Renatus Deckert, Adolf Endler

Dies Sirren

Gespräche
Cover: Dies Sirren
Wallstein Verlag, Göttingen 2010
ISBN 9783835307759
Gebunden, 185 Seiten, 19,00 EUR

Klappentext

Adolf Endler wollte nie eine Autobiografie im herkömmlichen Sinn schreiben. Es schien ihm ganz unmöglich und falsch, sein Leben, das in seinen Augen eher einem Zickzackkurs folgte, als einen runden Bogen zu erzählen. Trotzdem hat er sich in seinen letzten Lebensjahren immer wieder mit Renatus Deckert getroffen, um in langen Gesprächen frühe Prägungen auszuleuchten und sich an seine Kindheit im Rheinland zu erinnern: an die aus Belgien stammende Mutter, deren Verwandte von den Nazis umgebracht wurden, an den Vater und dessen scheiternde Versuche, ein Unternehmen aufzubauen. Er erzählt von den Schrecken des Krieges, dem Sirren der Bombergeschwader und dem als Befreiung empfundenen Einmarsch der Amerikaner. Nach dem Krieg saugte Endler begierig auf, was an moderner internationaler Literatur zu lesen war, und lernte die Schriftstellerin Irmgard Keun kennen. Er begann selbst zu schreiben und wurde 1952 zu der Niendorfer Tagung der Gruppe 47 eingeladen, wo er Heinrich Böll und Paul Celan begegnete. 1955 ging er voller Illusionen in die DDR, rasch verlor er sie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.10.2010

Offenbar mit Gewinn hat Jürgen Verdofsky diesen Band gelesen, in dem Adolf Endler dem Literaturwissenschaftler Renatus Deckert die erste Hälfte seines Lebens erzählte. Und zwar mit "wildbachähnlicher Eloquenz", wie der Rezensent durchaus freundlich festhält. Getreu berichtet Verdofsky, was Endler über sein Leben erzählt, vom Aufwachsen im nationalsozialistischen Düsseldorf, von seiner kommunistischen Wende, der anfänglichen Karriere in der DDR und dem Bruch mit System und Aufbau-Lyrik. "Der Effekt der Gespräche" sei enorm, schließt Verdofsky, von dessen Besprechung man sich vielleicht etwas mehr Einordnung oder Urteil gewünscht hätte, etwa wenn Endler von dem schlimmen Moment der Gruppe 47 erzählt, als Paul Celan so verkannt wurde.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.09.2010

Aus diesem autobiografischen Gesprächsband von Adolf Endler lässt sich was lernen. Helmut Böttiger staunt nicht nur, wie man als DDR-Dichter hauste, er erfährt auch jede Menge literaturgeschichtlich Interessantes: Porträts aus der Sächsischen Dichterschmiede etwa oder wie Endler als kleine graue Maus an der hochberühmten Niendorfer Tagung der Gruppe 47 teilnahm und den großen Celan trösten musste. Dass Endler mit seinen rheinischen Ursprüngen ein dolles Irrlicht der DDR-Literatur ist, machte den Band für Böttiger ohnehin spannend. Bombennächte im Rheinland, DDR 1955, eine geheimnisumwobene Großmutter, das alles passt zum Autor, findet Böttiger. Endlers schwarzer Humor und die Rhetorik der Aufzeichnungen machen den Band für ihn zu einem quasi literarischen Erlebnis. 
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