Andrzej Stasiuk

Dojczland

Ein Reisebericht
Cover: Dojczland
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008
ISBN 9783518125663
Gebunden, 93 Seiten, 9,00 EUR

Klappentext

Aus dem Polnischen von Olaf Kühl. "Beim Anblick eines Mercedes die Tränen runterschlucken. In die silberne Zigarre des ICE steigen, Herbst im Herzen. Durch das Olympiastadion in Berlin spazieren und eine Zigeunermelodie aus Siebenbürgen vor sich hinsummen." Der Erzähler, ein literarischer Gastarbeiter auf Lesereise kreuz und quer durch die Bundesrepublik, verbirgt nicht, dass er lieber auf dem Bukarester Gara de Nord als am Stuttgarter Hauptbahnhof angekommen wäre. So selbstironisch spielt Stasiuk mit Ängsten, Vorurteilen und Klischees, den eigenen, den fremden, dass ihn ein polnisches Skandalmagazin als "bezahlten Einflussagenten Berlins" anprangerte.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.01.2009

Rezensent Jörg Magenau ist ausgesprochen froh, dass Deutschland "oder vielmehr Dojczland" zur literarischen Topografie dieses Schriftstellers gehört. Denn den Reportagen, die Andrzej Stasiuk über das Land geschrieben hat, wann immer er dort auf Lesereise unterwegs gewesen ist, konnte er viel abgewinnen. Was Stasiuk über Deutschland schreibt, klingt für ihn nach einer "fortgesetzen Psychoanalyse" und "Trauma-Erneuerung", aber auch nach viel Sinn fürs Lesen von Absonderlichkeiten, von Landschaften und Gegenden im Um- oder Aufbruch. Aber auch hintergründige Parallelen zwischen scheinbar so Unvergleichbarem wie Bukarest und Stuttgart arbeitet Stasiuk dem hochinspirierten Rezensenten zufolge subtil heraus, der von ihm schließlich das Prädikat "humorbegabter Melancholiker" erhält.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2008

Was für ein unangenehmer Geselle, dieser Ich-Erzähler, stellt der Rezensent Konrad Schuller fest. Schuller will sich gar nicht beklagen, denn er billigt dem dauerbesoffenen Stinkstiefel, der hier so programmatisch autistisch eine Reise durch Deutschland - vielmehr, soviel orthografische Distanz muss sein, "Dojczland" - macht, Gründe zu. Keine guten vielleicht, aber alte, die aus der schwierigen deutsch-polnischen Vergangenheit bis in die Gegenwart reichen. Allerdings verkennt der Reisende, der sich so entschlossen abschottet, der niemanden in Deutschland kennenlernt oder kennenlernen will, seine eigene Haltung. Mit "Psychoanalyse" hat das, anders als er glaubt, gar nichts zu tun. Ist alles, konstatiert Schuller, Verdrängung. Wie man sie auch von den Kaczynskis kennt. Und doch gibt es Hoffnung, am Ende nämlich schildert das Ich, das in seiner Fantasie zuvor noch den Berliner Hauptbahnhof unter Wasser setzt, ein Wunder: Der deutsche - und wohl nicht dojcze - Papst, der in Auschwitz kniet. Der Blick zurück, vom Flugzeug aus: "Goldenes Feuer, purpurnes Blut".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.09.2008

Über Andrzej Stasiuks Bericht von seinen Lesereisen durch Deutschland hat sich Jörg Plath trotz oder vielleicht gerade weil sie gnadenlose "Klischeemühlen" sind, zum größten Teil glänzend unterhalten. Der polnische Erfolgsautor, der in seiner Heimat für dieses Buch von konservativer Seite wegen seiner "despektierlichen" Haltung gegenüber Polen angegriffen wurde, ruft sämtliche Klischees über Deutsche und Polen auf, die man sich nur denken kann und "schwadroniert" munter dahin, stellt der Rezensent amüsiert fest. Dadurch entsteht eine Reibung von "Eigen- und Fremdklischee", die Plath durchaus fruchtbar zu finden scheint. Zudem findet der Rezensent es beeindruckend, wie der Autor, der sich in diesen Reiseberichten als trinkfeste slawische Seele inszeniert, en passant aber eben sehr eindrucksvoll, auch die Nazi-Vergangenheit Deutschlands in den Blick nimmt.
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