Polina Daschkowa

Die leichten Schritte des Wahnsinns

Roman
Cover: Die leichten Schritte des Wahnsinns
Aufbau Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783351029142
Gebunden, 454 Seiten, 20,40 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Margret Fieseler. Moskau, 1996. Lena Poljanskaja hat sich mit der neuen russischen Wirklichkeit arrangiert. Weil ihr Mann als Polizist nicht genügend Geld verdient, beaufsichtigt Lena tagsüber ihre Tochter Lisa und arbeitet nachts als Redakteurin für eine Literaturzeitschrift. Ihr Leben gerät aus den Fugen, als ihre Freundin Olga mit einer Hiobsbotschaft auftaucht: Olgas Bruder Mitja ist tot. Der bekannte Liedermacher soll sich im Drogenrausch erhängt haben. Nicht nur Olga hat Zweifel an dieser Version der Geschichte: Warum sollte Mitja sich ausgerechnet jetzt umbringen, wo er Aussichten auf ein Comeback hatte?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.09.2001

Binnen weniger Jahre hat Polina Daschkowa in Russland neun Romane veröffentlicht, informiert Michael Angele. Einer liegt nun auch im Deutschen vor, der in seiner Beschreibung der Kriminalität und des sittlichen Verfalls beim Rezensenten den verheerenden Eindruck hinterlassen hat, dass das gegenwärtige Russland so verkommen und gefährlich sein müsse, wie allgemein berichtet wird. Der Plot in "Die leichten Schritte des Wahnsinns" erscheint Angele recht kompliziert: Oft wechseln die Erzählperspektiven, die Schauplätze und die Namen der Protagonisten. Auch wenn sich beim Rezensenten gegen Ende der Verdacht aufgedrängt hat, dass der Roman zur Kolportage verkommt, hat er die psychologischen Nuancen, einfühlsamen Milieuschilderungen und satirischen Elemente durchaus registriert. Deprimierend findet Angele die dem Roman zugrundeliegende Vorstellung, dass der Kreislauf der Gewalt sich unaufhaltsam fortsetzt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.06.2001

Birgit Veit ist ganz begeistert, dass russische Kriminalromane in letzter Zeit zunehmend auch hierzulande auf Interesse stoßen. Was den vorliegenden Roman betrifft, dessen Autorin sich in Russland ausgesprochen großer Popularität erfreue, ist sie jedoch geteilter Meinung. So gefällt ihr, dass der Roman auf zwei Zeitebenen - 1982 und 1996 - spielt, was angesichts der politischen Veränderungen, die dazwischen passierten, von ganz besonderen Reiz sei. Auch lobt Veit die Spannung dieses Krimis und weist auf die psychologischen Differenzierungen der Autorin hin: So gebe es kinderliebe Mörder, dichtende Verbrecher und sogar verliebte Triebtäter, die Mandelstam lesen. Allerdings geraten die Erklärungen Daschkowas, warum jemand zum Verbrecher wird, ziemlich klischeehaft, findet die Rezensentin. So lässt die Diagnose der Autorin, dass regelmäßig geschlagene Menschen nun mal keinen Stolz entwickeln, der Rezensentin dann doch die "Haare zu Berge stehen" und die Lektüre vermiesen. Auch das Personal (von Komsomolzen über Triebtäter bis Auftragskiller) erscheint ihr ein wenig wie aus der Regenbogenpresse entsprungen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.04.2001

In einer Doppelrezension bespricht Evelyn Finger zwei Kriminalromane russischer Autoren.
1.) Andrej Kurkow: "Picknick auf dem Eis" (Diogenes)
Finger bescheinigt diesem Roman, der von einem depressiven Pinguin und seinem Herrchen handelt, begeistert einen geradezu "Gogolschen Charme". Sehr russisch findet sie diese Novelle, auch wenn das Buch nichts mit Schnee, Mafia und Wodkatrinken zu tun hat. Vielmehr diagnostiziert die Rezensentin hier Anzeichen des "psychologischen Prosastils des 19. Jahrhunderts" und einen lakonischen Gestus, der amerikanische Detektivgeschichten "albern" erscheinen lasse. "Romantisch-pathetisch, komisch-unterkühlt, sozialkritisch und grotesk" - so lauten nur einige wenige ihrer zahlreichen Charakterisierungen.
2.) Polina Daschkowa: "Die leichten Schritte des Wahnsinns" (Aufbau)
Anders als in Kurkows Roman darf der Leser hier tatsächlich in die typisch (?) russische Unterwelt hinabsteigen: Auftragskiller, Kaviar, Neureiche und Magnaten bevölkern diesen Krimi, so Finger. Wichtiger als dies alles findet die Rezensentin jedoch die "psychologische Charakterzeichnung" und das Bild der Gesellschaft, dass die Autorin hier zeichne. Auch in diesem Buch sieht die Rezensentin starke russische Traditionen, nicht allein, weil die Figuren hier vor allem als "Erniedrigte und Beleidigte" erscheinen, sondern auch weil die Autorin sich ähnlich wie Dostojewskij in "ungewöhnliche Individuen" eingrabe, einen Sinn für Psychopathologisches habe und ebenfalls "Mörder und Heilige im gleichen Seelenschauhaus" versammle.
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