Norman Davies

Aufstand der Verlorenen

Der Kampf um Warschau 1944
Cover: Aufstand der Verlorenen
Droemer Knaur Verlag, München 2004
ISBN 9783426272435
Gebunden, 816 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Thomas Bertram. Unermessliches Leid, sinnloses Sterben, unlösbare moralische Konflikte und schändlichster Verrat - wie das Kräftespiel der Großmächte in einer ausweglosen politischen Situation über Warschaus Schicksal entschied. Hitler und Stalin waren sich einig darin, dass auf Warschau keine Rücksicht genommen werden konnte: Für die Wehrmacht war die Stadt die letzte Bastion, bevor die Kämpfe auf deutsches Terrain übergreifen würden. Und für die Rote Armee markierte die Überquerung der Weichsel den entscheidenden Schritt auf ihrem Marsch von Moskau nach Berlin. Gefangen zwischen den Fronten, an denen sich zwei totalitäre Mächte gegenüberstanden, richteten die Bewohner der Stadt all ihre Hoffnungen auf die Westalliierten, die 1939 für Polens Unabhängigkeit in den Krieg gezogen waren. Doch deren Armeen waren weit entfernt. Und so begann ein verzweifeltes diplomatisches Ringen, während in Warschau der Kampf um jedes einzelne Haus entbrannte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.01.2005

In seiner Besprechung rekapituliert Tomasz Nowak noch einmal die Ereignisse des Warschauer Aufstands von 1944, dieses, wie er meint, "relativ unbekannt gebliebenen" Kampfes der Warschauer Untergrundregierung gegen die Deutsche Wehrmacht, bei dem mehr als 150.000 Menschen umkamen. Der britische Historiker Norman Davies hat die Untersuchung des Aufstands nicht auf den 63 Tage dauernden Kampf beschränkt, sondern eingehend den historischen und politischen Kontext, seine "Vorgeschichte und Nachwirkung" beschrieben, lobt der Rezensent. Auch die Haltung der West-Alliierten und die Reaktion Stalins, der sich "von dem Aufstand distanzierte", werden eingehend geschildert, stellt Nowak zufrieden fest. Er findet, dass es dem Autor "hervorragend gelungen" ist, dieses im Westen kaum beachtete Geschehen mit seinem Buch ins "historische Bewusstsein der Leser zu rücken".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.09.2004

Ein wichtiges, überfälliges Buch: Der Aufstand der polnischen Armia Krajowa und ihr Kampf um Warschau 1944 gehören zu den aussagekräftigsten, doch zugleich am wenigsten erforschten Kapiteln des Zweiten Weltkriegs - nicht zuletzt deshalb, macht Cord Aschenbrenner in seiner Rezension klar, weil es die Nachkriegszeit und die Konstellation des kalten Krieges mit einleitete. Die polnische Heimatarmee mit ihrem Exilsitz in London blieb sich selbst überlassen - von den Briten kam kaum die erhoffte Unterstützung, und die Rote Armee, die bereits vor den Toren Warschaus stand, wurde von Stalin zurückgehalten, "um die aufständischen Polen, denen er keinen Anteil an der Befreiung ihres Landes zugestehen wollte, verbluten zu lassen". Daraus entstanden ein Jahr vor Ende des Krieges ernsthafte Spannungen zwischen Westalliierten und der Sowjetunion. Davies' Studie hat nun nach Ansicht Aschenbrenners gleich eine ganze Reihe von Verdiensten: Sie ist, trotz der nach wie vor widrigen Quellenlage (vieles liegt noch unter russischem und britischem Verschluss), eine gelungene Gesamtdarstellung des Aufstands, sie analysiert die politischen Implikationen für das weitere Verhältnis der drei alliierten Großmächte, und sie beschäftigt sich mit den Auswirkungen des gescheiterten Aufstands für Polen, bis in die Gegenwart hinein; und das alles mit beachtlichem "erzählerischen Können". Eine beeindruckende Darstellung, "an der sich etwa noch folgende werden messen lassen müssen".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.08.2004

Rezensent Christoph Klessmann bejubelt dieses "opus magnum" von Norman Davies. Gleichwohl habe sich Davies mit dem Warschauer Aufstand 1944 ein "besonders bitteres Kapitel der polnisch-deutsch-sowjetischen Geschichte" ausgesucht. Wie Klessmann ausführt, hat Davies sein "voluminöses" Buch in drei Abschnitte unterteilt: Der erste Teil befasst sich "genau" und weitgreifend mit den politischen Rahmenbedingungen des Aufstands, zum Beispiel der grausamen NS-Besatzungspolitik und dem gespannten polnisch-sowjetischen Verhältnis. Darauf folgt die "anschaulich geschriebene" Schilderung des 63 Tage dauernden Aufstands, der mangels alliierter Unterstützung von den Nazis brutal niedergeschlagen wurde. Der dritte Teil beinhaltet die "eingehend untersuchte" politische Nachgeschichte des Aufstands. Hier wird unter anderem die von Stalin angeordnete Verfolgung der ehemaligen Aufständischen beleuchtet - einer der "deprimierendsten Aspekte des Aufstandes", wie Klessman findet. Auch wenn Rezesent Klessmann Davies Sympathien "deutlich" auf Seiten der Aufständischen ausmacht, so lobt er dennoch die "bemerkenswert vorsichtigen" Quelleninterpretationen und die "differenzierten Urteile". Ein Beispiel dafür sei Davies Kritik an der Zurückhaltung Amerikas, die zwar scharf sei, dennoch aber von einem hohen Maß an Rücksicht auf die damals "schwierige Entscheidungssituation" zeuge. Alles in allem befindet Klessmann Davies Buch als die "bisher umfassendste" Studie zum Warschauer Aufstand.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.08.2004

Der sechzigste Jahrestag des Warschauers Aufstandes im Kampf um die polnische Unabhängigkeit kann nur mit Vorbehalt gefeiert werden, so der Rezensent Thomas Kreuder. Zwar sei der Aufstand für die jüngere polnische Geschichte von Bedeutung gewesen, doch führte er 1944 nicht in die erhoffte Freiheit. In der "umfangreichen Darstellung" von Norman Davies, bemerkt der Rezensent, finde man nun "sämtliche Informationen, um den Aufstand angemessen zu würdigen". Auf 700 Seiten entfalte der Historiker "ein breites Panorama", von der polnischen Vorkriegszeit bis zur stalinistischen Repression". Der Aufstand, der ungeplant vom 1. August bis zum 2. Oktober 1944 dauerte, musste verloren werden, so der Rezensent zusammenfassend, da wegen der eigenen politischen Interessen, weder die Rote Armee noch die Alliierten helfend einschritten. "So wurden Warschau, seine Bevölkerung und die mutige Heimatarmee zu den ersten Opfern des Kalten Krieges".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 29.07.2004

Sehr beeindruckt ist Elke Schubert von diesem "monumentalen" Buch des britischen Historikers Norman Davies über den so brutal von Wehrmacht und SS niedergeschlagenen Warschauer Aufstand. Auch wenn Davies diese Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt, so Schubert, gelten seine Sympathien eindeutig den polnischen Aufständischen, die von der ganzen Welt im Stich gelassen wurden. So untersucht Davies zunächst die Situation vor der Erhebung und dann minutiös die 63 Tage des Aufstands selbst, dem die Rote Armee vom anderen Weichselufer aus zusah und den die Deutschen mit der kompletten Zerstörung vergalten. Schließlich lotet er die Folgen bis zum Jahr 2000 aus, referiert die Rezensent. Interessant findet sie auch, wie Davies die Rolle der westlichen Alliierten in den Blick nimmt, die aus Rücksicht auf ihren Verbündeten Stalin den Aufständischen auch nicht zu Hilfe kamen. Und das alles, versichert Schubert, erzähle Davies in "bester angelsächsischer Tradition" - also bestens lesbar.