Rüdiger Safranski

Friedrich Schiller oder Die Erfindung des deutschen Idealismus

Biografie
Cover: Friedrich Schiller oder Die Erfindung des deutschen Idealismus
Carl Hanser Verlag, München 2004
ISBN 9783446205482
Gebunden, 560 Seiten, 25,90 EUR

Klappentext

Jugendliches Genie, Revolutionär, Dichter. Rüdiger Safranski entstaubt in seiner Schiller-Biografie eine der schwungvollsten Gestalten unserer Literatur. Friedrich Schiller läutete mit seinem Enthusiasmus die Epoche der deutschen Geistesgeschichte ein, die man später den "Deutschen Idealismus" genannt hat. Safranski schildert Schillers Leben von den bedrückenden Anfängen in der Stuttgarter Karlsschule bis zu den letzten Jahren in Weimar, als er dem hinfälligen Körper mit ungebrochener Willenskraft sein Spätwerk abringt. Er erzählt, wie Schiller (zusammen mit Goethe) über ein Jahrzehnt, zwischen 1790 und 1805, zum Zentralgestirn des deutschen Geisteslebens werden konnte. Alle sind auf der Bühne versammelt: Novalis, Hölderlin, Schelling, die Brüder Schlegel, Fichte, der junge Hegel, Tieck, Brentano.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.10.2004

Rezensent Rolf-Bernhard Essig blickt schon ins Jahr 2005 - zum 200. Todestag von Friedrich Schiller - und berichtet in einer umfassenden Sammelrezension, was es Neues gibt am Horizont der Schiller-Literatur. Seinem hohen Anspruch, Schillers Modernität als eine in der "Radikalität des Denkens" fußende "Wandelbarkeit" aufzuzeigen, wird Rüdiger Safranski in jeder Hinsicht gerecht, lobt der Rezensent. Indem er aufzeige, wie sich Schillers Denken in so radikaler wie reflektierter Abkehr vom Nihilismus entzündete, gelinge es Safranski, dem herkömmlichen Schillerbild das Gespenst der "Plattheit" auszutreiben und die Fundiertheit des Schillerschen Idealismus deutlich zu machen. Unter Safranskis "anspruchsvoller und doch gut lesbarer" Feder, so das abschließende Lob des hocherfreuten Rezensenten, entsteht ein Gesamtbild, in dem Modernität nicht zur bloßen Behauptung gerät, sondern zur analytisch gesättigten Evidenz wird.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.09.2004

Als einen Sartre des 18. Jahrhunderts zeichnet Rüdiger Safranski Schiller in seinem biografischen Porträt, als einen Philosophen der Freiheit, so Rezensent Manfred Koch. Allerdings handele es sich um einen problematischen, einen gebrochenen Freiheitsbegriff, in dessen Zentrum das Pathos der Wahl steht, die jeder Mensch, auch in der auswegslosesten Situation noch, hat. Safranski zeige in seinem Werk, das pünktlich zu Schillers anstehendem 200. Geburtstag auf den Markt kommt, wie der existenzialistisch-idealistische Dichterphilosoph sich in allen seinen Dramen an der "Tragik einer letztlich heimatlosen Freiheit" abgearbeitet hat. Dabei erweise sich Safranski, wie schon in seinen Studien über Nietzsche und Heidegger, als absolut souverän im Umgang mit den kulturgeschichtlichen Zeithintergründen . Wie der Biograf etwa Fichtes Ich-Philosophie bündelt, nötigt dem Rezensenten Respekt ab. Als wohltuend notiert Koch auch Safranskis Verzicht auf "dramatische Stilisierungen", zu denen ein "Athlet des Willens" wie Schiller natürlich Anlass gegeben hätte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.09.2004

Rechtzeitig vor Schillers zweihundertstem Geburtstag im Jahr 2005 erscheint ein ganzer Stapel neuer Biografien, die den Dichter würdigen, ohne in das nationale Pathos früherer Jahre zu verfallen. Und wenn sich Ursula Homann eine davon auswählen müsste, würde sie sich wohl für die vorliegende entscheiden, denn, kurzum: Rüdiger Safranski ist der "große Wurf" gelungen, den sie von ihm erwartet hat. Das Buch geht darüber hinaus, Schillers Leben und Werk in seiner Zeit darzustellen, indem es umgekehrt anhand der Gestalt des Dichters die Zeit veranschaulicht, die er entscheidend prägte. Dazu werden die Persönlichkeiten des geistigen Lebens, denen Schiller begegnete, ebenso vorgestellt wie die zeitgenössische Philosophie - das alles aber nicht im akademischen Stil, sondern gehüllt in eine "packende" Erzählung, die mit mancher origineller Erkenntnis aufwarten kann. Manchmal, so Homann, gerät Safranski geradezu ins Schwärmen, ohne aber jemals in Gefahr zu geraten, eine Hagiografie zu verfassen. Fazit: ein "großes Leseabenteuer".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.09.2004

Des Lobes voll ist Jens Bisky über Rüdiger Safranskis neue Gesamtdarstellung von Leben und Werk des deutschen Klassikers Friedrich Schiller. Dass dessen Leben selbst nur wenig Erzählenswertes hergibt, gereiche dabei dem Buch keineswegs zum Nachteil, ganz im Gegenteil. Umso überzeugender nämlich könne Safranski die intellektuelle Biografie des Dichters entwerfen, und zwar ganz ohne "literaturwissenschaftlichen Jargon". Es beginnt mit einer These zur "Erfahrungsarmut" Schillers, die dieser zur Spekulation auf mögliche Erfahrung zu konterkarieren verstanden habe, referiert der Rezensent. Überhaupt war Schiller laut Safranski die Wirklichkeit niemals genug, erschien ihm als schlechter Abglanz des Ideals, um das es ihm stets zu tun war. Die Kunst wurde für ihn selbst so zur "ultimativen Lockerungsübung" - und zwar auf dem Weg zur Überwindung des bloß Wirklichen. Faszinierend findet Bisky Safranskis Lektüre der drei medizinischen Dissertationen, in denen Schiller der körperlichen Determiniertheit eine Freiheit abringt, die in der zugreifenden Auswahl der Seele auf "Eindrücke und Ideenverbindungen" liegt. Der "Höhepunkt" des Buches ist für den Rezensenten die "Don Karlos"-Interpretation, die auf Schillers Doppelgesichtigkeit insistiert: "Der Enthusiast Schiller ist, so Safranski, ohne den Skeptiker nicht zu haben." Ein paar kleinere Kritikpunkte hebt sich Bisky für den Schluss auf: Allzu kurz kommt ihm das Spätwerk des Dichters und allzu wenig habe der Autor über Schillers "Form"-Begriff zu sagen. Das Buch ist dennoch ein "großartiger" Entwurf eines neuen Bildes des Klassikers, findet unser Rezensent.
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