Paul Nizon

Die Zettel des Kuriers

Journal 1990-1999
Cover: Die Zettel des Kuriers
Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2008
ISBN 9783518419724
Gebunden, 240 Seiten, 24,80 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Wend Kässens. "Da sitzt einer beim Schreiben vor seiner Maschine und beginnt zu spielen. Das ist die Ausgangslage, das ist der Beginn. Der Beginn ist ohne Plan und ohne bestimmtes Wissen und Vorhaben. Ein Mensch, der anfängt zu sprechen oder zu murmeln und der sich im Grunde bekennen, das heißt seiner Existenz und des Lebens vergewissern möchte. Er fängt irgendwo an und nimmt sich und den Leser auf die Reise mit. Die Reise führt durch die Gegenwart und Erinnerung und vielleicht auch ins Utopische, sie führt durch Unwetter und Ängste ebenso wie durch den Traum, sie staut sich an Reflexionen und ergießt sich in Emotionen, sie sucht nach dem Glück und durchquert die Einsamkeit etc., und dabei entsteht das Seismogramm einer heutigen Existenz und, wenn wir Glück haben, der Reichtum des Lebens, ja, und hoffentlich auch Schönheit und Glanz."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.09.2008

Hinweise für die Unangepassheit und die Gefährdung des Autors findet Pia Reinacher in Paul Nizons Journalen jede Menge. Die Reflexionen, Rückschauen, Berichte aus der literarischen Werkstatt und Porträts von Zeitgenossen kommen ihr mitunter fast ketzerisch vor. Derart reklamiert Nizon die "Deckungsgleichheit von Leben und Schreiben". Reinacher wird es nie langweilig mit diesen Texten, weil Nizon anekdotisch und witzig zu erzählen weiß und "Kleinmütiges und Grandioses" nebeneinander stellt. Kleinmütig etwa erscheint Reinacher die "Aburteilung" des Zeitgenossen Max Frisch, in der sie, bei allem Draufgängertum Nizons, dennoch Wahrheit entdeckt. Grandios und voller Wärme findet sie Nizons Porträts von Freunden, wie Jean Rodolphe von Salis. Für Reinacher eine Lektüre mit Erkenntnisgewinn.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.07.2008

Mit viel Gewinn hat Rezensent Jochen Schimmang dieses Journal des französisch-schweizerischen Schriftstellers gelesen, das seinen Informationen nach wenig Persönliches oder Privates enthält, sondern eher Arbeitsprozesse protokolliert. Besonders die darin enthaltenen Porträts begeistern den Rezensenten durch ihre Empathie und die Tatsache, dass hier ein Autor wirklich die Kunst des Porträts beherrscht. Speziell die Texte über Max Frisch, François Mitterand oder Jean Gabin werden vom Rezensenten lustvoll hervorgehoben. Interessant fand er jedoch auch die Notizen zu Nizons Roman "Hund", über Paris und zur Editionsarbeit der siebenbändigen Werkausgabe.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.06.2008

Für Martin Krumbholz unterscheiden sich die Journale Paul Nizons nicht wesentlich von dessen Romanen, wie er mit Blick auf sein Tagebuch aus den 1990er Jahren feststellt. Verweigert der Schweizer Autor doch hier wie dort eine Geschichte und verlegt sich stattdessen auf die Erstellung einer "Autofiktion", erklärt der Rezensent. So versteht Krumbholz "Die Zettel des Kuriers" vor allem als die Erfindung und Gestaltung des Autors als "Figur", die sich maßgeblich über das schriftstellerische Werk und den Eros konstituiert, wie er darlegt. Max Frisch, der doch den Frauen ebenso verfallen war und in seinem Schreiben Nizon durchaus ähnlich, wird im Journal als "Ratgeberonkel" abgetan, was der Rezensent als den "ungerechtesten Satz" des Buches empfindet. Dennoch, der aus der "Isolation" heraus schreibende Autor hat damit ein "hochproduktives" Verfahren entwickelt, und entwickelt mit der andauernden "Reflexion des Alltags" und indem er diese Reflexion ihrerseits reflektiert, seine Poetologie, so Krumbholz fasziniert.
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