Ror Wolf

Zwei oder drei Jahre später

Siebenundvierzig Ausschweifungen
Cover: Zwei oder drei Jahre später
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783627001100
Gebunden, 122 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

In Ror Wolfs 47 neuen Geschichten treffen wir ambulante und zu allerlei Eskapaden aufgelegte Einzelgänger, Stoiker, die auf ihren höchst ernstgemeinten Exkursionen durchs wilde Absurdistan, ins Groteske, ins Komische oder bloß in die Fallstricke des Banalen und Trivialen allerhand erleben müssen, bevor sie glimpflich davonkommen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.02.2004

Alles anders, als man denkt, und doch so wundervoll: Martin Zingg zufolge sind die Geschichten von Ror Wolf kurz, hinterlistig und sehr vergnüglich. "Der Erzähler lockt mit allen Mitteln in seine Geschichten hinein", schreibt er, "und schleicht sich, kaum hat er wie ein Nummerngirl etwas Neues angekündigt, wieder aus ihnen heraus". Immer wieder erhalte der Leser einen Köder und werde dann aus fadenscheinigen Gründen damit stehen gelassen, doch alles andere als enttäuscht, denn die Erzählerlaunen heben auch die Leserlaune, versichert Zingg, und außerdem sind sie erhellend, denn sie führen das Erzählen als Spiel mit dem Erfundenen vor. "Köstliche Geschichten" - der Rezensent wünscht guten Appetit.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.01.2004

Männergeschichten erzählt Ror Wolf in seinem jüngsten Band - oder auch nicht. Denn Geschichten sind es ja meist nicht und was Wolf zur hohen Kunst entwickelt hat, ist eher das Nicht-Erzählen, das - wie der Rezensent Sebastian Handke formuliert - "Ins-Leere-Laufen und Ins-Leere-Greifen" lassen von Figur und Lesererwartung. Anders als in manch anderem Werk des Autors sei dieses im Grunde eher "heiter", ohne dass das dem Leser unbedingt Spaß machen muss. Denn über ihn ganz speziell machen diese Texte sich lustig, als "bösartige Simulationen des Erzählens". Der Rezensent hatte dennoch seine Freude daran, jedenfalls bis zu dem Punkt, an dem er zuviel bekam. Da nämlich ging ihm auf, dass Wolf eigentlich nur einen Trick hat: die "Collage", die Fremdes und Eigenes durch "Verfremdung angleicht".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.11.2003

Ein "wundersames Prosabändchen" erblickt Martin Krumbholz in Ror Wolfs "siebenundvierzig Ausschweifungen". Wie er berichtet, scheint der Ich-Erzähler den Leser nicht ganz ernst zu nehmen und ein verwirrendes Spiel mit seinen Erwartungen zu treiben. Krumbholz empfiehlt dem Leser daher, "die Komödie aus einer gewissen Distanz" zu betrachten. Der Eindruck erzählerischer Willkür kommt nach Einschätzung von Krumbholz nicht von ungefähr: offensichtlich habe der als Collagenautor bekannte Wolf Zeitungsseiten mit sogenannten "Vermischten Nachrichten" zerschnipselt und neu zusammengesetzt. Dabei montiere Wolf Versatzstücke einer "bizarren oder monströsen Stoffsammlung" ohne den Bausatz komplett zu konstruieren. Die so "entstandenen Geschichten" kitzelten zwar die Amüsierlust des Lesers, aber sie befriedigten sie nicht. Das Lachen bleibe ihm im Hals stecken.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.10.2003

"War es nun zwei oder drei Jahre später?" Nur eins, so Rezensent Lothar Müller, ist bei Ror Wolf sicher: Auf solch altbacken genaue Fragen hat er keine Antworten parat. Oder eher, keine Lust darauf. Vielmehr Spaß allerdings habe Wolf an dem, was Müller die "Mimikry-Dementi-Maschinerie" nennt, sprich sich einerseits in den hohlsten Konventionen einzunisten, und sie dann von innen zu verunsichern. Und so sehr der Rezensent auch versucht hat, Ordnung in das Wolfsche Chaos zu bringen, es ist zwecklos: "Keine Figur haftet an ihrem Namen, kein Ereignis an seinem Schauplatz, keine Geschichte an ihrem Erzähler. Alles ist möglich, nichts wahrscheinlich." Die Ortsnamen gibt es alle, bestätigt der fleißige Rezensent, doch verbinde sie keinerlei Verkehrsnetz, sondern nur die "Grammatik". Und genau darum gehe es Wolf anscheinend: alle Hebel der Sprache zu ziehen, die paradoxerweise auch durch "Negation" Dinge "in die Welt zu setzen" vermag. Zur großen Freude des Lesers, der am Ende an allem zweifelt, in dem sich aber, so Müller, die "schöne, bizarre, bisweilen schreckliche Unordnung der Dinge, Ereignisse und Figuren festsetzt wie ein Film, den die Lektüre belichtet, die Erinnerung an sie immer neu entwickelt". Und davon hat der Leser viel, lautet das erfreute Fazit des Rezensenten.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.10.2003

Rolf Michaelis ist von diesem Buch mit 47 Prosa-Miniaturen vollkommen hingerissen. Er bejubelt es vollmundig als das "Schönste", was er seit langem gelesen hat. Diese "Märchen aus dem Alltag" sind ein "erfrischendes" Lesevergnügen, versichert er und betont - sonst wäre es wohl nicht seriös - dass die zunächst heiter wirkenden Geschichten zumeist urplötzlich ins "Traurige kippen". Sie scheinen wie "hingeplaudert", sind aber in Wirklichkeit sehr genau konstruiert, streicht Michaelis heraus. Dabei arbeite der Autor mit Erzählweisen, die es darauf anlegen, den Leser in Verwirrung zu stürzen und seiner Gewissheiten zu berauben. "Alles und nichts kann stimmen" in diesen Geschichten, so der Rezensent munter, für den gerade in der Verweigerung von gradliniger Durchschaubarkeit der "Reiz" der Texte liegt. Dem seiner Ansicht nach "zu wenig bekannten" Wolf gelingt mit seinen kurzen Geschichten eine "Deutung unserer modernen Welt", und das, ohne auf soziologische oder politische Erklärungsmuster zurückzugreifen, lobt der Rezensent begeistert.
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