Petra Werner

Himmel und Erde

Alexander von Humboldt und sein 'Kosmos'
Cover: Himmel und Erde
Akademie Verlag, Berlin 2004
ISBN 9783050040257
Gebunden, 350 Seiten, 59,80 EUR

Klappentext

Alexander von Humboldts Wissenschaftsbegriff fand als 'Humboldtian Science' Beachtung, sein Konzept wird neuerdings als wegweisend für das 21. Jahrhundert bezeichnet. Er glaubte an ein Geben und Nehmen in der Wissenschaft, proklamierte ohne Beschönigung das Prinzip 'do ut des', das er aber auch als eine Art 'enseignement mutuel' begriff. Im Text seines Hauptwerkes 'Kosmos' gibt er selbst nur spärliche Hinweise. Zwar verweist er darauf, dass er in seltenen Fällen kurze Sätze aus den Schriftenseiner Freunde entlehnt habe, aber diese Bemerkung ist irreführend, wenn man weiß, dass Humboldt eine riesige Korrespondenz führte und im 'Kosmos' seitenweise aus Briefen und unveröffentlichten Schriften anderer zitiert. Mehrfach konnte er auf eine 'Generalerlaubnis' von Kollegen (zum Beispiel von Charles Darwin) verweisen, ohne besonderen Nachweis zitieren zu dürfen, aber Humboldt ging soweit, Briefe in kleine Teile zu zerschneiden und sie in seine thematisch geordneten Sammelmappen für den Kosmos einzufügen. Der Autor offenbart sich in seinen Methoden als sehr modern, er agiert als Zentrum eines riesigen Netzwerks, das funktional und fachübergreifend war. Es schmälert nicht die Leistung des 'Meisterdenkers' Humboldt, zu wissen, dass es viele der größten Wissenschaftler seiner Zeit als Ehre betrachteten, ihn mit Ergebnissen, Recherche, Experimenten und Korrekturen bei der Erarbeitung seiner 'panoramischen Darstellung' zu unterstützen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.09.2004

Dem Rezensenten Thomas Thiel gefällt diese Studie über Alexander von Humboldt und seinen Versuch, alle Naturwissenschaften in sein Werk vom "Kosmos" zu integrieren. Der Autorin Petra Werner sei es gelungen, "sachlich präzise und nicht uncharmant" von dieser ebenso beeindruckenden wie erfolglosen Unternehmung des Wissenschaftlers zu berichten. Ein interessanter Plan war es durchaus, den Humboldt da verfolgte und "ein grandioses logistisches Unternehmen", für das der Wissenschaftler viele Helfer einspannte, doch der wissenschaftliche Zeitgeist war gegen ihn: "Vergeblich versuchte Humboldt, sein holistisch inspiriertes Lebenswerk ins Gefüge einer auf Spezialisierung drängenden Zeit zu schieben." Schon zu Lebzeiten war Humboldts Arbeit an dem Buch deshalb ein Wettlauf gegen die Zeit, nach seinem Tod gab es niemanden, der das Erbe hätte weiter verwalten können oder wollen. Werners Umgang mit dem umfangreichen Material gefällt dem Rezensenten: "Elegant schultert sie die Last eines überquellenden Archivmaterials und verliert bei aller kritisch-ironischen Distanz nicht die Sympathie zu ihrem Forschungsobjekt." Thiels Meinung nach setzt sie damit der "Feiertagsrhetorik, die Humboldt heute wieder umwölken" etwas Sinnvolles entgegen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.09.2004

Beim Humboldtschen "Kosmos" handelt es sich um ein einzigartiges wissenschaftliches Monumentalwerk, das jetzt wieder - Hanns Zischler verkündet es mit großer Emphase und Freude - zugänglich gemacht worden ist. Und das vorliegende Buch von Petra Werner könnte sehr gut zu seinem ständigen Begleiter w erden. Warum? Alexander von Humboldts ebenso hehre wie maßlose Ambition, die "ganze materielle Welt" nebst jeder wichtigen Idee, "die irgendwo aufglimmt", in einem großen Werk darzustellen, war nur realisierbar dank der Zuarbeit von Gelehrten aus ganz Europa - ein "hochkomplexes networking", das, so Zischler, dem Text sein "einzigartiges Gepräge" der "mehrfach geschichteten und einander durchdringenden Netze aus unersättlichen Anfragen, Lieferungen, neuen Messdaten und immer weiter vorangetriebenen Fragestellungen" verliehen habe. Die ausführliche Dokumentation der 16-jährigen Entstehungsgeschichte des "Kosmos" - das sei das Verdienst von Petra Werner.
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