Michal Witkowski

Queen Barbara

Roman
Cover: Queen Barbara
Suhrkamp Verlag, Berlin 2010
ISBN 9783518126059
Gebunden, 252 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Polnischen von Olaf Kühl. Tagsüber ist Hubert Kleinganove und betreibt eine Pfandleihe im Kohlenpott Polens der achtziger Jahre. Nachts vor dem Spiegel und mit Perlen geschmückt nennt er sich Barbara Radziwill nach der Königin von Polen und Großfürstin von Litauen. Sein Geld verdient er mit "Baguette überbacken", dem Dönerkebab der Volksrepublik. Und mit gestohlenen Chrysanthemen vom Friedhof. Wenn es eine Schuld einzutreiben gilt, sind seine "Hofdamen" zur Stelle, Sascha und Felus. Die beiden Ukrainer wissen, wie sie ihn um den Finger wickeln können.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.07.2010

Mit seinem allerlei Schwules offen thematisierenden Erstling "Lubiewo" war dem Autor Michal Witkowski vor fünf Jahren etwas wie ein Kultroman gelungen. Die Rezensentin Marta Kijowska war vor der Lektüre des neuen, seines zweiten Romans "Queen Barbara" erst skeptisch und staunt nun umso mehr, dass sich Witkowski hier selbst übertrifft. Ich-Erzähler des in den neunziger Jahren spielenden, den Geist der Achtziger aber atmenden Buches ist ein Mann namens Hubert, der nach außen hin "Kleinganove", privat aber eine "alternde Tunte" mit einer Vorliebe fürs Aufbrezeln a la Königin Barbara Radziwill ist. Nicht zuletzt verstehe es Witkowski hervorragend, diese verschiedenen Ebenen auch durch sprachliche Manierismen und Anspielungen formal umzusetzen. In der Übersetzung, so gelungen sie sei, spüre der Nicht-Kenner davon allerdings wenig bis nichts. Was Kijowska zur Frage bringt, ob es wirklich sinnvoll ist, einen Autor wie Witkowski und nicht leichter zugängliche ins Deutsche zu übersetzen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.04.2010

Als "den polnischen Wenderoman" über den Traum vom Pelzmantel, der "nach dem Aufwachen nicht mehr wärmt", beschreibt Philipp Goll dieses Buch über die postsozialistische Ära nach 1990 in Polen. Insgesamt aber sieht der Kritiker den 1975 geborenen Michal Witkowski hier seine "Tuntenchronologie" fortschreiben, mit der er nebenbei ein Panorama der Schwulenszene im Kommunismus entwirft, wie Goll schreibt. Das macht das Buch aus seiner Sicht auch zum Gegenentwurf von Andrzej Stasiuks Kapitalbrutalos aus "Neun". Denn die Titelheldin parliere in ihren Memoiren hier ebenso versiert über Zbigniew Herbert wie über den Kosmetikriesen L'Oreal. Insgesamt empfindet der Kritiker die Art, wie sich Witkowskis Held Hubert hier als Drag Queen inszeniert und polnische Verhältnisse im Spiegel dieser Carmouflage darreicht, als Geniestreich.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.03.2010

Dass sich im traditionellen Ton gepflegter Adelsplauderei über den mentalen und ästhetischen Umbruch im Polen der 90er Jahre erzählen lässt, und zwar mit Gewinn für den Leser, hätte Stefanie Peter nicht gedacht. Das Gelingen dieses Experiments hat für sie viel mit der Einfühlsamkeit Michal Witkowskis zu tun. Wie Peter erklärt, gelingt es dem Autor, die kleinen Glücksmomente im trübseligen Dasein seiner Figuren, polnischer Homosexueller, gesellschaftlicher Außenseiter in einer oberschlesischen Bergarbeiterstadt, zum Strahlen zu bringen. Den bekannten Geschichten vom Überlebenskampf in der osteuropäischen Provinz gewinnt das Buch mit seiner Verschränkung von Schwulen- und Adelskultur eine Seite ab, für die sich die Rezensentin begeistern kann.
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