Paul Lendvai

Der Ungarnaufstand 1956

Eine Revolution und ihre Folgen
Cover: Der Ungarnaufstand 1956
C. Bertelsmann Verlag, München 2006
ISBN 9783570005798
Gebunden, 318 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Ausgehend von den eigenen Erlebnissen, ergänzt durch Berichte Überlebender, Aussagen in Geheimprozessen und anhand von Protokollen aus Partei und Regierung rekonstruiert Lendvai den Aufstand, der am 23. Oktober 1956 wie ein politisches Naturereignis das Land erfasste und das System von sowjetischer Fremdherrschaft und ungarischen Helfershelfern mit elementarer Kraft hinwegfegte. Er verfolgt den Weg des Aufstands bis zum Zusammenbruch, protokolliert die blutige Abrechnung mit Ministerpräsident Imre Nagy und allen Wegbereitern, den Rachefeldzug des Kadar-Regimes und die Folgen für den ungarischen "Gulaschkommunismus". Sein Fazit: Der Ungarn-Aufstand war eine historische Zäsur für das Europa des 20. Jahrhunderts. Er war die Vorhut jener Umwälzungen in Prag 1967, in Warschau 1981 und für die ungarische Grenzöffnung 1989, die zum Zusammenbruch des Ostblocks führten und das Gesicht Europas entscheidend veränderten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.11.2006

Georg Paul Hefty lobt die Gabe des Autors, dem nichtungarischen Leser die Ereignisse des Aufstands und dessen Folgen auseinanderzusetzen. Paul Lendvais Schilderung sieht und schätzt er allerdings mehr noch als eine Geschichte des kommunistischen Ungarns, die in eine Anklage des Nagy-Nachfolgers Janos Kadar mündet. Lendvais Thesen findet Hefty zwar nicht immer einwandfrei, seiner Argumentation "vom Volk her" und seinem "überall eingeflossenen" politischen Urteil jedoch vertraut er sich gerne an.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.10.2006

Ulrich Teusch erzählt die Geschichte des regimekritischen Budapester Journalisten Paul Lendvai, um zu verdeutlichen, wie sehr die ungarische Revolution den Autor geprägt hat. Diese Prägung begegnet Teusch noch an der "atemlosen" Lebendigkeit und der offenen Parteinahme und Kritik des Autors in der vorliegenden Bilanz des Aufstands. Dass Lendvai dennoch fair und nüchtern zu Werke geht und zu einem ausgewogenen Urteil (auch über die Beteiligten) kommt, rechnet der Rezensent ihm hoch an. Schließlich vermag Teusch auf diese Weise auch die Ambivalenz dieser Revolution besser zu erkennen: Verbrechen und Schuld auf beiden Seiten.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.10.2006

Recht positiv beurteilt Rezensent Andreas Oplatka diese Darstellung des Ungarnaufstands 1956 von Paul Lendvai. Er fühlt sich gründlich informiert über die wichtigsten Ereignisse und Zusammenhänge der Revolution sowie über die Schlüsselfiguren des Aufstands. Besonders aufschlussreich findet er die Beschreibung der Rolle, die der damalige russische Botschafter in Ungarn, Juri Andropow, bei der Niederschlagung des Aufstands spielte. Das große Verdienst dieser Arbeit sieht er in der Aufarbeitung der umfangreichen meist ungarischen Forschungsliteratur und ihrer kritischen Zusammenfassung auf Deutsch. Dabei lobt er die gelungene leicht lesbare Darstellung und die ausgeglichene Gewichtung der Themen. Insgesamt würdigt er das Werk als ein "umfassendes, engagiertes Buch", dem er allerdings ein etwas gründlicheres Lektorat gewünscht hätte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.10.2006

Paul Lendvai habe eine "faktenreiche" Darstellung mit zum ersten Mal veröffentlichten Archivdokumenten vorgelegt, lobt Rezensent Peter Steinke. Der enttäuschten Hoffnung auf Unterstützung durch den Westen widme der Autor sogar ein eigenes Kapitel. Hier, referiert der Rezensent, falle dem Propagandainstrument der USA, Radio Free Europe, eine besondere und besonders tragische Rolle zu. Lendvai zufolge habe die ungarische Redaktion den Aufstand geradezu geschürt, während die Amerikaner "zu keinem Zeitpunkt" an irgendeine Hilfe für die Aufständischen gedacht hätten. Ein weiterer Schwerpunkt des Buches sind Augenzeugenberichte von den Straßenkämpfen, die Steinke spannend fand. Paul Lendvai, erinnert der Rezensent, sei als junger Mann Augenzeuge der Geschehnisse gewesen und später nach Wien emigriert. Dieser Abstand erlaube ihm nun wohl, eine vergleichsweise "nüchterne" Darstellung zu präsentieren.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.10.2006

Als "grundseriös", klarsichtig und voll analytischer Schärfe lobt Rezensent Klaus Harpprecht dieses Buch des bedeutenden österreichischen Journalisten Paul Lendvai über den Ungarnaufstand von 1956. Die Darstellung wird aus Sicht des Rezensenten der "historischen Größe" der Ereignisse ebenso gerecht, wie ihren Protagonisten, die Harpprecht so gerecht wie differenziert porträtiert und beurteilt fand. Besonders fasziniert zeigt sich der Rezensent von den in diesem Buch gewährten Einblicken in die "Wirren der Kreml-Intrigen" jener Zeit, die Paul Lendvai seinen Informationen zufolge in langen Gesprächen mit Ex-KGB-Chef Wladimir Krjutschow erwarb. Es sind diese Nahaufnahmen, die dem Rezensenten bestätigen, dass der Ungarnaufstand den Anfang vom Ende des Sowjetreiches miteingeläutet hat.