensenten spürbar.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.05.2022

Rezensent Frank Schäfer freut sich über Marc Degens' sehr persönlichen Essay, in dem der Schüler des Merkur- und Alltag-Herausgebers Marcel Rutschky einerseits seinen Freund und Mentor ehrt, andererseits aber differenziert Stellung zu den für viele beleidigenden Tagebüchern "Gegen Ende" bezieht, in denen auch Degens laut Schäfer selbst schlecht wegkam. So lasse Degens in seinem Kommentar zur Diskussion um die Tagebücher seine Gefühle von Scham oder Wut zu, beobachtet sich selbst dabei aber immer auch mit einiger Distanz, wie Schäfer lobend vermerkt. Zudem gelinge es Degens, das Bild des am Lebensende nur noch aufs Negative fokussierten "Rumpelstilzchens" Rutschky um ein paar freundliche Noten zu ergänzen - etwa, wenn er von gelungenen Treffen mit Rutschky oder von dessen Begeisterung für nächtliche Autofahrten mit Madonna-Soundtrack berichtet. Eine angenehm "wohlwollende" und kluge Reflexion auf das autobiografische Schreiben, mit der Degens sich einerseits in die Rutschky-Tradition einreiht, den Meister aber an keiner Stelle verherrlicht, schließt der Kritiker anerkennend.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.03.2022

Schriftsteller Jochen Schimmang lobt Marc Degens für sein "großes kleines Buch" über den in Kreuzberg weltberühmten Herrn Michael Rutschky und den "Rutschky-Kreis". Vor allem der Umstand, dass der Autor nicht bitter und böse mit Rutschky abrechnet, obgleich jener in seinen Tagebüchern reichlich böses Blut angeregt hat, erfüllt Schimmang mit Achtung. Groß ist Degens in seinen autofiktionalen Erinnerungen laut Rezensent deshalb, weil er die Ebene der (Selbst-)Reflexion und Analyse nie verlässt, Distanz hält und den Fall Rutschky zum Anlass nimmt, um über intellektuelle Kreise nachzudenken, über den kulturellen Betrieb und über Rutschkys Arbeit.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.02.2022

Für Rezensent Harry Nutt ist Marc Degens' Buch nur auf den ersten Blick ein Schlüsseltext für all diejenigen, die sich einmal für Rutschky-Schüler hielten und beim Lesen von Michael Rutschkys Tagebüchern dann bitter enttäuscht wurden, weil der Autor sie wenig schmeichelhaft und oft falsch zeichnete oder zitierte. Vor allem ist es ein Buch über die Frage nach der "schriftstellerischen Wahrhaftigkeit", das einer Verunsicherung entspringt, meint Nutt. Auch als Selbstbefragung in Hinsicht auf Eitelkeit und das eigene Schreiben in einem sich um sich selbst drehenden Kulturbetrieb taugt die Lektüre, findet er. Und schließlich als Emanzipationsgeschichte eines Schriftstellers.