Peter Henning

Linda und die Flugzeuge

Roman
Cover: Linda und die Flugzeuge
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783627001124
Gebunden, 156 Seiten, 15,90 EUR

Klappentext

Berger sitzt in der Wüste von Arizona fest. Sein Flugzeug, das ihn von Los Angeles zurück nach Deutschland bringen sollte, musste wegen eines Triebwerkschadens notlanden. Es ist heiß, der Weiterflug ist ungewiss. Aus einer Laune heraus beschließt der Hamburger Journalist zu bleiben, hier in Mojave, einem der größten Jet-Parkplätze der Welt, auf dem Airlines ihre ausrangierten Maschinen abstellen, die von Besuchern aus aller Welt, so genannten "Spottern", betrachtet und fotografiert werden. Die Faszination, die die alten Flugzeuge auf die Spotter ausüben, kann Berger zunächst nicht nachvollziehen. Bis er eines Tages Linda kennen lernt, eine junge Frau aus Toronto. "Der Reiz", erklärt sie ihm, "besteht darin, die komplette Vita eines Flugzeugs zu dokumentieren, bis zum bitteren Ende hier in der Wüste."

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 24.07.2004

Nur Gutes hat Rezensent Christian Försch über Peter Hennings Roman zu berichten. Denn in seiner Geschichte um den ehemaligen Journalisten und Aussteiger Jan Berger und die Planespotterin Linda beweise Henning einmal mehr, dass sein Schreiben "so leicht ist wie ein Präzisionsgewehr in seinem Futteral". Doch was zunächst eine "kurze", "unbeschwerte, umgangssprachliche, unprätentiöse" Erzählung zu sein scheine, erweise sich zunehmend als "souverän komponiertes Erzählgebilde". Berger, so der Rezensent, lernt Linda kennen, die ihr Leben der weltweiten Beobachtung von Flugzeugen verschrieben hat, und lernt ebenfalls, dass sie mit ihrer wahrhaft "religiösen Hingabe" keine "einsame Irre" ist, sondern einer großen Gemeinschaft angehört. "Ganz nebenher" und "ohne lustvoll das Spektakel auszukosten", so der Rezensent, erzählt Henning vom "Terrorakt", den diese Gemeinschaft letztlich organisiert. Dabei gebrauche er die erzählerischen Mittel des Thrillers (das "Geflecht aus reduzierten Szenen, Flashbacks und Nebenhandlungen") um das zu konstruieren, was eigentlich ein "Selbstfindungsbuch", die Geschichte um "die mutige Entscheidung eines Menschen" ist. Durch die durchgehaltene Ich-Perspektive, lobt Försch, entsteht nicht nur ein "besonderer Sog", sondern auch ein " 'Realismus' im besten Sinn", der die Vewandlung einer "in großen ideologischen Blöcken" geordneten Welt in die "globale Anarchie" der "aberwitzigen Privatreligionen" deutlich macht. Hier gelte keine Information mehr, kein "Verstand", sondern nur noch "Instinkt, ein Gefühl im Bauch, vielleicht so etwas wie Gewissen".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.07.2004

Peter Hennings Roman konnte die Rezensentin Verena Mayer nicht überzeugen. Vor allem die "Wahl des Protagonisten" prangert sie an. Dieser ist Journalist, und Journalisten als Hauptfiguren findet Mayer "immer anstrengend". Da Journalisten - so argumentiert die Rezensentin - letztlich immer nur Filter für die Welt seien, können man auch gleich "eine Melitta-Tüte bei der Arbeit beobachten". Aus der unglücklich gewählten Berufsgruppe der Hauptfigur ergeben sich für Mayer auch die weiteren Mängel des Romans: Zum einen, dass die Hauptfigur ihrer Journalisten-Existenz zu entkommen versuche, was nach Mayers Geschmack ein Fall für die "Selbsthilfegruppe" aber wohl nicht für einen Roman sei; zum anderen, dass der Roman die Medienwelt auch noch reichlich oberflächlich schildere: "Viele Sätze in dem Buch enden mit einem Ausrufezeichen, dem Satzzeichen des Boulevards." Auch dass sich Hennings Roman mit einer "spektakulären Handlung" behelfe, rette ihn letztlich nicht. Es mache vielmehr die Figurenzeichnung noch oberflächlicher.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.05.2004

Nach Meinung des Rezensenten Oliver Fuchs hat dieser Roman, der das Thriller-Genre mit einem Road-Movie verbindet, durchaus Potential - das aber leider nicht genutzt wird. Die Geschichte könnte spannend sein. Dass daraus nichts wird, liegt nach Fuchs Meinung vor allem daran, dass das Innenleben des Protagonisten, durch dessen Augen wir dem Geschehen beiwohnen, nicht stimmig ist: Für Fuchs lässt vor allem Ich-Erzähler Jan Berger mit seinen "manchmal regelrecht platten Äußerungen und einfach gestrickten Gedanken" diesen eigentlich filmreifen Stoff "ungeheuer trivial" erscheinen. Das Fehlen dieser "Tiefendimension" findet Fuchs besonders enttäuschend, weil er den Autor schon in besserer Form erlebt hat: "Zu Hennings Spezialitäten gehört es, Gegenwart und Erinnerung kunstvoll miteinander zu verschränken, seine Sprache zeichnet sich durch Lakonie und Reduktion aus" - nur in diesem Roman kriegt er diese Mischung zur Enttäuschung des Rezensenten nur auf ausgesprochen niedrigem Niveau hin. "So wirkt das Ganze nur wie das Drehbuch für ein ziemlich mattes Fernsehspiel."