Nagib Mahfus

Der letzte Tag des Präsidenten

Roman
Cover: Der letzte Tag des Präsidenten
Unionsverlag, Zürich 2001
ISBN 9783293002883
Gebunden, 117 Seiten, 14,83 EUR

Klappentext

Aus dem Arabischen von Doris Kilias. Der ägyptische Autor Nagib Machfus schildert in diesem Roman das Lebensgefühl während der Ära Sadat. Er erzählt die Geschichte von Randa und Alwan, die schon seit Jahren verlobt sind. Nie werden sie genug Geld zusammenbringen können, um sich eine Hochzeit zu leisten. Zermürbt und verzweifelt trennen sie sich und suchen jeder das Glück auf eigene Faust. Als eines Tages der Präsident ermordet wird, beeinflusst dieses Ereignis das Schicksal der beiden auf tragische Weise.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.12.2001

Diese Rezension hat zwei Anlässe: das ist zum einen der 90. Geburtstag des Autors, der als erster Schriftsteller der arabischen Welt 1988 den Nobelpreis erhalten hat, und zum zweiten das Erscheinen von Machfus' jüngstem Roman auf deutsch. Etwa die Hälfte des Artikels widmet Renate Wiggershaus diesem Roman, der am Tag des Attentats auf den ägyptischen Staatspräsidenten Anwar el Sadat spielt. Nur auf den ersten Blick sei es verwunderlich, schreibt Wiggershaus, dass Machfus zwar Sadats außenpolitischen Kurs gegenüber Israel unterstützt habe, zugleich aber, wie in diesem Roman geschehen, dessen Wirtschafts- und Sozialpolitik geißle. Machfus beschreibt exemplarisch an drei Personen die soziale Verelendung des ägyptischen Mittelstandes mitsamt den psychischen Folgen, eine Folge der von Sadat begonnenen Hinwendung zum Kapitalismus. Wiggershaus rekapituliert in ihrem Artikel noch einmal die ägyptisch-israelischen Beziehungen und das Engagement des Autors, der mit seinem aufgeklärten Verhältnis zur eigenen wie anderen Religionen selbst der islamistischen Fatwa anheim fiel und schwerverletzt ein Attentat überlebte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.12.2001

Man kann nicht sagen, dass sich Karl-Markus Gauß enthusiastisch über den neuen Roman des Nobelpreisträgers Machfus äußert, aber er scheint dennoch tief beeindruckt zu sein von dessen Abrechnung mit einer politischen Ära. Anhand zweier Morde, begangen zum einen an Präsident Sadat und zum anderem an einem korrupten Beamten, schildere Machfus eine Epoche in der ägyptischen Geschichte, die der Bevölkerung, ähnlich wie die vorangegangene, nicht viel Gutes gebracht habe. Die inneren Monologe der drei Erzähler fügen sich zu einem düsteren Gesellschaftsbild zusammen, so der Rezensent. Es sei ein "tieftrauriger" und "lapidarer Nachruf", den Machfus geschrieben habe.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.11.2001

Katharina Rutschky äußert sich ein wenig skeptisch zu dem Roman von Nagib Machfus, wobei ihre Kritik sich weniger auf den Inhalt bezieht als darauf, dass dieser Roman ohne Hintergrundwissen über die Politik und "Literatursoziologie" Ägyptens in seinen wichtigsten Botschaften dem Leser verschlossen bleibe. Im Mittelpunkt dieses Buches, das in der Regierungszeit Sadats spielt, steht ein Liebespaar, das aus Geldgründen nicht heiraten kann und sich jeweils einen älteren reichen Partner sucht . Rutschky bemerkt,. dass der Autor es offen lässt, ob es sich beim Mordversuch des Protagonisten am alten reichen Nebenbuhler um eine "lässliche Sünde" oder um ein wirkliches Verbrechen handelt. Rutschky, die dieses Geschehen mit dem Attentat an Sadat von 1981 in Beziehung setzt, liest daraus, dass Machfus nicht etwa Angst vor Zensur hat, sondern wirklich nicht weiß, "wohin die Reise der ägyptischen Gesellschaft geht".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.11.2001

Der Literaturnobelpreisträger Nagib Machfus, der im Dezember seinen 90. Geburtstag feiert, skizziert in seinem 1985 im Original erschienenen Buch das Leben der kleinen Leute in Ägypten, schreibt Alexandra Kedves. Und zwar das Ägypten Sadats, der in jenem Jahr durch ein Attentat sein Leben lassen musste. Der Autor erteilt in "moralisierendem Ton" jeglicher Gewalt eine Absage, was nicht erstaunt, wurde er doch selbst 1994 bei einem Attentat schwer verletzt, informiert die Rezensentin. Doch sein Anliegen, ein Porträt der mittelständischen ägyptischen Gesellschaft zu zeichnen, hält Kedves für gescheitert. Der "Balzac Ägyptens" lässt in diesem Roman seiner epischen Begabung keinen freien Lauf, seine Figuren sind "dumpf, dröge, eindimensional", zeigt sich die Rezensentin enttäuscht. Mag er sämtliche Grautöne des gesellschaftlichen Klimas auch gut getroffen haben, große Literatur kann in dieser Atmosphäre nicht gedeihen, mutmaßt die Rezensentin.