Paul Auster

Das Buch der Illusionen

Roman
Cover: Das Buch der Illusionen
Rowohlt Verlag, Reinbek 2002
ISBN 9783498000523
Gebunden, 383 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz. Professor David Zimmer (bekannt aus "Mond über Manhattan") ist ein gebrochener Mann, seit seine Frau und seine Kinder bei einem Flugzeugabsturz starben. Nur die Arbeit an einem kleinen Buch über einen 1929 verschollenen Stummfilmkomiker namens Hector Mann erhält ihn am Leben. Dann geschieht Seltsames: Auf mysteriöse Weise tauchen Manns verloren geglaubte Filme wieder auf. Und eines späten Abends steht eine attraktive junge Frau vor der Tür von Zimmers Haus in Vermont und fordert ihn auf, sofort mit ihr nach New Mexico zu fliegen...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.08.2002

Jörg Magenau ist begeistert von diesem neuen Roman des Amerikaners Paul Auster, den er einen "Zeremonienmeister des Zufalls" nennt. Das Buch funktioniert seiner Meinung nach auf verschiedenen Ebenen: als unterhaltsame, wenn auch fordernde, weil an Zeichen reiche Lektüre, aber auch als philosophische Abhandlung über das Verborgene und scheinbar Unbedeutende. Denn hinter Austers Büchern, so Magenau, steht die Annahme, "dass man ein Leben nur genau genug betrachten muss, um geheime Muster auch da zu entdecken, wo bloß Chaos zu herrschen scheint". Und diese "Vervielfältigung der Perspektiven" ist es für Magenau, die Austers Bücher so ergiebig und vielschichtig machen. Auster sei mit diesem Roman zum "epischen Erzählen" zurückgekehrt und setze - wohl als Folge seiner eigenen Filmarbeiten - filmische Techniken wie Rückblenden verschiedene Schnitttechniken "gewinnbringend" ein. Das ist Unterhaltung auf "hohem Niveau", verspricht der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.08.2002

Nicht ganz warm wird Gerrit Bartels mit Paul Austers "Buch der Illusionen" von. Im Mittelpunkt der verschiedenen Geschichten steht der Stummfilmstar Hector Mann, der 1929 spurlos verschwand. Sechzig Jahre später ist ihm der Literaturprofessor David Zimmer auf der Spur, ihm und den Filmen, die er nach seinem Verschwinden gedreht haben soll und die niemand anderes zuvor gesehen hat. Daraus speisen sich die Szenen des Romans, die Gerrit Bartels in zwei Kategorien einteilt: diejenigen, "die auf schweren Stiefeln dahergestapft kommen und zeigen sollen, wie viel Tiefgang sich hinter Kitsch verbirgt" und die anderen, "die einfach nur Kitsch sind, reine Oberfläche und purer Effekt". Sein Handwerk beherrsche Auster perfekt, er zeichne "grelle Bilder und schöne Kulissen", im Endeffekt aber kommt das Buch Bartels zu glatt daher. Am Ende löst sich alles auf, alles hat seinen Sinn, die Geschichte ist rund. Von Illusionen keine Spur, resümiert der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.08.2002

Paul Auster erzählt die Geschichte eines Literaturprofessors, der sich nach dem Tod seiner Frau und seiner Kinder bei einem Flugzeugabsturz in ein Buchprojekt gestürzt hat. Er forscht über die Filme des Stummfilmregisseurs Hector Mann, der, wider Erwarten, womöglich noch am Leben ist. Der Rezensent Thomas Leuchtenmüller hält den Roman für ein weiteres Meisterstück des Autors und buchstabiert sich durch die besonderen Fähigkeiten Austers: unter A wie Anspielung lobt er die dicht gewobenen Netze im Text und zu weiteren (oftmals auch eigenen) Texten, unter B wie Beckett die überzeugende Durchführung des Absurden, unter C wie Chronik die Technik des Einfügens scheinbar nichtfiktionaler Texte. Von da geht es zu Z wie Zufall, dessen "Kapriolen" Auster stets zu plausibilisieren vermag. Leuchtenmüller ist also rundum glücklich mit dem Buch, preist seine "Quicklebendigkeit" und wünscht dem Autor in seiner Heimat den Erfolg, den er in Europa längst hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.08.2002

Sacha Verna ist gar nicht begeistert von Paul Austers neuem Roman. "Groß angelegt" sei er, mit seiner Verbindung von Liebes- und Rätselgeschichte und vor allem der Kombination von Literatur und Film, dazu Meditationen über die Natur von beidem. Eine verheißungsvolle Mischung, schreibt Verna, zumal Auster selbst als Drehbuchschreiber gearbeitet habe. Doch am Ende ist er damit "klein gescheitert", erklärt die Rezensentin. Perfekt gelungen seien zwar die schnellen Schnitte und Überblendungen. Doch immer, wenn Auster eine Filmszene beschreibe, schlage er sie mit langatmigen Beschreibungen tot. Das Problem des Zuviel beschränkt sich für Verna nicht nur auf die Beschreibungen - der ganze Roman leide darunter: "Symbolistische Dekorationen", "Kitsch", "melodramatische Purzelbäume" und "merkwürdig hölzerne Dialoge" haben der Rezensentin die Lektüre vermiest. Statt eines gelungenen Spiels von "Bildersprache und Sprachbildern" liefert Auster nur "wohlfeile Emotionsmassage, Sentimentalitäten und verkrampfte Tiefsinnigkeiten", schreibt die enttäuschte Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.08.2002

Ulrich Greiner nimmt sich viel Raum, um Paul Austers neuen Roman ausgiebig zu feiern. Er nennt das Buch eine "Wundertüte bizarrer, wild bewegter, ineinander verschachtelter Geschichten", die mit den melodramatischen Effekten des Kinos arbeiten und nicht auf die "psychologische Glaubwürdigkeit" oder "literarische Plausibilität" setzten, wie Greiner darstellt: Der erfolgreiche Hollywood-Schauspieler Hector Mann taucht unter, nachdem seine Verlobte versehentlich seine von ihm schwangere Geliebte erschossen hat. Er nimmt eine neue Identität an und bringt sich und seine Biografen um alle Gewissheiten. Das große Thema des Roman ist für Greiner daher das "gewonnene und verlorene Leben, die gefundene, erfundene und verscherzte Biografie". Und wie in seinen bisherigen Romanen, schreibt Greiner, versuche Auster auch hier, den Zufall zu entziffern, dessen Musik in diesem Fall ein Requiem sei, und von eher unheimlicher Schönheit: "Selten war ein Buch Austers so düster, so erfüllt von der tödlichen Herrschaft der Willkür."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.07.2002

Außerordentlich beeindruckt ist Ulrich Baron vom neuen Roman von Paul Auster, vor allem weil es dem Autor gelingt, Darstellungsform und Inhalt stimmig zusammenzuführen. Thema ist die Begegnung eines Literaturwissenschaftlers, der gerade Frau und Kinder bei einem Unglück verloren hat, mit einem sterbenden Stummfilmstar. Der Roman ist nach Barons Meinung "eine der eindrucksvollsten Synthesen von literarischem und filmischem Erzählen, von spannungsreicher Handlung und Reflexion". Als Tribut an das filmische Erzählen nennt der Rezensent zum Beispiel das gelungene "Spiel mit den Requisiten" und schöne, melodramatische Geschichten, wie sie "eigentlich nur der Stummfilm ungeniert erzählen konnte". So gelinge es dem Autor anschaulich zu schildern, wie "ein einziger Augenblick ein Leben verändern und wie ein ganzes Leben in einigen Szenen und Erinnerungen bewahrt werden kann" - wenn man nur auf die Literatur oder den Film vertraut.
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