Martin Amis

Yellow Dog

Roman
Cover: Yellow Dog
Carl Hanser Verlag, München 2004
ISBN 9783446205246
Gebunden, 132 Seiten, 25,60 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Werner Schmitz. Xan Meo erwacht aus dem Koma und wird zum Rüpel, der König der Pornoindustrie dreht heimlich Videofilme über die Kronprinzessin, und Clint Smoker, Journalist eines Busenjournals, ist auch nicht ganz sauber.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.02.2005

Relativ unbeeindruckt zeigt sich Juan Moreno von der "Testosteronprosa", die "Berufsrebell" Martin Amis in seinem neuen Roman "Yellow Dog" zum Besten gibt. "Unkontrolliert" nennt er "Yellow Dog", "eruptiv", "zügellos", auch "laut, aggressiv und wütend". Aber Moreno sieht darin nur die Wut eines "plärrigen Kindes", das man im Zimmer eingesperrt habe, damit es sich beruhige, auf dessen Geschrei man irgendwann nicht mehr viel gebe. Amis' Hauptthese fasst Moreno dahingehend zusammen, dass Männer - trotz Aufklärung, Humanismus und Emanzipation - Schweine geblieben sind. Was ja vielleicht nicht ganz falsch sein mag. Nur hätte Amis, um das zu verdeutlichen, nach Morenos Ansicht, nicht über Sex mit Kindern schreiben müssen, wie er dies in einem der diversen Erzählstränge des Bandes tut. In anderen Erzählsträngen gehe es um einen widerlichen Skandal-Reporter, um Nacktaufnahmen in der englischen Königsfamilie, um die Pornoindustrie in Hollywood, um einen Heckenschützen, der Pornodarsteller verstümmelt, um einen Berufsschläger, der als einziger im Buch ein aufrichtiger Kerl zu sein scheint, und schließlich um einen Meteoriten, der die Welt bedroht. Dass am Ende eine zusammenhängende Struktur zu erkennen ist, interessiert laut Morena bald nicht mehr. Neben kritischen Tönen hat er auch Gutes zu vermelden: Er bezeichnet Amis als "sprachmächtigen Autor" und manche seiner Beobachtungen findet er "wunderbar". Doch gibt es zwischen den "schönen Passagen" zu seinem Bedauern "einfach zu viel Krach, zu viel Blut und entschieden zu viel Sperma." Am Ende bleibt bei Moreno nur das Gefühl, "dass es verdammt anstrengend sein muss, Martin Amis, der Rebell, zu sein."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.10.2004

Hätte Martin Amis doch das starke Hauptthema dieses Romans, die "unverschuldete pathologische Perversion", stärker ausgebaut, seufzt Jan Bürger. Da, und nur da, bekommt der Leser diese "verstörenden Szenen voller schwarzem Humor" serviert, wie man sie sonst von keinem anderen zeitgenössischen britischen Autor zu lesen bekommt, außer vielleicht von Will Self. Aber leider gesellen sich zur Beschreibung des dauererregten Xan Meo noch andere Erzählstränge - über einen Flugzeugabsturz, ein Busenmagazin oder das englische Königshaus - die den Rezensenten eher langweilen. "Wie oft läuft die virtuose Pointenmaschine in den elf langen Kapiteln des Romans leer", klagt er. Zwar löse sich die komplizierte Erzählstruktur schließlich doch irgendwann auf, und das sogar "tatsächlich plausibel". Aber das kann das Buch für Bürger auch nicht mehr retten. Es erinnert ihn an die Spätprogramme der Privaten.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.10.2004

Nein. Das geht Sebastian Domsch doch zu weit. Zwar findet er die Kerngeschichte von Martin Amis' Geschichtengewimmel, das er im Roman "Yellow Dog" versammelt, vielversprechend: ein sympathischer Kerl, Schauspieler und Schriftsteller, erhält einen Schlag auf den Kopf und ist mit diesem Schlag verwandelt - in eine unsittliche, egoistische, asoziale Figur. Aber auch diese Story löst ihre vielen Versprechen nicht ein, weil es alles einfach zu viel ist - zu viel narrative Grellheit, zu viel Schriftstelleraggressivität, zu viel Wille, es allen zu zeigen, alles zu toppen, alles besser, neuer und schneller zu machen. Von der Gosse springt die Erzählung durch die Betten des englischen Königshauses hinüber in die Pornobranche Hollywoods, die von einem Serienkiller belästigt wird. Im Endeffekt, so Domsch, kommt bei diesem ganzen Zuviel nicht viel heraus außer dem Eindruck, dass hier ein hochtalentierter Schriftsteller übers Ziel hinausgeschossen ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.09.2004

Der Veröffentlichung dieses Romans ist eine regelrechte Schlammschlacht in den Medien vorausgegangen, berichtet Thomas David, wie sie nicht besser hätte in einem der früheren Romane von Martin Amis beschrieben werden können. Jüngerer Schriftsteller beschimpft älteren Kollegen als drittklassig und putzt ihn öffentlich für seinen neuesten Roman herunter, ein Showdown, auf das sich die Medien letzten Sommer mit Wonne stürzten. Amis' Angreifer heißt Tibor Fischer, teilt David mit, kann dessen gehässige Kampagne jedoch nicht nachvollziehen. Würde das Buch von einem jüngeren Autor stammen, erzielte es vermutlich sogar einen Achtungserfolg, mutmaßt er. Dennoch muss er Amis' Kritikern insofern beipflichten, als dass "Yellow Dog" nach acht Jahren literarischer Abstinenz weit hinter Amis' frühere stilbildende Bücher zurückfällt und sich liest, als versuche jemand, Amis zu kopieren. Nicht gerade ein Kompliment. Es mag daran liegen, überlegt David, dass Amis einen als trashige Satire verkleideten Sittenroman schreiben wollte, ein "neongrelles Märchen", das in mehreren Parallelgeschichten von Mord und Totschlag, Schuld und Sühne, von Sexualität und Vermarktung handelt. Leider blieben die vielen Floskeln des Romans hängen und ließen zwar die gute Absicht spüren, was aber noch lange keinen guten Text ergäbe, beanstandet unser Rezensent. Herbe Enttäuschung seinerseits.
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