Marlene Streeruwitz

Tage im Mai

Roman
Cover: Tage im Mai
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2023
ISBN 9783103973501
Gebunden, 384 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Türkischen von Gerhard Meier. Aus dem Prater schallt vergnügtes Lachen herüber. Konstanze nimmt es wahr wie ein Echo aus ferner Zeit, als sie noch nicht auf ihren Impfpass reduziert und vom Leben abgeschnitten war. Jeden Tag einen Clip auf TikTok, um für die Welt sichtbar zu sein. Veronica hat den Job als Rezeptionistin gegen ihr Studium eingetauscht und überlegt, ob sie vegetarisch oder vegan leben soll. Beide sind abends auf Netflix: Dort träumt Anita Rodriguez im Buenos Aires der Dreißigerjahre von einer Karriere als Sängerin. Konstanze und Veronica fiebern mit. Ihre Textnachrichten über die Serie werden zum einzigen Austausch zwischen Mutter und Tochter. Bringt das Frühjahr endlich die Befreiung von Isolation und Lockdown? Marlene Streeruwitz erzählt die Geschichte ihrer Heldinnen mit Blick auf das aktuelle Geschehen: "Tage im Mai."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.08.2023

Eigentlich hat Rezensent Tobias Lehmkuhl diesen Roman sehr gern gelesen, der flott, witzig und klug erzählt sei. Aber. Und hier greift er eine Technik auf, die er Marlene Streeruwitz ankreidet: Ein Satz Lob oder Verurteilung (hier des Angriffs auf die Ukraine) und dann viele Sätze Relativierung. Die politischen Ansichten, die Streeruwitz in ihren Roman einflicht, gehen Lehmkuhl offenbar ziemlich auf die Nerven. Er empfindet sie als Relativierung des russischen Angriffs, garniert von Verschwörungstheorien: "Die Großmächte hatten beschlossen, dass ein friedliches Europa zu langweilig war. Dass Demokratie nicht ins Kraut schießen durfte", zitiert er die Autorin, die ihm anzudeuten scheint, dass die "Trumps", "Bidens", "Putins" und "Musks" sich verschworen hätten, die Demokratie zu zerstören. Lehmkuhl weiß wohl, dass die Ansichten einer Figur nicht die Ansichten eines Autors sein müssen. Aber.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 06.02.2023

Er sagt es offensichtlich gar nicht gern: Aber für Rezensent Christoph Schröder ist der Roman von Marlene Streeruwitz "das Symptom der künstlerischen Krise einer bedeutenden Schriftstellerin". Umso ausführlicher und behutsamer widmet er sich den Begleitumständen dieses Buches: Der Pandemie und der von Streeruwitz eingestandenen Depression. Beides zusammen habe die Kommunikation zu ihrer eigenen Arbeit zerstört, fasst Schröder Äußerungen der Österreicherin zusammen. Die Geschichte ihres neuen Romans ist für den Rezensenten insofern konsequent, als Streeruwitz über eine Frau und ihre Tochter schreibt, die kurz nach Beginn des Krieges in der Ukraine noch an den Nachwehen staatlicher Pandemiebekämpfung leiden. Doch die "Sprachmaschinerie rattert routiniert", seufzt der Rezensent, sie produziere nur noch Allgemeinplätze und der einst so effektvolle Sound gerate zum Selbstzweck. Schröder wünscht Streeruwitz von Herzen den von ihr selbst als notwendig erachteten Neuanfang.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.01.2023

Auf Marlene Streeruwitz und ihre Anti-Romane ist Verlass, meint Rezensent Paul Jandl. Und freut sich. Denn der neue Roman, so Jandl, ist so nah an der Gegenwart, dass es wehtut, wenn Corona, Ukraine-Krieg und der Stress zwischen Boomern und Doomern hier anhand einer mehr schlecht als recht durch allerhand existenzielle Krisen manövrierenden Mutter und ihrer dauerpessimistisch gestimmten Tochter ausbuchstabiert werden. So atmosphärisch treffsicher wie Streeruwitz kann keiner die Apokalypse einfangen, findet Jandl - auch nicht so komisch.