Samanta Schweblin

Hundert Augen

Roman
Cover: Hundert Augen
Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783518429662
Gebunden, 252 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Marianne Gareis. Sie haben Häuser in Hongkong infiltriert, Geschäfte in Vancouver, die Straßen Sierra Leones, Marktplätze in Oaxaca, Schulen in Tel Aviv, Schlafzimmer in Indiana. Sie sind überall. Sie sind hier. Sie sind wir. Sie sind keine Haustiere, Geister oder Roboter. Sie sind wirkliche Menschen. Aber wie kann sich jemand, der in Berlin ist, frei durch ein Wohnzimmer in Sydney bewegen? Und wie kann jemand in Bangkok mit deinen Kindern in Buenos Aires frühstücken, ohne dass du davon weißt? Besonders wenn diese Person komplett anonym ist, unbekannt und unauffindbar? Samanta Schweblin erzählt vom Vertrauen in Fremde, von wunderbaren Begegnungen und unerwarteter Liebe. Und davon, wie all diese Schönheiten in unsäglichen Terror umschlagen können. Samanta Schweblin erzählt eine Geschichte, die bereits stattfindet. Eine Geschichte, die uns bekannt vorkommt und beunruhigt. Weil sie unsere Welt ist, in der wir leben. Wir wissen es nur noch nicht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.01.2021

Rezensentin Marie Schmidt ist auf seltsame Weise gerührt nach der Lektüre von Samanta Schweblins Episodenroman - Gerührt von der Einfachheit der Geschichte und von dem unbedingten Verlangen der Figuren, alle Hürden zu nehmen, um miteinander in Kontakt zu treten oder zu bleiben. Die Hürde in "Hundert Augen", das ist vor allem ein technisches Gerät - eine Art Kuscheltier mit Augen, Mund und Ohren, das auf zweierlei Weise genutzt werden kann: Entweder man hat es oder man ist es, entweder man spielt mit "Kentuki" oder man spielt das "Kentuki". Eine direkte Kommunikation zwischen den Nutzern ist nicht möglich, und doch versuchen sie immer wieder, sich zu verständigen, beschreibt die Rezensentin. Dabei bringt das neue Gadget teilweise ungekannte Gefühle und Impulse in den Menschen hervor - Zuneigung, Vertrauen, Angst, Enttäuschung, Beschützerinstinkte, Zorn… Spannend findet die Rezensentin, mit welcher Beiläufigkeit die Autorin von diesen unerhörten Ereignissen erzählt, wie verboten direkt ihre Anspielungen sind, und wie schlicht die Grundidee. Und trotzdem ist man sofort von Schweblins Erzählungen gepackt, ein wenig erschrocken vielleicht, wie wenn man "nach dem Aufwachen erschrickt", über die eigene Gelassenheit angesichts des Unfassbaren im Traum, so die faszinierte Rezensentin.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.08.2020

Dieser Roman erzählt von Menschen, die in kuriosen Abhängigkeitsverhältnissen zu Plüschtieren stehen, die von einem anderen Menschen aus der Ferne gesteuert werden, weiß Rezensentin Julia Lorenz. Sie begreift dieses Gedankenexperiment als Schweblins Methode auszuloten, welche Sehnsüchte aktuell flottieren, welche davon Technik wirklich befriedigen kann und wo die individuelle Verantwortung beim Umgang mit Technik beginnt - verstörend, gerade weil keine plakativen Grundsätze propagiert werden, schließt die faszinierte Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.08.2020

Victor Sattler liest Samanta Schweblins Zukunftsvision, in der Menschen in Tiere schlüpfen, um sich als "Plüschtier-Roboter" zu verdingen, mit Vergnügen. Das Buch exerziert laut Sattler "Lektionen über Technologie und Bindung" durch und nutzt das Phänomen, dass Menschen Technik bereitwillig in ihr Leben lassen. Wie sich so moralfreie Räume bilden, zeigt Schwebelin laut Rezensent auf realistische Weise, weniger als Sci-Fi, sondern eher als Verwirklichung archaischer Tendenzen in Magie und Sadismus.
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